ECHO Top500 2020
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TOP 500 | HANDEL
Foto: Die Fotografen
Manuel
Harnischmacher,
Geschäftsführer
WMF
„Wir waren der Meinung,
der Lockdown wird nie
kommen.“
ECHO: Corona bestimmt nun seit einem
halben Jahr unser aller Leben. Blicken wir zurück.
Können Sie sich erinnern, wie Sie Mitte
März den Lockdown und die folgenden Tage
und Wochen erlebt haben?
Manuel Harnischmacher: Wir waren
alle der Meinung, dass der Lockdown nie
kommen würde. Umso überraschter und
enttäuschter waren wir, als wir alle nach Hause
gehen mussten. Mein absolut stimmungstechnischer
Tiefpunkt war der Zeitpunkt, als
ich klischeehaft als Letzter die Tür unseres
HQ verschließen musste. Für fast zwei Monate,
wie sich im Nachhinein herausstellen
sollte. Die darauf folgenden Wochen waren
geprägt durch viele administrative Aufgaben,
vor allem in Hinsicht auf und Sorge um unsere
Mitarbeiter und deren Befinden. Wirklich
entspannt hat sich die Lage nie, von einer „Erholungsphase“
kann nicht die Rede sein.
ECHO: Wie hat sich die wirtschaftliche Lage
in Ihrem Unternehmen entwickelt und wie
schätzen Sie heute die Lage ein?
Harnischmacher: Die Lage heute ist nach
wie vor sehr unsicher und durch viele Fragezeichen
geprägt. Reisewarnungen aus Nachbarländern,
unterschiedliche Bundesländerregelungen
zu Öffnungszeiten und Registrierungen
sowie fragliche Ampelsysteme erschweren
Planungen zu Personalressourcen,
Warenbestellungen bzw. jegliche Planungssicherheit.
Viele Partner und Freunde aus der
Branche kämpfen mit denselben Problemen.
Wir verzeichnen wesentliche Umsatzeinbrüche,
stellen aber positiverweise fest, dass überschaubar
wenige Aufträge storniert, sondern
hauptsächlich verschoben wurden.
ECHO: Wie bewerten Sie die Entwicklung
in Ihrem Unternehmen für die kommenden
Monate?
Harnischmacher: Wir versuchen um jeden
Preis, alle Mitarbeiter zu behalten, die
Umsätze auf ein vernünftiges Niveau zurückzuführen
und haben dazu auch dementsprechende
Unterstützungspakete für unsere Partner
und Kunden geschnürt, in der Hoffnung,
mit diesen gleichzeitig unsere Auftragslage
zu stabilisieren. Spannend werden die letzten
Wochen im Jahr 2020 sowie das erste Quartal
2021, in denen sich zeigen wird, wie viele
Unternehmen die Krise überleben werden.
ECHO: Wann rechnen Sie mit einem Ende
der Pandemie? Glauben Sie, dass die Pandemie
mit der Entwicklung eines Impfstoffs
beendet ist?
Harnischmacher: Ich glaube, wir werden
lernen müssen, mit Covid-19 zu leben. Wie
auch die Grippe wird uns Covid-19 in Zukunft
begleiten. Auch für die gemeine Grippe
gibt es Impfstoffe, ob und in welchem
Ausmaß Covid-19 durch eine Impfung eingeschränkt
werden kann, wird sich zeigen.
Ich glaube jedenfalls, dass ein sachlicher und
verhältnismäßiger Umgang elementar wichtig
für die weitere Entwicklung der Wirtschaft
sowie unseres sozialen Zusammenlebens ist.
ECHO: Wirtschaftsforscher gehen von
zahlreichen Insolvenzen im Herbst bzw. im
nächsten Jahr aus. Glauben Sie auch, dass das
passieren wird? Gibt es in Ihrer Branche sogenannte
Zombie-Unternehmen, die eigentlich
längst insolvent sein müssten?
Harnischmacher: Insolvenzen zeichnen
sich ja schon seit mehreren Wochen ab. Dennoch
gibt es immer noch Zombie-Unternehmen,
die in fast allen Branchen mit staatlichen
Förderungen ihr Ende künstlich hinausziehen.
Bis dahin erschweren sie mit Dumpingpreisen
das Überleben anderer Unternehmen.
ECHO: Haben Sie in Ihrem Unternehmen
Kurzarbeit genutzt? Waren Sie mit dieser
Maßnahme der Regierung zufrieden?
Harnischmacher: Kurzarbeit wurde unsererseits
nur während der Lockdownphase
genutzt. Anfang Juli haben wir uns wieder für
eine progressive Vorgehensweise entschieden
und sind zurückgekehrt ins Büro bzw. an
unsere Arbeitsplätze. Der administrative und
finanzielle Aufwand zu allen Förderungsanträgen
ist mir bis heute negativ in Erinnerung.
Unklarheiten und bürokratische Hürden waren
sowohl für unsere Lohnverrechnung als
auch unsere Wirtschaftsprüfer eine Herausforderung.
ECHO: Welche Ziele gibt es für die Zeit
nach Corona?
Harnischmacher: Unser Hauptziel ist
ganz klar eine Stabilisierung unserer Strukturen
in jeder Hinsicht. Organisatorisch wie
strategisch werden wir uns den Marktveränderungen
mit viel Optimismus und Veränderungsbereitschaft
stellen, um so sicherzustellen,
dass wir den neuen Anforderungen und
Veränderungen konstruktiv begegnen können.
Österreich ist als Tourismusstandort mit
höchster Attraktivität gesegnet. Ob Sommer
oder Winter, wir bieten den Touristen alle
Facetten eines perfekten Urlaubs. Fern- und
Flugreisen werden zukünftig sicher noch leiden,
für den mitteleuropäischen Tourismus
sind wir attraktiver denn je. Ich wünsche uns
allen eine schnelle Erholung der Wirtschaft.
Schließlich hängt unsere soziale Absicherung
davon ab. <<
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