ECHO Top500 2020
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auch massive Verlierer, wie die gesamte Eventbranche,
die Reisebüros usw. In der Bauwirtschaft
war die Auftragslage in Tirol dieses Jahr
durchgängig gut, es besteht jedoch die Sorge,
dass kommendes Jahr ein Investitionsstopp
und dadurch eine schlechte Auftragslage drohen
könnten. Die große Angst des Tourismus
ist die kommende Wintersaison.
ECHO: Wie lange wird Tirol brauchen, um
zur Wirtschaftsleistung von Vorkrisenzeiten
zurückzukehren?
Walser: Das ist zum heutigen Zeitpunkt
nicht vorhersagbar, weil unklar ist, wie sich die
nächsten Monate weiter entwickeln. Wenn
die Wirtschaft nun aber wieder normal anläuft,
denke ich, dass man binnen einem oder
eineinhalb Jahren wieder auf einem guten
Ergebnis angekommen sein wird, das ansatzweise
so aussehen könnte wie die Hochkonjunkturjahre
2017/2018. Weil nicht die
Wirtschaft an sich zusammengebrochen ist,
sondern die Einbrüche durch eine Gesundheitskrise
ausgelöst wurden.
ECHO: Wie bewerten Sie die Maßnahmen
der Bundes- und Landesregierung zur Abfederung
der Krise? Was muss jetzt für den
Wirtschaftsstandort Tirol getan werden?
Walser: Niemand war auf eine solche Situation
vorbereitet. Dadurch sind Dinge passiert,
die man im Nachhinein, mit unseren jetzigen
Erkenntnissen betrachtet, anders hätte machen
sollen. Unser Gefühl war stets, man hat
getan, was man konnte, man hat das beste
versucht, und nicht alles daran war schlecht,
vielleicht wurde gar Schlimmeres verhindert.
Jetzt geht es darum, wie mit diesem Virus in
die Zukunft gegangen wird. Es muss ein halbwegs
normaler wirtschaftlicher Ablauf garantiert
werden. Hier geht es um Arbeitsplätze,
Menschen, Familien.
ECHO: Welche Lösungen schweben Ihnen
vor?
Walser: Es ist wichtig, der Bevölkerung ganz
klar mitzuteilen, dass die Situation nicht ungefährlich
ist. Dass es wichtig ist, Abstand zu halten,
Masken zu tragen, auf Hygiene zu achten,
Partys und überhaupt alle Versammlungen zu
vermeiden, die nicht unbedingt nötig sind,
und auch Arbeitsplätze so zu adaptieren, dass
die Sicherheit gegeben ist. Wir müssen in
der Bevölkerung Verständnis für diese Maßnahmen
finden und alle zusammenhelfen,
um unsere Arbeitsplätze zu erhalten und das
Land nicht in den Ruin zu führen, weil einige
wenige nicht aufpassen wollen.
ECHO: Warum stehen die Menschen den
Maßnahmen zunehmend sehr kritisch gegenüber?
Walser: Ich glaube, weil in der Bevölkerung
die Meinung vorherrscht, dass dieses Virus
keine oder nur vernachlässigbare Auswirkungen
auf die Gesundheit hat. Dieses Herunterspielen
der Gefährlichkeit ist momentan
das größte Problem.
ECHO: Das wäre ein Argument für Angstpolitik?
Walser: Wir müssen einen Spagat schlagen.
Einerseits muss ein normaler Alltag möglich
sein, der heute anders aussieht als vor einem
Jahr. Andererseits muss den Menschen die
Gefahr bewusst sein. Mit Angst lässt sich immer
Politik machen, das finde ich aber nicht
richtig.
ECHO: Wie kann dieser Spagat gelingen?
Walser: Viele getroffene Vorkehrungen, wie
die Sperrstundenregelung, sind richtig. Aktivitäten,
wie das Feiern in einem Club bis in
die Morgenstunden mit hunderten anderen
Menschen, sind unmöglich. Das betrifft auch
Feierlichkeiten von Vereinen und private
sowie kirchliche Feiern mit Freunden und
Familie. Auf diese Zusammentreffen müssen
wir verzichten, weil das Infektionsrisiko dabei
sehr hoch ist. Die Menschen brauchen gewisse
Freizeitbeschäftigungen. Niemand hält
es aus, nur zu Hause zu sitzen. Aber es braucht
geordnete Regeln für diese Aktivitäten. Die
Maskenpflicht wurde in Deutschland viel
früher eingeführt als hier. Auch hätten wir die
Maskenpflicht nie unterbrechen dürfen und
müssen nun für die Wintersaison klar kommunizieren,
dass diese, gerade in Öffis und im
Handel, alternativlos ist. In den Unternehmen
sind sehr viele Maßnahmen ergriffen worden,
durch Verordnungen und aus Eigeninitiative.
Ich denke aber, dass die Bevölkerung die Gefahr
massiv unterschätzt.
ECHO: Warum nutzt die Regierung ihre
Beliebtheit und politische Autorität nicht
dazu, die Menschen aufzufordern, diese Aktivitäten
einzustellen?
Walser: Ich kann diese Frage nicht beantworten.
Aber ich würde es tun. Ich würde
mich hinstellen und die Menschen dazu auffordern,
zumindest für ein halbes Jahr diese
Aktivitäten zu unterlassen. Dann gibt es u. U.
bereits Impfstoffe und Medikamente. Dann
ist die Ausgangssituation eine ganz andere.
ECHO: Wie bewerten Sie die eingetretenen
Kündigungswellen in der Tiroler Wirtschaft?
Walser: Es gibt vor allem ein Unternehmen,
bei dem das der Fall war. In der Struktur dieses
Unternehmens hätte schon seit vielen
Jahren reagiert werden müssen. Dazu kam
dann die Krise und der totale Einbruch des
asiatischen Marktes. Ansonsten hätten sich
diese Umstrukturierungen über Jahre gezogen
und wären nicht plötzlich passiert. Wir
bedauern jeden einzelnen Mitarbeiter, der
entlassen wird. Auf der anderen Seite gibt
es betriebswirtschaftliche Notwendigkeiten,
die keine anderen Möglichkeiten zulassen.
Swarovski spricht von einer Milliarde Euro
Verlust in diesem Jahr. Von Zurufen und Vorwürfen
von außen halte ich wenig. Dennoch
stellt sich die Frage, wie und in welcher Form
damit umgegangen wurde, den Mitarbeitern
ECHO TOP 500 UNTERNEHMEN 2020
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