ECHO Top500 2020
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„Die Wintersaison wird eine
sehr ruhige werden.“
ECHO: Corona bestimmt nun seit einem
halben Jahr unser aller Leben. Blicken wir
zurück. Können Sie sich erinnern, wie Sie
Mitte März den Lockdown und die folgenden
Tage und Woche erlebt haben?
Andreas Raitmayr: Nach einer erfolgreichen
Wintersaison mit sehr gut besuchtem Restaurant
und gebuchtem Hotel freuten wir uns
schon auf unseren geplanten Betriebsurlaub
Ende des Monats. Aus den Medien machte
sich aber schon Anfang des Monats schleichend
bemerkbar, dass da etwas Größeres auf
uns zukommt. Gespannt verfolgten wir die Medien
und diskutierten untereinander einige der
mögliche Fälle, die eintreten könnten und wie
man diese am Besten managt. Uns kam hierbei
aber nie ein Lockdown in den Sinn, weshalb
wir diese Entscheidung der Regierung zuerst
mit großer Skepsis wahrgenommen haben, jedoch
später diese als angebracht hielten. Dabei
ahnten wir natürlich nicht, dass es am Ende zwei
Monate dauern würde.
ECHO: Wie hat sich die wirtschaftliche Lage
in Ihrem Unternehmen entwickelt und wie
schätzen Sie heute die Lage ein?
Raitmayr: Wir sind ein Traditionsgasthaus,
welches sich auf Qualität anstatt auf Masse konzentriert.
Unsere Gästestruktur im Restaurant
setzt sich von Jung über Alt, von Klein bis Groß,
von Landwirt bis Unternehmer zusammen.
Und der Großteil dieser Gäste hat eines gemeinsam,
nämlich dass sie sehr treue Stammgäste aus
ganz Tirol sind. Nachdem wir im Mai wieder
unsere Tür öffnen durften, wollte das gesamte
Geschäft eher zögerlich anlaufen. Aber langsam
wurde es immer mehr und die Restaurantauslastung
entwickelte sich sehr positiv. Auch im
Hinblick auf unsere Mitarbeiter können wir
nur erwähnen, dass wir stolz sind, ein so treues
und vor allem starkes Team hinter uns stehen
zu haben. Um die Abstandsregeln einhalten zu
können, haben wir uns entschlossen, einen bis
dato nicht genutzten Raum in Betrieb zu nehmen.
Somit konnten wir die – aufgrund der vorgegeben
Abstandsregeln – abgezogenen Tische
kompensieren. Es war den Gästen anzumerken,
dass sie wieder Kontakt und ein bisschen „Wohlstand“
genießen wollten. Dies spiegelte sich
auch im Essverhalten wider. Im Gegensatz zum
Das Team um Andreas Raitmayr,
Wirtshaus Isserwirt in Lans
blühenden Restaurant war die Auslastung des
Hotels schwach. Speziell im Monat August, in
dem viele unserer italienischen Nachbarn nach
Tirol kommen, hatten wir eine Auslastung im
Hotel. Allgemein stellen wir fest, dass das Jahr
2020 – bis jetzt – nicht so fatal ausgefallen ist,
wie viele der Schwarzmaler prophezeit haben.
Natürlich gibt es Einbußen, aber wie überall
gibt es immer wieder Schwankungen. Zurzeit
sehen wir gespannt nach Deutschland und hoffen,
dass sich unser Quellmarkt Nr. 1 nicht für
eine Verlängerung der Reisewarnung – oder gar
Reisesperre –nach Österreich entscheidet.
ECHO: Wie bewerten Sie die Entwicklung
in Ihrem Unternehmen für die kommenden
Monate?
Raitmayr: Leider spielen zu viele Faktoren
eine Rolle bei der Frage, wie es in den nächsten
Monaten weitergeht – täglich ändern sich Infektionszahlen
und Reproduktionswerte. So gut
wie alle Länder Europas fahren im Rahmen der
Reisesicherheit ihr eigenes Programm. Speziell
Letzteres macht es extrem schwierig, die Situation
für die nächsten Monate abschätzen zu
können. Daher gehen wir davon aus, dass die
Wintersaison im Vergleich zu den Vorjahren
eine eher ruhigere wird. Positiver eingestellt
sind wir hier bezüglich des Restaurants. Wie
eingangs erwähnt, glauben wir, jeder leistet sich
gern ein Stück Lebensqualität mit seinen Liebsten,
und da kommt ein Besuch im Restaurant
in der kalten Jahreszeit gerade gelegen. Was
sicher bis auf Weiteres ausbleiben wird, sind
Feiern im großen Stil – was natürlich für jeden
ein wenig schmerzhaft ist.
ECHO: Wann rechnen Sie mit einem Ende
der Pandemie? Glauben Sie, dass die Pandemie
mit der Entwicklung eines Impfstoffs beendet
ist?
Raitmayr: Die Vorstellung von einem Impfstoff
in naher Zukunft ist zwar romantisch, jedoch
glauben wir weniger daran. Andere Impfstoffe
müssen Jahre lang unter sehr scharfen
Auflagen erprobt werden, bevor sie zugelassen
werden. Nun ist seit dem Ausbruch des Covid-
19-Virus noch kein Jahr vergangen. Bis dahin
heißt es weiterhin, fleißig den Mundschutz,
Desinfektionsmittel benutzen und auch mehr
auf die allgemeine Hygiene zu achten. In so
manchem Fall kommt das auch nicht ganz so
ungelegen. Möglicherweise könnte sich die
Gesamtsituation im Frühjahr 2020 wieder etwas
erholen. Aber wie gesagt sind das nur Vermutungen
und wir leider keine Hellseher. Die
kalte Jahreszeit steht immer im Zeichen von
Schnupfen und Erkältungen – diese werden
uns zusätzlich Energie abverlangen.
ECHO: Glauben Sie, dass die Krise nachhaltig
Veränderungen mit sich bringen wird?
Raitmayr : Teils, teils. An manchen Orten und
in manchen Betrieben wird sich bestimmt ein
Qualitätsdenken anstatt des Quantitätsdenkens
einstellen. Zu Beginn der Krise wurden
vielerorts Handschuhe, Desinfektionsmittel
und Schutzkleidung knapp. Diese kommt zum
Großteil aus Fernost und wurde dort selbst benötigt.
Die Situation zeigte auf, dass Europa im
Extremfall nicht selbst in der Lage ist, sich zu versorgen.
Es wäre schön zu sehen, dass man mehr
in Richtung Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit
sowie Sozialverträglichkeit zu arbeiten
beginnt. Allein schon diesen Sommer haben
viele Österreicher genutzt, um ihr eigenes Land
besser kennenzulernen, und dabei darauf verzichtet,
tausende von Kilometern via Flugzeug
zurückzulegen, um in einem All-inklusive-Hotel
zu verharren. Umwelttechnisch betrachtet war
dies bestimmt eine gute Entwicklung.
ECHO: Haben Sie in Ihrem Unternehmen
Kurzarbeit genutzt? Waren Sie mit dieser Maßnahme
der Regierung zufrieden?
Raitmayr: Ja, wir haben unsere Mitarbeiter auf
Kurzarbeit gemeldet und fanden dieses Modell
grundsätzlich auch eine sehr gute Idee. <<
ECHO TOP 500 UNTERNEHMEN 2020
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