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ECHO Top500 Tirol 2016

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<strong>ECHO</strong>: Worin sehen Sie konkret die Versäumnisse<br />

der Tourismusbranche?<br />

Poot: Reiseveranstalterseitig sind Deutschland<br />

und Österreich durch TUI und Thomas<br />

Cook sehr stark aneinandergekoppelt. Dort<br />

gibt es eine absolute Nibelungentreue gegenüber<br />

dem stationären Handel. Man hat zwar<br />

in den letzten Jahren eigene Webseiten gebaut,<br />

die Eigenvermarktung aber nicht forciert.<br />

<strong>ECHO</strong>: Was unterscheidet Ihr Unternehmen<br />

von den erwähnten Playern, bei denen<br />

Sie Nibelungentreue feststellen?<br />

Poot: Wir sind seit 31 Jahren am Markt und<br />

primär im B2B-Geschäft (Business-to-Business,<br />

Anm.) tätig. Seit zwei Jahren haben wir auch<br />

die eigenständige Vermarktung von Produkten<br />

im B2C-Bereich (Business-to-Customer,<br />

Anm.) auf dem Schirm. Wir wollen aber nicht<br />

irgendwo als Reiseveranstalter in diesem Haifischbecken<br />

mitschwimmen, sondern haben<br />

für uns den Weg der digitalen Plattformen<br />

eingeschlagen. Im B2B-Bereich findet die<br />

Vermarktung über die Reiseveranstalter statt,<br />

da sind wir nur Entwickler von Reiseprodukten.<br />

Durch die Digitalisierung tun sich<br />

neue Möglichkeiten auf. Vor drei Jahren haben<br />

wir begonnen, unsere Technik umzustellen.<br />

Heute sind wir auf einer hochmodernen<br />

Web-Technologie unterwegs, die wir im Haus<br />

entwickelt haben. Diese Technik ermöglicht<br />

es uns, die Möglichkeiten der Digitalisierung<br />

zu ergreifen und uns als Reiseveranstalter darzustellen.<br />

<strong>ECHO</strong>: In welcher Art haben sich die Vertriebskanäle<br />

im Tourismus in den letzten Jahrzehnten<br />

verändert?<br />

Poot: Früher hat man klassische Autoreiseziele<br />

wie <strong>Tirol</strong> direkt bei den Hotels oder über<br />

einen klassischen Reiseveranstalter gebucht. In<br />

den 90er Jahren ist der sogenannte Direktvertrieb<br />

entstanden. Zum ersten Mal wurde der<br />

Kunde über Direct Mailings abgeholt. Ende<br />

der 90er Jahre wurde es attraktiv, Reiseangebote<br />

über Supermärkte zu vertreiben. Selbiges<br />

hat man in Drogerieketten und Baumärkten<br />

versucht. Letztlich hat sich der Supermarktvertrieb<br />

als bestmöglicher herauskristallisiert,<br />

weil die Reiseentscheidungen in der Realität<br />

zu 80 Prozent von Frauen getroffen werden.<br />

Die ersten Webanbieter wie Groupon sind vor<br />

rund zehn Jahren auf den Plan getreten.<br />

<strong>ECHO</strong>: Wie sehen Sie die starke Entwicklung<br />

von Buchungsplattformen wie beispielsweise<br />

booking.com & Co?<br />

Poot: Da muss man unterscheiden zwischen<br />

Metasearchern wie trivago und reinen Plattformen<br />

wie booking.com. Letztere ist gerade<br />

für die kleine Hotellerie ein sehr gutes Medium,<br />

um sich dort zu vermarkten, weil die<br />

„Im Digitalisierungsprozess<br />

kann die Infrastruktur stehen,<br />

wo sie will. Letztlich<br />

kommt es auf die Manpower<br />

an.“<br />

Reichweite der Plattform extrem hoch ist.<br />

Man würde es nie schaffen, über die eigene<br />

Homepage eine derartige Kundenfrequenz<br />

zu erreichen, es sei denn, man nimmt extrem<br />

viel Geld in die Hand. Man hat mittlerweile<br />

gemerkt, dass der Reisemarkt stark von booking.com<br />

dominiert wird und viele aus dieser<br />

Abhängigkeit herausgehen wollen. Deshalb<br />

bieten wir unseren Kunden, den Vermietern,<br />

eine Vielzahl an anderen Seiten und damit<br />

eine größere Unabhängigkeit. Als Incomer<br />

haben wir den Hotels immer eine breitere<br />

Palette an Vertriebsformen anbieten können.<br />

Dadurch schaffen wir eine größere Spezialisierung.<br />

Wenn wir heute ein Haus haben,<br />

das sagt, wir sind ein Familienprodukt, dann<br />

ist das bei booking.com schwer darstellbar,<br />

weil nur nach Hotelklassifizierung sortiert<br />

wird und nicht beispielsweise nach Familienfreundlichkeit.<br />

Wir können diese Produkte<br />

auf Plattformen implementieren, wo sich<br />

speziell Familien über Reiseangebote informieren.<br />

<strong>ECHO</strong>: Kommen die Trends im Reisesektor<br />

aus Übersee?<br />

Poot: Die Digitalisierung wird sehr stark<br />

von den USA und dem asiatischen Raum geprägt.<br />

In Europa hinken wir immer ein wenig<br />

hinterher. Nummer 1 sind in Europa unangefochten<br />

die Niederlande. Wirtschaftsriese<br />

Deutschland liegt beim Digitalisierungsprozess<br />

dagegen gerade einmal im Mittelfeld.<br />

<strong>ECHO</strong>: Digitalisierung braucht auch Infrastruktur.<br />

Wie würden Sie den Standort<br />

Ellmau, Haupsitz von Travel Partner, diesbezüglich<br />

beurteilen?<br />

Poot: Im Digitalisierungsprozess kann die<br />

Infrastruktur stehen, wo sie will. Letztlich<br />

kommt es auf die Manpower an. Hier in Elmau<br />

sind wir da nicht ideal aufgehoben, weil<br />

das Einzugsgebiet von Fachleuten kein sehr<br />

großes ist. Wenn wir die benötigten Fachkräfte<br />

in <strong>Tirol</strong> nicht finden, müssen wir eben dorthin<br />

gehen, wo sie verfügbar sind. Deshalb haben<br />

wir mit November dieses Jahres ein Büro<br />

in Berlin eröffnet. Berlin hat sich in den letzten<br />

Jahren als der Ort in Europa herauskristallisiert,<br />

wo es jede Menge Start-ups gibt und<br />

ein dementsprechendes Fachkräfteangebot.<br />

Außerdem sind viele unserer potenziellen<br />

Kooperationspartner in Berlin beheimatet.<br />

<strong>ECHO</strong> TOP 500 UNTERNEHMEN <strong>2016</strong><br />

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