ECHO Top500 2020
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TOP 500 | BANKEN & VERSICHERUNGEN
Reinhard Mayr,
Vorstand der RLB Tirol AG
„Ich sehe Chancen für
Regionalität und Nachhaltigkeit.“
ECHO: Corona bestimmt nun seit einem
halben Jahr unsere Leben. Blicken wir zurück.
Können Sie sich erinnern, wie Sie Mitte März
den Lockdown und die folgenden Tage und
Wochen erlebt haben?
Reinhard Mayr: Natürlich, die Coronakrise
und alle Herausforderungen, die sie
mit sich gebracht hat, sind ja nichts, auf das
man vorbereitet ist. Sie hat uns aber nicht
grundsätzlich aus der Bahn geworfen. Wir
führen regelmäßig Krisenübungen durch
und konnten sofort auf die Anforderungen,
die diese Ausnahmesituation mit sich
gebracht hat, reagieren. Mithilfe unseres IT-
Kompetenz-Centers haben wir in kürzester
Zeit die Möglichkeit für alle unsere Mitarbeiter
geschaffen, von zu Hause aus arbeiten zu
können. Wir waren sehr schnell technisch
angebunden und konnten fast nahtlos weitermachen.
Die hohe Bereitschaft von allen,
diese Veränderung von heute auf morgen
mitzutragen, war dabei sicher die Grundlage.
Die Einteilung unserer Teams in den Bankstellen
und die Einhaltung der vorgegebenen
Maßnahmen hat uns selbstverständlich vor
Herausforderungen gestellt. Wir waren aber
bisher jederzeit in der Lage, die Anforderungen
unserer Kunden zu erfüllen und
trotzdem für Sicherheit auch in der direkten
Begegnung zu sorgen.
ECHO: Wie hat sich die wirtschaftliche Lage
in Ihrem Unternehmen entwickelt und wie
schätzen Sie heute die Lage ein?
Mayr: Ein Kernelement einer Bank ist es,
finanzielle Risiken zu managen. Die Wirtschaftsleistung
eines Landes oder einer Region
spielt dabei eine wesentliche Rolle. Somit
ist klar, dass ein gesellschaftlicher und wirtschaftlicher
Lockdown, wie wir ihn im März
erlebt haben, nicht spurlos an der Finanzbranche
vorübergehen kann. Als systemrelevante
Institution waren wir von Beginn an in vielen
Belangen gefordert, speziell bei der Auszahlung
der staatlich zugesagten Förder- und
Hilfsgelder. In Summe hat sich die operative
Situation aber nach dem Lockdown wieder
stabilisiert.
ECHO: Wie bewerten Sie die Entwicklung
in Ihrem Unternehmen für die kommenden
Monate?
Mayr: Wir müssen leider davon ausgehen,
dass nach dem Ablauf der staatlichen Unterstützung
die Insolvenzen ansteigen werden.
Die kommenden Monate sind für viele unserer
Kunden und damit auch für uns als deren
verlässlicher Partner ein großer Kraftakt.
Ich versuche grundsätzlich, optimistisch zu
bleiben, nach vorne zu schauen und lösungsorientiert
zu denken. Nicht nur für die vielen
regionalen Unternehmer und deren Mitarbeiter,
sondern auch für die Tiroler Raiffeisenbanken,
die ebenso auf uns zählen
und uns vertrauen.
ECHO: Welche Erfahrungen haben Sie
mit Homeoffice gemacht?
Mayr: Zunächst hat sich diese Arbeitsform
ungewohnt angefühlt, aber das
Vertrauen, das wir in unsere Mitarbeiter
gesetzt haben, wurde zur Gänze erfüllt
und bestätigt. Noch immer finden
bei uns über 50 Prozent der Arbeit im
Home office statt. Die gute Mischung
aus Präsenz und der Möglichkeit, von zu
Hause aus zu arbeiten, hat sich bewährt.
Das ist sicher die Zukunft moderner Arbeitswelten.
ECHO: Welche Chancen sehen Sie in
der Krise?
Mayr: Ich sehe Chancen für Themen,
für die die Raiffeisenbanken schon seit
ihrer Gründung stehen. Das sind z. B. Regionalität,
Nachhaltigkeit und Gemeinschaft.
All diese Werte bekommen gerade einen sehr
hohen Stellenwert. Dabei werden sie begleitet
vom geschärften Bewusstsein, dass Digitalisierung
und Innovation in unserer Gesellschaft
stetig – und in der momentanen Zeit in einer
sehr hohen Geschwindigkeit – an Bedeutung
zunehmen werden. Wir setzen schon lange einen
Schwerpunkt auf diese beiden Themen.
Sie bieten für uns beispielsweise die Grundlage,
noch schneller auf unsere Kundinnen
und Kunden eingehen zu können und ihre
Anliegen direkt abzuwickeln. Das optimale
Angebot liegt für mich in einer guten Kombination
der digitalen Möglichkeiten mit persönlichem
Kontakt, der natürlich auch nicht
zu kurz kommen darf.
ECHO: Was haben Sie persönlich bisher
dazugelernt?
Mayr: Ich habe eine Entschleunigung bemerkt,
die viele positive Effekte mit sich gebracht
hat. Zugleich habe ich meine Zeit anders
genutzt, Prioritäten verschoben und auch mein
Wertesystem hinterfragt. Dies sowohl im beruflichen
als auch im privaten Bereich. Ich weiß
beispielsweise gemeinsame sportliche Aktivitäten
mit meiner Frau wieder sehr zu schätzen
und hoffe, dass wir sie – wie auch gemeinsames
Kochen – beibehalten werden. <<
33 % der monatlichen
Zahlungen erfolgen mit Bargeld,
29 % mit der Bankomatkarte,
11 % via Onlinebanking,
8 % per Kreditkarte.
Quelle: Bankenverband,
Nutzungsintensität – Abwicklung
monatlicher Zahlungen
Foto: Aichner
34 ECHO TOP 500 UNTERNEHMEN 2020