antriebstechnik 9/2017
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Das Potenzial der Tribo-Kunststoffe<br />
Durch die Entwicklung von Hochleistungskunststoffen eröffneten<br />
sich auch im Bereich der Gleitlager neue Möglichkeiten. Tribologisch<br />
optimierte Materialcompounds erlauben inzwischen die Herstellung<br />
von Polymergleitlagern, die gänzlich ohne Schmierung auskommen.<br />
Gleitelemente und Gegenlaufpartner aus Tribokunststoffen weisen<br />
optimale Verschleiß- und Reibwerteigenschaften auf. „Im Gegensatz<br />
zu Metalllagern, die korrosionsanfälllig sind und deshalb gerade im<br />
Außeneinsatz ständig geölt oder gefettet werden müssen, sind Kunststofflager<br />
universell verwendbar. Sie sind gegen Feuchtigkeit wie Hitze<br />
gleichermaßen widerstandsfähig“, so Michael Hornung, Internationaler<br />
Produktmanager Drylin Linear- und Antriebstechnik bei Igus.<br />
Anlagen, wie z. B. Verpackungsmaschinen, die mit Polymergleitlagern<br />
ausgestattet sind, profitieren von der hohen Lebensdauer und der<br />
Verschleißfestigkeit der Kunststoffe. Kostspielige Stillstandszeiten<br />
durch Wartung oder Ausfall der Maschinen entfallen.<br />
Kunststoff vs. Metall<br />
Exemplarisch kann der technische Vorteil der Polymergleitlager<br />
(auch Gleitbuchsen genannt) gegenüber den Kugellagern (Kugelbuchsen)<br />
im Bereich der Linear- und Antriebstechnik nachgewiesen<br />
werden. Durch die größere Kontaktfläche und geringere Flächenpressung<br />
können auch weichere Wellen- oder Achsenwerkstoffe<br />
(z. B. Aluminium oder Kohlefaser) eingesetzt werden, was unter<br />
anderem eine weitere Gewichtsreduktion ermöglicht.<br />
„Weil kein mechanisches Abrollen harter Reibungspartner und<br />
keine Kollision der Wälzkörper erfolgt, erzeugt das Gleiten weit<br />
weniger Geräusche oder Vibrationen. Auch das Aneinanderreihen<br />
von Führungsschienen, um größere Hublängen zu ermöglichen, ist<br />
mit Lineargleitlagern weitaus einfacher, weil die entstehenden Nuten<br />
von Gleitelementen weitaus besser überfahren werden können<br />
als von Kugeln“, so Hornung. Ein wesentlicher, materialbedingter<br />
Nachteil aller Wälzlager besteht in der Begrenzung der zulässigen<br />
Geschwindigkeiten und Beschleunigungen. Die Maximalwerte sind<br />
limitiert, gerade bei geringen Lasten. Polymere Gleitbuchsen warten<br />
hingegen mit hohen Gleitgeschwindigkeiten und Beschleunigungen<br />
auf und erhöhen in vielen Anwendungen die Taktzahlen deutlich.<br />
„Der wichtigste Trumpf besteht aber in der Lebensdauer. Lager aus<br />
Hochleistungspolymeren sind oftmals langlebiger als es ein herkömmliches<br />
Kugellager jemals sein kann. Darüber hinaus lässt diese<br />
sich durch Programme berechnen“, weiß Hornung. In den vergangenen<br />
Jahren gab es auch große Fortschritte in puncto Präzision und<br />
Reibwerten. In Einsatzgebieten, in denen bisher auf Alternativen gesetzt<br />
wurde, werden bereits heute Kunststoffgleitlager eingesetzt<br />
und ersetzen dort herkömmliche Kugelbuchsen.<br />
Lineargleitlager für sensible Anwendungen<br />
„Wartungs- und schmiermittelfreie Lineargleitlager wie aus dem<br />
Drylin-Programm von Igus finden aufgrund ihres Leistungsspektrums<br />
bereits jetzt Anwendung in zahlreichen Branchen“, erklärt<br />
Kochmann. In Produktionsprozessen, die Anforderungen an Robust-<br />
02<br />
Die Linearlagertechnik<br />
hat bedeutende<br />
Fortschritte gemacht<br />
Michael Hornung, Internationaler<br />
Produktmanager Drylin Linear- und<br />
Antriebstechnik, Igus GmbH<br />
Kugelbuchsen waren lange Zeit das Nonplusultra für<br />
lineare Antriebe. Doch reibungsarme Hochleistungskunststoffe<br />
haben einen neuen Standard in puncto Schmiermittel-<br />
und Wartungsfreiheit gesetzt. Gleitbuchsen sind<br />
anwendungsfreundlicher, betriebssicherer im Lauf und<br />
damit letztlich auch kostengünstiger. In der Auseinandersetzung<br />
„Gleiten vs. Rollen“ sind daher heute moderne<br />
Polymergleitlager die klaren Punktsieger.<br />
Lineargleitlager arbeiten,<br />
im Unterschied zu den<br />
bekannten Kugelumlaufsystemen,<br />
auf Gleitelementen<br />
Stefan Niermann, Leiter Drylin<br />
Linear- und Antriebstechnik,<br />
Igus GmbH<br />
Dadurch entsteht eine größere Kontaktfläche, die eine<br />
geringere Flächenpressung zur Folge hat. Die dadurch<br />
entstehenden Vorteile sind: Der Einsatz nicht gehärteter<br />
Wellen ist möglich, sogar nichtmetallische Gegenlaufpartner<br />
sind einsetzbar, ein Fressen ist vollkommen<br />
ausgeschlossen. Im Gegensatz zu Kugelumlaufbuchsen<br />
sind die Lineargleitlager unabhängig von der Länge des<br />
Verfahrweges und stellen keine Bedingungen an eine<br />
Mindesthublänge.<br />
Drylin ist ein Igus-Programm<br />
an wartungsund<br />
schmiermittelfreien<br />
Lineargleitlagern mit vier<br />
unterschiedlichen Baureihen<br />
Martin Kochmann, Vertriebsleiter<br />
Deutschland, Drylin Lineartechnik,<br />
Igus GmbH<br />
Komplette Lineareinheiten mit Spindeltrieb oder Zahnriemen<br />
ergänzen das Programm. Bei allen Drylin-Produkten<br />
stehen neben der Wartungs- und Schmiermittelfreiheit<br />
auch immer die Robustheit und die Unempfindlichkeit<br />
gegen Einflüsse wie Schmutz, Wasser, Chemikalien, Hitze<br />
oder Stöße im Vordergrund.<br />
01 Drylin Linearlager gleiten auf Hochleistungskunststoffen<br />
02 Kraftverteilung beim Rollen (links) und Gleiten<br />
<strong>antriebstechnik</strong> 9/<strong>2017</strong> 19