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ECHO Top500 Tirol 2016

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top 500 | INTERVIEW<br />

was glänzt. Schon so mancher dieser Startup-<br />

Sterne ist schnell wieder verglüht. Die Studie<br />

einer deutschen Managementberatung geht<br />

davon aus, dass in den nächsten fünf Jahren<br />

80 Prozent der Fintechs wieder vom Markt<br />

verschwunden sein werden. Man sollte außerdem<br />

nicht außer Acht lassen, dass die Schnittstelle<br />

zwischen einem Fintech, das mit einer<br />

technologischen Dienstleistung ein Marktbedürfnis<br />

befriedigt, und dem Kunden, in den<br />

meisten Fällen noch immer die Hausbank ist.<br />

Ich habe den Eindruck, dass Fintechs primär<br />

junge, technikaffine Kunden abholen können.<br />

<strong>ECHO</strong>: Wie ist es um die Beliebheit des<br />

Bargelds in Österreich bestellt?<br />

Schneider: Grundsätzlich sind Österreich<br />

und Deutschland sehr bargeldaffin. Von der<br />

Anzahl der Transaktionen her betrachtet,<br />

wird der größte Teil der täglichen Zahlungen,<br />

vor allem wenn es sich um relativ geringe Beträge<br />

handelt, noch immer mit Bargeld getätigt.<br />

Ein gewisser Lenkungseffekt hin zum bargeldlosen<br />

Bezahlen könnte entstehen, wenn<br />

„Die Gratis-Behebung am<br />

Bankomaten gehört in<br />

Österreich zu den heiligen<br />

Kühen.“<br />

Bargeld bepreist wird, also die Abhebung am<br />

Bankomaten etwas kostet.<br />

<strong>ECHO</strong>: Über die Bankomatgebühr ist in<br />

Österreich fast ein Glaubenskrieg entbrannt.<br />

Schneider: Die Gratisbehebung gehört in<br />

Österreich zu den heiligen Kühen. In anderen<br />

Ländern muss für dieses Service bezahlt<br />

werden. Der Betrieb eines Bankomaten kostet<br />

aber natürlich Geld. Letztlich ist das aber eine<br />

Frage der Preisgestaltung und des Wettbewerbes<br />

zwischen den Banken. Am Ende des<br />

Tages machen die Bankomatgebühren das<br />

Kraut aber nicht wirklich fett. Die OeNB hat<br />

dazu keine Empfehlung, uns geht es um Kostenwahrheit.<br />

<strong>ECHO</strong>: Die regulatorischen Anforderungen<br />

– und damit verbundenen Kosten – werden<br />

im Bankensystem mit Basel II, III und dessen<br />

Nachfolger kontinuierlich höher. Banken reagieren<br />

darauf unter anderem mit Personaleinsparungen.<br />

Ist eine Verschlankung der Personalstrukturen<br />

aus Ihrer Sicht unumgänglich?<br />

Schneider: Eine Bank ist ein klassischer<br />

Dienstleister. Im österreichischen Bankensektor<br />

entfällt mehr als die Hälfte der direkten<br />

betrieblichen Aufwendungen auf den<br />

Personalbereich. Ein weiterer Kostentreiber<br />

sind die IT- und Strukturkosten. Kunden erledigen<br />

immer weniger ihre Bankgeschäfte<br />

in einer Filiale, weil vor allem die Jungen die<br />

Möglichkeiten des Online-Banking nutzen.<br />

Gleichzeitig müssen Banken investieren, um<br />

die junge Kundschaft halten zu können. Dazu<br />

kommen Kosten für die Einlagensicherung,<br />

den Bankenabwicklungsfonds und<br />

die Bankenaufsicht. Gleichzeitig brechen<br />

die Erträge ein, weil am Markt kaum mehr<br />

Rendite erzielt werden kann. Das niedrige<br />

Zinsumfeld macht das Leben der Banken<br />

nicht leichter. Die Zinsspanne in Österreich<br />

liegt am unteren Ende in Europa. All diese<br />

Umstände tragen dazu bei, dass es bei den<br />

Banken jedenfalls zu weiteren Personaleinsparungen<br />

kommen wird. Das wird das Resultat<br />

von Anpassungen der Betriebsgröße<br />

sein, das heißt, man wird Filialen zusperren<br />

und es wird zu einer weiteren Standardisierung<br />

von Produkten kommen. Im Zuge<br />

dessen wird die Bedeutung von Bankenverbünden<br />

zunehmen. Leistungen werden<br />

innerhalb des Verbunds aufgeteilt oder externalisiert.<br />

Derzeit arbeiten im österreichischen<br />

Bankenwesen rund 75.000 Mitarbeiter.<br />

Ich fürchte in wenigen Jahren werden es<br />

deutlich weniger sein.<br />

<strong>ECHO</strong>: Glauben Sie, dass im Bildungssystem<br />

genügend Wert auf eine ökonomische<br />

Grundbildung gelegt wird?<br />

Schneider: Das glaube ich nicht. Ich sehe<br />

aber durchaus den Spagat, den das Bildungssystem<br />

leisten muss. Viele Anspruchsgruppen<br />

wollen ihre Inhalte vermittelt sehen.<br />

Mehr ökonomische Grundbildung ist aus<br />

meiner Sicht natürlich wünschenswert. Eine<br />

bessere Finanzbildung wäre für alle Seiten<br />

und auch aus volkswirtschaftlicher Sicht<br />

ein Gewinn. Viele Menschen haben wenig<br />

Vorstellung von den finanziellen Dingen,<br />

obwohl diese so viele Lebensbereiche berühren.<br />

Interview: Marian Kröll<br />

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<strong>ECHO</strong> TOP 500 UNTERNEHMEN <strong>2016</strong>

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