ECHO Top500 Tirol 2016
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Top 500 | immobilien<br />
Sympathische<br />
Alternativen zum<br />
Leerstand<br />
Stefan Esterhammer,<br />
Raiffeisen Bezirksbank Kufstein<br />
<strong>ECHO</strong>: Die wichtigste Frage zuerst: Gibt es<br />
im <strong>Tirol</strong>er Unterland Gebiete, wo die Preise<br />
im Gegensatz zur omnipräsenten Verteuerung<br />
fallen und Immobilien günstiger werden?<br />
Stefan Esterhammer: Eigentlich nicht –<br />
selbst Wohnimmobilienpreise außerhalb<br />
der begehrten Ballungszentren bleiben stabil.<br />
Wer lange genug auf Käufer wartet, kann<br />
seine Objekte auch um einen guten Preis<br />
verkaufen.<br />
<strong>ECHO</strong>: Wie gut darf ein guter Preis überhaupt<br />
sein?<br />
Esterhammer: Ein guter Preis sollte immer<br />
dem realistischen Wert der Immobilie entsprechen.<br />
Wenn Private verkaufen, kommt<br />
oft auch ein ideeller Wert hinzu, schließlich<br />
verabschieden sie sich von einem Stück Vergangenheit.<br />
Darum ist eine objektive Bewertung<br />
durch den Makler notwendig: Ein zu<br />
hoher Verkaufspreis schreckt Interessenten<br />
ab und macht ein Objekt schwer vermittelbar.<br />
<strong>ECHO</strong>: Gibt es noch andere Verteuerungsfaktoren?<br />
Esterhammer: Die geografische Nähe zu<br />
hochpreisigen Regionen wie z. B. Kitzbühel<br />
oder München ist zusehends entscheidend.<br />
Aber auch die medial zugespitzten Eindrücke,<br />
dass sich die Preislage dramatisch nach<br />
oben schaukelt, blasen Immobilienpreise<br />
oftmals zu sehr auf. Unsere Aufgabe als<br />
Makler besteht immer mehr in der Vermittlung<br />
zwischen diesen auseinanderklaffenden<br />
Vorstellungen. Verkäufern ist oftmals von zu<br />
hohen Preisforderungen abzuraten.<br />
<strong>ECHO</strong>: In welchen Bereichen ist die Nachfrage<br />
besonders groß?<br />
Esterhammer: Die Nachfrage ist in zwei<br />
gegensätzlichen Bereichen sehr hoch: Zum<br />
einen sind leistbare und wohnbaugeförderte<br />
Familienwohnungen sehr gefragt, zum anderen<br />
kleine Singlewohnungen, was Mieter<br />
und Anleger gleichermaßen betrifft. Dieser<br />
Bedarf ist im städtischen und ländlichen<br />
Raum ähnlich hoch. Immobilieninteressenten<br />
bevorzugen eher die Investition in Eigentum,<br />
als hohe Mieten für Wohnungen zu bezahlen.<br />
Zudem ist in Kufstein die Nachfrage<br />
nach WG-tauglichen Wohnungen besonders:<br />
Studenten suchen nach gut eingeteilten<br />
Immobilien mit mehreren Schlafzimmern.<br />
Solche Objekte sind auch für Anleger attraktiv,<br />
da die Mieteinnahmen bei WGs meist<br />
höher sind.<br />
<strong>ECHO</strong>: Wie entwickelt sich die Lage bei<br />
den Gewerbeimmobilien?<br />
Esterhammer: Da ist das Angebot recht<br />
groß, im Moment ist viel Gewerbefläche<br />
frei. Hierfür wäre eine Flexibilisierung wünschenswert,<br />
die beispielsweise Initiativen<br />
zu einer temporären Zwischennutzung<br />
ermöglichen: So könnten in großflächigen<br />
Objekten etwa Flohmärkte und Veranstaltungen<br />
stattfinden, oder zwischenzeitlich<br />
Pop-up-Stores und -Restaurants eröffnet<br />
werden – allesamt begrüßenswertere und<br />
sympathische Alternativen zum Leerstand.<br />
Den Unternehmen geht es heute in hohem<br />
Maße um die Effizienz der Geschäftsprozesse.<br />
Dabei spielt auch die Immobilie eine<br />
nicht unwesentliche Rolle. Die Zurverfügungstellung<br />
der „dummen“ Hardware genügt<br />
nicht mehr, Geschäftsflächen müssen<br />
immer stärker auf die Anforderungen der<br />
Firmen, die sich stark voneinander unterscheiden,<br />
abgestimmt sein. In Gewerbeparks<br />
wie dem TWI gilt eine Auslastung um die 90<br />
Prozent als wünschenswerte Größe. „Wir haben<br />
200 Büros und eine Auslastung, die bei<br />
95 Prozent liegt. Das ist sehr gut“, zeigt<br />
Gstrein sich mit dem Geschäftsgang durchaus<br />
zufrieden.<br />
Ein Trend, der bei den Gewerbeimmobilien,<br />
wie sie Andreas Gstrein anbietet, voll eingeschlagen<br />
hat, ist die Lichtplanung. Damit<br />
lassen sich die in den Büros herrschenden<br />
Lichtverhältnisse auf die individuellen Bedürfnisse<br />
der Mitarbeiter abstimmen. Mittels<br />
fortschrittlicher Lichtsteuerung lässt sich etwa<br />
das Spektrum der Morgen- und Abendsonne<br />
simulieren, was den Wohlfühl-Faktor<br />
am Arbeitsplatz steigert. Mit dem Lichtbereich<br />
hat sich Gstrein umfassend beschäftigt,<br />
weil sich seine Kunden dafür interessiert haben.<br />
Lichtplanung ist aber nicht nur für das<br />
Wohlbefinden am Arbeitsplatz vorteilhaft,<br />
sondern auch für den Geldbeutel, da der<br />
Energieverbrauch mit jeder Leuchtmittelgeneration<br />
abnimmt.<br />
Gewerbeimmobilien verfügen in der Regel<br />
über Dachflächen, die sich prinzipiell für<br />
Photovoltaik-Anlagen eignen. Die Dachflächen<br />
im TWI allein sind 40.000 Quadratmeter<br />
groß. Für den IVG-Geschäftsführer ist<br />
in Ermangelung an nachhaltigen Lösungen<br />
Photovoltaik derzeit noch kein Thema.<br />
Die Nachfrage nach Büroflächen in Innsbruck<br />
sieht Gstrein ungebrochen: „Innsbruck<br />
ist ein attraktiver Platz zum Leben und<br />
Arbeiten. Das wird sich auch in absehbarer<br />
Zeit nicht ändern. Da müsste schon sehr viel<br />
falsch gemacht werden.“<br />
Es ist das Wohnen, das in <strong>Tirol</strong>, vor allem<br />
in den Ballungsräumen, leistbarer gemacht<br />
werden muss. Die Schaffung von Eigentum<br />
wird für den Durchschnittsverdiener immer<br />
mehr zur Utopie. Deshalb kommt es trotz<br />
des attraktiven Lebensraums vor, dass es<br />
nicht lebt, das Leben. Marian Kröll<br />
168 <strong>ECHO</strong> TOP 500 UNTERNEHMEN <strong>2016</strong>