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ECHO Top500 Tirol 2016

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top 500 | INTERVIEW<br />

Kern: Mit unseren arbeitsmarktpolitischen<br />

Programmen versuchen wir natürlich bestmöglich,<br />

Personen zu qualifizieren, welche<br />

die Motivation und Voraussetzungen für eine<br />

berufliche Zweitausbildung mitbringen. Das<br />

ist unser Schwerpunkt.<br />

<strong>ECHO</strong>: Ist bei diesen Maßnahmen über die<br />

vergangenen Jahre betrachtet eine quantitative<br />

Zunahme bemerkbar?<br />

Kern: Wir könnten von unseren finanziellen<br />

Möglichkeiten und den Plätzen her<br />

noch wesentlich mehr Personen aus- und<br />

weiterbilden.<br />

<strong>ECHO</strong>: Da drängt sich fast ein wenig die<br />

Frage nach dem Grad des Motiviertseins der<br />

Arbeitsuchenden auf ?<br />

Kern: Motivation ist sicher ein wichtiger<br />

Punkt. Für Personen, bei denen Aus- und<br />

Weiterbildung lange keine oder nur eine untergeordnete<br />

Rolle gespielt haben, ist es eine<br />

Hürde, eine Ausbildung anzufangen. Diese<br />

Personen müssen wieder lernen lernen, sich<br />

organisieren können und sich das nicht zuletzt<br />

auch leisten können.<br />

<strong>ECHO</strong>: Es gibt also gewisse Ängste, die von<br />

einer stärkeren Inanspruchnahme von Weiterbildungsangeboten<br />

abhalten?<br />

Kern: Es gibt Ängste, noch einmal zu lernen.<br />

Wenn jemand sagen wir über zehn Jahre als<br />

„Man muss sich eine Ausbildung,<br />

die ein Jahr lang<br />

dauert, in <strong>Tirol</strong> auch leisten<br />

können.“<br />

angelernte Kraft tätig war und dann vor der<br />

Frage steht, noch einmal eine Berufsausbildung<br />

zu machen, dann ist das nicht ganz<br />

ohne. Außerdem muss man sich eine Ausbildung,<br />

die ein Jahr dauert, in <strong>Tirol</strong> auch<br />

leisten können. Ohne Werbung für das Land<br />

machen zu wollen, halte ich die Fachabschlussbeihilfe<br />

diesbezüglich für ein gutes Instrument,<br />

das sukzessive stärker in Anspruch<br />

genommen wird.<br />

<strong>ECHO</strong>: Wer trägt die Ausbildungskosten?<br />

Kern: Wenn jemand über das AMS eine<br />

Ausbildung macht, erhält er den Arbeitslosenbezug<br />

weiter. Die Ausbildung kostet die<br />

Person nichts, die wird vom AMS bezahlt.<br />

Das durchschnittliche Arbeitslosengeld<br />

liegt bei 830 Euro, da muss man sich eine<br />

Ausbildung über ein Jahr leisten können.<br />

Um noch mehr Menschen für die Aus- und<br />

Weiterbildung zu gewinnen, würde ich mir<br />

noch mehr Unterstützung wünschen, etwa<br />

in Form eines Qualifikationsbonus, wie es<br />

ihn früher gegeben hat. Positiv anzumerken<br />

ist, dass 2017 das Fachkräftestipendium<br />

wiederkommt. Dieses Stipendium wird aller<br />

Voraussicht nach noch breitere Zugangsmöglichkeiten<br />

bieten.<br />

<strong>ECHO</strong>: Wie beurteilen Sie die Situation der<br />

Lehre?<br />

Kern: Grundsätzlich haben wir am Lehrstellenmarkt<br />

eine sehr gute Situation. Es gibt<br />

deutlich mehr Lehrstellen als Lehrstellensuchende.<br />

Analog zum normalen Arbeitsmarkt<br />

sind auch in der Lehre die Anforderungen<br />

stark gestiegen. Den Hauptgrund für den<br />

Lehrstellenüberhang sehe ich in der demografischen<br />

Entwicklung. Jugendliche, die sich<br />

in der Schule schwer tun, haben es durch die<br />

gestiegenen Voraussetzungen heutzutage<br />

schwerer, eine Lehrstelle zu finden. Da setzt<br />

das Programm zur überbetrieblichen Lehrlingsausbildung<br />

an. Dieses von AMS und<br />

Land <strong>Tirol</strong> finanzierte Programm hilft mit,<br />

Jugendlichen, die nicht sofort eine Lehrstelle<br />

finden, eine intensive Berufsorientierung zu<br />

geben. Das umfasst auch eine Betreuung, die<br />

sich um schulische Defizite kümmert. 70 Prozent<br />

der Lehrlinge aus der überbetrieblichen<br />

Lehre finden eine reguläre Stelle in einem<br />

Betrieb.<br />

<strong>ECHO</strong>: Der Tourismus tut sich schwer,<br />

einheimische Arbeitnehmer zu finden. Woran<br />

liegt das?<br />

Kern: Der Tourismus hat strukturell sicher<br />

den Nachteil der Wochenendarbeit und einer<br />

oft unflexiblen Arbeitszeit. Die Vereinbarkeit<br />

mit der Familie ist auch nicht immer gegeben.<br />

Es ist aber nicht so, dass die Zahl der Einheimischen<br />

im Tourismus rückläufig wäre. Der<br />

Tourismus ist schließlich stark gewachsen. Da<br />

kommen einige Faktoren zusammen.<br />

<strong>ECHO</strong>: Sie haben die Vereinbarkeit von<br />

Beruf und Familie angesprochen. Die hängt<br />

wesentlich mit dem Angebot an Kinderbetreuungseinreichtungen<br />

zusammen. Wie<br />

sehen Sie das Land dahingehend aufgestellt?<br />

Kern: Im Bereich der Kinderbetreuung ist<br />

in <strong>Tirol</strong> viel passiert. Das Angebot ist ausgebaut<br />

worden. Das Betreuungsangebot in den<br />

Schulen wächst auch. Das sehe ich positiv.<br />

Grundsätzlich sind die Strukturen in den Ballungsräumen<br />

gut, vor allem in den ländlichen<br />

Regionen gibt es aber noch Aufholbedarf.<br />

Man muss aber dazusagen, dass man auch<br />

bei den Kinderbetreuungseinrichtungen an<br />

Grenzen stößt, wenn am Wochenende gearbeitet<br />

werden muss.<br />

<br />

Interview: Marian Kröll<br />

Foto: Kröll<br />

20<br />

<strong>ECHO</strong> TOP 500 UNTERNEHMEN <strong>2016</strong>

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