ECHO Top500 Tirol 2016
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top 500 | INTERVIEW<br />
Damit der letzte Wille gilt<br />
Neues Erbrecht. Rechtsanwalt Christian Pesl über Veränderungen im neuen Erbrecht<br />
und die Notwendigkeit professioneller Beratung.<br />
<strong>ECHO</strong>: Mit Jahresbeginn 2017 tritt das<br />
neue Erbrecht in Kraft. Warum hat der Gesetzgeber<br />
das Erbrecht erneuert?<br />
Christian Pesl: Das Erbrecht basiert auf<br />
den Bestimmungen des ABGB aus dem Jahr<br />
1811, dem Grunde nach ist das geltende<br />
Erbrecht also über 200 Jahre alt. Ziel der Erbrechtsreform,<br />
die hoch an der Zeit war, war<br />
eine Modernisierung und das Eingehen auf<br />
Umstände, die vor 200 Jahren nicht berücksichtigt<br />
wurden, wie zum Beispiel Lebensgemeinschaften.<br />
Der Lebensgefährte kommt z.<br />
B. im ABGB bis heute nicht vor.<br />
<strong>ECHO</strong>: Was sind nun die wichtigsten Änderungen?<br />
Pesl: Beginnen wir beim gesetzlichen Erbrecht.<br />
Hier ist eine wichtige Änderung, dass<br />
die Anzahl der Pflichtteilberechtigen gesunken<br />
ist. Früher waren auch Eltern und Großeltern<br />
eines Verstorbenen pflichtteilsberechtigt,<br />
jetzt sind es nur noch Kinder, Ehegatten bzw.<br />
eingetragene Partner. Wie bisher hat der Ehegatte<br />
bzw. eingetragene Partner Anspruch auf<br />
ein Drittel des Erbes.<br />
<strong>ECHO</strong>: Wie sieht es mit den Rechten eines<br />
Lebensgefährten aus?<br />
Pesl: Auch hier gibt es Änderungen. Unter<br />
bestimmten Bedingungen hat nunmehr ein<br />
Lebensgefährte ein außerordentliches Erbrecht.<br />
Dies gilt nur im Fall, dass weder Kinder<br />
noch Ehegatten bzw. eingetragene Partnerschaften<br />
vorhanden sind. Wenn dann noch<br />
die Lebensgemeinschaft in Dauer und Ausformung<br />
einem bestimmten Mindestanspruch<br />
genügt hat, kann der Lebensgefährte erbberechtigt<br />
sein, was bislang nicht möglich war.<br />
<strong>ECHO</strong>: Wie ist das im Falle eines Testaments?<br />
Pesl: Im Testament kann der Lebensgefährte,<br />
wie natürlich auch jeder andere, berücksichtigt<br />
werden.<br />
Rechtsanwalt Christian Pesl: „Die Erbrechtsreform<br />
bietet einige relvante Fortschritte.“<br />
<strong>ECHO</strong>: Gibt es noch weitere Änderungen<br />
beim gesetztlichen Erbrecht?<br />
Pesl: Ja, das sogenannte Pflegevermächtnis<br />
für pflegende Angehörige ist neu. Das<br />
ist ein Geldanspruch für pflegende Angehörige,<br />
die einen Verstorbenen mindestens<br />
sechs Monate, mindestens 20 Stunden pro<br />
Monat, intensiv und unentgeltlich gepflegt<br />
haben. Die Höhe des Anspruchs wird vom<br />
Gerichtskommissär, normalerweise einem<br />
Notar festgesetzt.<br />
<strong>ECHO</strong>: Wie ist die Sachlage beim Enterben<br />
von Pflichtteilsberechtigten?<br />
Pesl: Pflichtteilsberechtigte können nur unter<br />
bestimmten Bedingungen enterbt werden.<br />
Zum Beispiel, wenn der Erbberechtigte den<br />
Verstorbenen in einem Notstand im Stich gelassen<br />
hat oder wenn der Erbberechtigte eine<br />
Straftat mit einem Strafausmaß von über einem<br />
Jahr gegen den Erblasser oder nahen Verwandten<br />
begangen hat. Was früher unter dem Titel<br />
„beharrliche Führung einer gegen die öffentliche<br />
Sittlichkeit anstößige Lebensart“ zur Enterbung<br />
führen konnte, gilt im neuen Erbrecht<br />
nicht mehr als ausreichender Grund.<br />
<strong>ECHO</strong>: Was hat sich bei Testamenten geändert<br />
bzw. was sollte man bei einem Testament<br />
berücksichtigen?<br />
Pesl: Prinzipiell gibt es nach wie vor das<br />
eigenhändig geschriebene Testament, für<br />
das es keine Zeugen braucht. Daneben gibt<br />
es auch das fremdhändige bzw. computererstellte<br />
Testament, für das es einige Bedingungen<br />
zu erfüllen gilt. Zum einen muss der<br />
Erblasser ein solches Testament eigenhändig<br />
unterschreiben und einen Zusatz anfügen, auf<br />
dem er eigenhändig darauf hinweist, dass es<br />
sich um seinen letzten Willen handelt. Außerdem<br />
werden gleichzeitig drei Zeugen benötigt,<br />
die ebenfalls eigenhändig unterschreiben<br />
müssen und die weder pflichtteilsberechtigt<br />
noch im Testament begünstigt sein dürfen.<br />
Die Zeugen müssen auf ihre Eigenschaft als<br />
Testamentszeuge eigenhändig hinweisen.<br />
<strong>ECHO</strong>: Was würden Sie einem Erblasser<br />
hinsichtlich eines Testaments empfehlen?<br />
Pesl: Aus anwaltlicher Sicht empfehle ich<br />
bei jedem Testament, dieses beim Testamentsregister<br />
registrieren zu lassen. Das bedeutet,<br />
dass man über einen Rechtsanwalt<br />
beim Testamentsregister hinterlegt, dass es<br />
ein solches gibt und wo es aufbewahrt wird.<br />
Das garantiert, dass im Ablebensfall das Testament<br />
auffindbar wird oder auch nicht verschwinden<br />
kann.<br />
<strong>ECHO</strong>: Gibt es im Kontext mit Testamenten<br />
noch wichtige Neuerungen?<br />
Pesl: Derzeit wird ein Testament, das zugunsten<br />
des Ehepartners errichtet wurde, bei einer<br />
Scheidung nicht automatisch aufgehoben, es<br />
muss widerrufen werden, damit der Ex-Ehepartner<br />
nicht erbt. Durch die Erbrechtsreform<br />
wird die Vermutung eines stillschweigenden<br />
Widerrufs gesetzlich festgelegt. Zukünftig<br />
werden Testamente zugunsten früherer Ehepartner<br />
automatisch aufgehoben, wenn die<br />
Fotos: Friedle<br />
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<strong>ECHO</strong> TOP 500 UNTERNEHMEN <strong>2016</strong>