ECHO Top500 Tirol 2016
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am Lehrbauhof weiter auszubauen, da hier in<br />
speziell konstruierten Situationen geübt und<br />
gearbeitet werden kann.<br />
<strong>ECHO</strong>: Viele FacharbeiterInnen verdienen<br />
besser, haben attraktivere Jobs als junge AkademikerInnen.<br />
Warum gelingt es der Wirtschaft<br />
nicht, diese Fakten zu kommunizieren?<br />
Alfred Fankhauser: Das liegt zum einen<br />
sicherlich an der Tatsache, dass der Facharbeiter<br />
oft mit 15 Jahren als Lehrling startet.<br />
Ein Akademiker steigt aber erst mit ca. 26<br />
Jahren ein und dann eventuell als „unerfahrener<br />
Neuling“. Der Facharbeiter hat nicht<br />
nur schon zehn Jahre Geld verdient, sondern<br />
hat in diesen zehn Jahren bereits an seiner<br />
Karriere und somit seiner Verdienst- und<br />
Aufstiegsmöglichkeit gearbeitet und ist somit<br />
längst ein sehr wertvoller Arbeitnehmer. Am<br />
Image der Facharbeiter und der Lehrberufe<br />
müsste eindeutig gearbeitet werden. Eventuell<br />
auch durch Kampagnen im Leitmedium<br />
Fernsehen.<br />
<strong>ECHO</strong>: Viele Unternehmen, mit denen wir<br />
sprechen, monieren, dass das Risiko, einen Lehrling<br />
zu nehmen, aufgrund der arbeitsrechtlichen<br />
Bestimmungen zu groß sei und verzichten dann<br />
lieber darauf. Wie sehen Sie das?<br />
Sepp Mietschnig : Dass arbeitsrechtliche<br />
Bestimmungen nicht zu weit einschränken<br />
dürfen, ist klar, aber es geht ja auch um das<br />
Wohl der Jugendlichen. Wir sehen dieses „Luxusproblem“<br />
nicht, eher im Gegenteil – wir<br />
würden gerne mehr Lehrlinge nehmen. Um<br />
möglichst geeignete Kandidaten zu finden,<br />
haben wir einen neuen Einstellungsprozess<br />
erarbeitet, in dem wir die Bewerber über einen<br />
Eignungstest und eine Schnupperzeit genauer<br />
beobachten können. Wir würden es begrüßen,<br />
wenn die gesetzliche Probezeit auf ein halbes<br />
Jahr verlängert werden könnte. Denn leider<br />
stellt sich manchmal heraus, dass manche in<br />
Praxisnahe Ausbildung: Alle Lehrlinge, die eine Auszeichnung für besondere schulische Leistungen<br />
erhalten haben, auf einem gemeinsamen Ausflug nach Bayern und Salzburg.<br />
keinster Weise für den Beruf am Bau geeignet<br />
sind und dann kommen die Probleme.<br />
<strong>ECHO</strong>: Warum sollte ein junger Mensch<br />
heute eine Lehre am Bau machen? Welche<br />
Entwicklungs- und Karrieremöglichkeiten<br />
gibt es?<br />
Hans Feller: Die Lehre am Bau ist abwechslungsreich,<br />
attraktiv, überdurchschnittlich gut<br />
bezahlt und bietet gute Aussichten für die<br />
Zukunft. Kreatives, teilweise selbstständiges<br />
Arbeiten, aber immer unter der Anleitung von<br />
erfahrenen Polieren, bietet viele Möglichkeiten<br />
des Aufstiegs. Die Karrieremöglichkeiten gehen<br />
vom Lehrling zum Facharbeiter, weiter<br />
zum Vorarbeiter, Polier, Bautechniker, Bauleiter<br />
bis hin zum Baumeister – das alles ist in der<br />
Bodner Gruppe auch ohne einen Abschluss<br />
„Wir versuchen durch unsere Kampagne, jungen Menschen<br />
zu vermitteln, dass der Lehrberuf sehr wohl cool ist, und<br />
beobachten, dass auch andere Handwerksbetriebe diesen<br />
Weg gehen.“<br />
Alfred Fankhauser,<br />
<br />
Leiter Personalwesen<br />
an einer HTL oder einen akademischen Titel<br />
keine Seltenheit.<br />
<strong>ECHO</strong>: Viele Unternehmer berichten uns,<br />
dass es immer schwieriger wird, gut ausgebildete<br />
MitarbeiterInnen zu finden? Wie ist das<br />
in Ihrem Unternehmen?<br />
Alfred Fankhauser: In der kaufmännischen<br />
und technischen Verwaltung ist es durch das<br />
österreichische Bildungssystem der Handelsakademien<br />
und Höheren Technischen Schulen<br />
möglich, gut ausgebildetes Personal zu finden.<br />
Erstrebenswert wäre natürlich, dass auch hier<br />
während der Schulzeiten mehr Fachpraktika<br />
gemacht werden müssten. Im gewerblichen<br />
Bereich ist es wesentlich schwieriger. Die<br />
wertvollsten und besten Mitarbeiter sind jene,<br />
die im Unternehmen den Beruf von der Pieke<br />
auf gelernt haben und mit jedem Bauvorhaben<br />
weiter Erfahrungen sammeln. Teilweise<br />
füllen wir bereits die eine oder andere Lücke<br />
an Facharbeitern durch Leasingmitarbeiter,<br />
die aus sämtlichen europäischen Ländern<br />
kommen können. Da wird meistens die harte<br />
Arbeit am Bau oder auch im Freien noch<br />
nicht als Last empfunden.<br />
<strong>ECHO</strong>: Die Generation Y hat andere Werte,<br />
Status und Prestige sind weniger wichtig als<br />
die Sinnsuche, Freiräume und Möglichkeiten<br />
zur Selbstverwirklichung. Sie will dem Beruf<br />
nicht mehr alles unterordnen. Stichwort: Freizeitgesellschaft.<br />
Wie erleben Sie das in Ihrem<br />
Unternehmen? Und wie verändert sich Ihre<br />
Personalplanung aufgrund dieser gesellschaftlichen<br />
Entwicklungen?<br />
Alfred Fankhauser: Ohne Fleiß kein Preis.<br />
Und wenn man ehrlich ist, schauen oft jene,<br />
die mit weniger Geld auskommen wollen,<br />
entweder neidisch auf jene, die mehr haben,<br />
oder aber kommen aus Systemen und Familien,<br />
die sich diesen Luxus der Selbstverwirklichung<br />
leisten können. Unsere Gesellschaft<br />
sollte darauf ausgerichtet sein, dass sich jeder,<br />
der fleißig ist, auch ein gutes, ausgewogenes<br />
Leben selber leisten kann. Natürlich sollte<br />
kein Mitarbeiter verheizt werden, aber jene,<br />
die sich bemühen und für ein Unternehmen<br />
engagieren, werden letztendlich belohnt,<br />
müssen aber auch die Last derer tragen, die<br />
das System ausnutzen. Die Generation „Input<br />
minimieren – Output maximieren“ wird<br />
es nicht leicht haben. Jene, die sich aber für<br />
eine Sache stark machen und sich anstrengen,<br />
sollten dafür aber umso mehr belohnt<br />
werden.<br />
<strong>ECHO</strong> TOP 500 UNTERNEHMEN <strong>2016</strong><br />
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