ECHO Top500 Tirol 2016
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TOP 500 | KLIMAWANDEL<br />
„Die vom Klimawandel<br />
verursachten Kosten werden<br />
nicht linear, sondern<br />
exponentiell steigen.“<br />
Christian Fegg,<br />
Schoellerbank<br />
JÄHRLICHE TEMPERATURVERÄNDERUNG<br />
und ein klarer gemeinsamer Trend. Postindustriell<br />
hat der Mensch nach Berechnungen<br />
des IPCC – im Deutschen auch Weltklimarat<br />
genannt – bislang rund 545 Milliarden Tonnen<br />
CO 2<br />
emittiert, wobei derzeit jedes Jahr 37<br />
Milliarden Tonnen dazukommen. Um das im<br />
Pariser Klimaabkommen vereinbarte Zwei-<br />
Grad-Ziel nicht zu überschreiten, dürften insgesamt<br />
weltweit nicht mehr als 700 Milliarden<br />
Tonnen CO 2<br />
ausgestoßen werden. Allein aus<br />
dieser Knappheit im globalen CO 2<br />
-Budget<br />
wird dringender Handlungsbedarf evident.<br />
„Die Regierungen haben das intellektuell zwar<br />
begriffen, aber es geht um Millionen Jobs in<br />
der Energiebranche“, sagt Christian Fegg mit<br />
einer Spur von Resignation. Schließlich handle<br />
es sich bei den fossilen Brennstoffen um den<br />
weltweit mächtigsten Wirtschaftszweig. Glaubt<br />
man den Schlussfolgerungen des 2006 publizierten<br />
Stern-Report, werden Hitzewellen wie<br />
jene von 2003 bis Mitte das Jahrhunderts zur<br />
Tagesordnung gehören.<br />
Enorme globale Kosten<br />
Die Folgen des Klimawandels sind – sofern die<br />
im Abkommen von Paris formulierten Ziele<br />
verfehlt werden – von ungeheurer Tragweite<br />
für den Planeten und logischerweise auch für<br />
das globale Wirtschafts- und Finanzsystem.<br />
Der Kampf gegen die Klimaerwärmung verursache<br />
bereits jetzt gewaltige Kosten und werde<br />
auf lange Sicht deflationär wirken, konstatiert<br />
Christian Fegg. Die Kosten ließen sich aber<br />
kaum beziffern, weil man sich nicht darauf einigen<br />
könne, welche Kosten direkt oder indirekt<br />
der Erderwärmung zuzurechnen seien. Es mag<br />
zwar nicht außer Streit stehen, ob und in welchem<br />
Ausmaß der Klimawandel auf anthropogene<br />
Ursachen zurückgeht, immense Kosten<br />
kommen jedenfalls auf die Welt zu. „Man kann<br />
sogar davon ausgehen, dass die Kosten schon<br />
explodiert sind und zukünftig nicht linear steigen<br />
werden, sondern exponentiell“, meint der<br />
Schoellerbank-Chefanalyst. Auf die Frage, wer<br />
diese Kosten hauptsächlich zu tragen hätte,<br />
nennt Fegg die Anleger. Man werde vermutlich<br />
langfristig eine tiefe Zinslandschaft behalten.<br />
Klimaskeptiker lügen nicht, arbeiten aber mit selektiven Informationen. Betrachtet man die Temperaturentwicklung<br />
zwischen 1998 und 2012 könnte man meinen, es gäbe keine Erwärmung. Ein Blick auf<br />
die langfristige Temperaturentwicklung zwischen 1880 und 2010 spricht eine andere Sprache.<br />
Diesbezüglich gibt es allerdings noch zahlreiche<br />
weitere Einflussfaktoren. Der Klimawandel werde<br />
aller Voraussicht nach wachstumshemmend<br />
und, wie bereites erwähnt, deflationär wirken.<br />
Die Erreichung der durchaus ambitionierten<br />
Klimaziele von Paris sieht Fegg angesichts der<br />
potenziell verheerenden Konsequenzen eines<br />
weiteren globalen Temperaturanstiegs über<br />
das Zwei-Grad-Ziel hinaus als alternativlos. Ein<br />
allgemeiner Wohlstandsverlust scheint ob der<br />
immensen Kosten wahrscheinlich. Eine globale<br />
Risikoanalyse über die kommenden zehn<br />
Jahre weist drei Faktoren unter den Top 5 aus,<br />
die direkt mit dem Klimawandel zusammenhängen,<br />
darunter Wasserkrisen und extreme<br />
Wetterereignisse. Wie gravierend die Folgen<br />
der Erderwärmung letztlich ausfallen werden,<br />
wird von der globalen Reaktion abhängen.<br />
Eine Schlüsselrolle im Kampf gegen den Klimawandel<br />
kommt neuen ebenso wie bereits<br />
erprobten Technologien zu. Will man mit dem<br />
verbliebenen CO 2<br />
-Budget auskommen, müssen<br />
Solar- und Windenergie wesentlich effizienter<br />
werden, neue Energie-Speichersysteme<br />
und Energiequellen wie nukleare Fusion oder<br />
Flüssigsalzreaktoren zur Marktreife entwickelt<br />
werden. Bei der Bekämpfung der Trockenheit<br />
kommt der Meerwasserentsalzung großes<br />
Gewicht zu. Um es mit einem Zitat des italienischen<br />
Schrifstellers Giuseppe Tomasi di Lampedusa<br />
zu sagen: „Wenn alles bleiben soll, wie es<br />
ist, muss sich alles ändern.“ Marian Kröll<br />
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