ECHO Top500 Tirol 2016
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top 500 | INTERVIEW<br />
Qualifikation als Schlüssel<br />
zum Arbeitsmarkt<br />
Interview. AMS-<strong>Tirol</strong>-Chef Anton Kern über die Situation am <strong>Tirol</strong>er Arbeitsmarkt,<br />
die steigenden Qualifikationserfordernisse, die Rolle von Motivation und die Ängste<br />
vor dem erneuten Lernen.<br />
<strong>ECHO</strong>: Arbeitslandesrat Johannes Tratter<br />
hat die Situation am <strong>Tirol</strong>er Arbeitsmarkt mit<br />
einem „Lottosechser“ verglichen. Würden Sie<br />
das auch so sehen wollen?<br />
Anton Kern: <strong>Tirol</strong> hat tatsächlich im österreichweiten<br />
Vergleich eine bessere Arbeitsmarktlage.<br />
Das hat auch damit zu tun, dass<br />
die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen<br />
in <strong>Tirol</strong> bessere sind. Dazu hat sicher auch<br />
das Impulspaket der <strong>Tirol</strong>er Landesregierung<br />
einen Beitrag geleistet, vor allem was<br />
den Bau- und Baunebenbereich betrifft. Die<br />
Wirtschaftsstruktur in <strong>Tirol</strong> ist so, dass wir<br />
sehr gute Industriebetriebe haben, die Personal<br />
aufstocken. Der Tourismus läuft auch<br />
sehr gut und profitiert auch von der prekären<br />
internationalen Sicherheitslage. All diese Faktoren<br />
tragen dazu bei, dass <strong>Tirol</strong> eine bessere<br />
Situation hat als der Rest des Landes.<br />
<strong>ECHO</strong>: Wie manifestiert sich das konkret<br />
am Arbeitsmarkt?<br />
Kern: Wir verzeichnen den österreichweit<br />
stärksten Rückgang der Arbeitslosigkeit und<br />
einen deutlichen Anstieg der Arbeitskräftenachfrage.<br />
Wir hatten allein im Zeitraum<br />
bis Oktober um über 4.000 Stellen mehr zu<br />
besetzen als im Vorjahresvergleichszeitraum.<br />
Wir sehen auch eine stärkere Nachfrage<br />
nach Fachkräften. Auch im angelernten Bereich<br />
sucht man verstärkt nach Personen, die<br />
schon irgendeine Berufsausbildung absolviert<br />
haben. Heuer verzeichnen wir generell einen<br />
geringeren Zugang in die Arbeitslosigkeit und<br />
speziell bei Personen, die einen Lehrabschluss<br />
haben.<br />
<strong>ECHO</strong>: Von vielen Seiten wird ein Fachkräftemangel<br />
ins Feld geführt und diskutiert. Gibt<br />
es einen solchen und falls ja, woran liegt das?<br />
Kern: Eines ist klar: Die Berufsbilder verändern<br />
sich und die Anforderungen, die an Fachkräfte<br />
gestellt werden, steigen ständig. Und<br />
das nicht nur in den technischen Bereichen,<br />
sondern auch im Handel oder der Lagerlogistik.<br />
Ohne EDV-Kenntnisse geht es dort<br />
auch nicht mehr. Von den arbeitslos vorgemerkten<br />
Personen haben 42 Prozent maximal<br />
eine Pflichtschulausbildung. Einen verstärkten<br />
Fachkräftebedarf sehen wir vor allem bei den<br />
technischen Berufen, aber auch im Tourismus.<br />
Der Tourismus ist jene Branche, die über die<br />
vergangenen vier Jahre das stärkste Beschäftigungswachstum<br />
verzeichnet hat. Am Bau sind<br />
verstärkt Personen gefragt, die eine HTL absolviert<br />
haben und Projekte abwickeln können.<br />
Was wir in Zukunft noch vermehrt erleben<br />
werden, ist ein Mangel an Lehrpersonen, vor<br />
allem in bestimmten Fächern.<br />
<strong>ECHO</strong>: Wir haben es einerseits also mit steigenden<br />
Qualifikationserfordernissen vonseiten<br />
der Wirtschaft zu tun und andererseits mit<br />
einem Arbeitskräftepotenzial, das diese Erfordernisse<br />
nicht erfüllen kann.<br />
Kern: Die Schere zwischen jenen, die verfügbar<br />
sind, und jenen, die nachgefragt werden,<br />
geht merklich auseinander. Personen, die eine<br />
berufliche Fachausbildung mitbringen, sind<br />
gefragt.<br />
<strong>ECHO</strong>: Es gibt verschiedene Initiativen zur<br />
Nachqualifizierung von Arbeitskräften. Wie<br />
entwickeln sich diese?<br />
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<strong>ECHO</strong> TOP 500 UNTERNEHMEN <strong>2016</strong>