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ECHO Top500 2020

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nutzt, um uns einen großen Vorrat an Schutzausrüstung

zuzulegen. Es wurden Mitarbeiterschulungen

abgehalten. Zu Beginn der Krise

war es sehr herausfordernd, den Überblick

über all die vielen Erlässe, Empfehlungen,

Verordnungen, Gesetze etc. der unterschiedlichen

Gebietskörperschaften zu wahren und

entsprechend an unsere

Mitarbeitenden

zu kommunizieren.

Deshalb haben wir

zur Verbesserung der

internen Informations-

und Kommunikationspolitik

eine

neue Clearing-Stelle

eingerichtet. Für

diese Adaptierungen haben wir mit unseren

Krankenanstalten und der Landespflegeklinik

sowie mit allen betroffenen Abteilungen

gesprochen und gesammelt, was gut funktioniert

hat und wo es Handlungsbedarf gab,

und daraus unsere Schlüsse gezogen.

ECHO: Wie bereiten sich die Tirol Kliniken

auf die zweite Welle, auf Herbst und Winter

vor?

Deflorian: Die Stufenpläne für den Intensiv-

und normalstationären Bereich wurden

nochmals überarbeitet und mit den betroffenen

Kliniken und Abteilungen abgestimmt.

Wir haben die Vernetzung unter den Krankenanstalten

intensiviert. Um unsere Mitarbeitenden

bestmöglich vor der Influenza

zu schützen, haben die Tirol Kliniken 6000

Grippeimpfdosen gesichert.

ECHO: Wird die Grippeimpfung für Mitarbeiter

verpflichtend sein?

Deflorian: Nein, die Impfungen erfolgen

freiwillig. Aber wir merken bereits nach den

ersten Impftagen, dass die Nachfrage spürbar

höher ist als in den vergangenen Jahren, in

denen die Impfrate bei der Grippeimpfung

sehr überschaubar war. Jetzt wird die Impfung

stark in Anspruch genommen.

„Sorgen bereitet uns, dass

schon in diesem frühen

Stadium des Herbstes die

Fallzahlen deutlich steigen.“

Stefan Deflorian

ECHO: Wie sehen Sie die Zumutbarkeit

dieser Pandemiesituation für die Mitarbeiter?

Wie geht es diesen mit der Situation?

Wie können sie entlastet werden?

Deflorian: Für die Mitarbeitenden auf den

Covid-Stationen ist die Arbeitsbelastung

überdurchschnittlich und sehr beanspruchend,

allein durch das Tragen der Schutzausrüstung,

die jedenfalls aus Overall, Maske,

Brille und Handschuhen

besteht.

Wir haben darum

in Abstimmung mit

der Arbeitsmedizin

die Arbeitsschichten

nochmals überarbeitet

und von anfänglich

sechs auf nun

zwei bis vier Stunden

reduziert, um die Belastung geringer zu halten.

Einmal in der Schutzausrüstung, steckt

man dort für mehrere Stunden fest, man

kann nichts essen oder trinken und nicht auf

die Toilette. Auch andere Mitarbeitende, die

auf Nicht-Covid-Stationen arbeiten, sind verständlicherweise

besorgter als üblich, wenn

auch gelassener als in der ersten Phase der

Pandemie. Supervision oder auch psychologische

Betreuung und Beratung sind für uns

ein wichtiges Thema, auch abseits von Corona,

und es gibt hier einige Angebote.

ECHO: Was sind die größten Herausforderungen

für die Tirol Kliniken, die durch Corona

entstehen oder entstanden sind?

Deflorian: Die größte Herausforderung

ist es, genügend Kapazitäten zur Verfügung

zu stellen. Im Moment (Anmerkung: 20.

10. 2020) ist das alles noch überschaubar.

Wir befinden uns aber erst am Beginn der

kalten Jahreszeit und gehen davon aus, dass

die Inanspruchnahme der Bettenkapazitäten

steigen wird. Unsere größte Sorge ist, ob die

Kapazitäten ausreichen. Es geht um eine

entsprechend hohe Anzahl an qualifizierten

Mitarbeitern, die dieses Patientenkollektiv

adäquat betreuen und versorgen kann. Sind

Intensivstationen entsprechend hoch ausgelastet,

bedeutet das für uns, dass wir Mitarbeiter

z. B. aus dem anästhesiologischen Bereich abziehen

und in die Intensivstationen verlagern

müssen. Dadurch leidet in Folge die planmäßige

Versorgung von Patienten mit anderen

Erkrankungen. Es gibt in Tirol etwa 140

Intensivbetten, die grundsätzlich geeignet

sind Covid-PatientInnen zu betreuen. Es ist

allerdings zu bedenken, dass auch in Covid-

Zeiten schwer kranke nicht Covid-Patienten

oder verunfallte Patienten ebenso einer intensivmedizinischen

Betreuung bedürfen.

Es stehen also nicht alle Intensivbetten für

Covid-Patienten zur Verfügung.

ECHO: Wann werden die Intensivbettenkapazitäten

erschöpft sein? Wann ist der kritische

Wert erreicht?

Deflorian: Das hängt maßgeblich davon

ab, wie hoch die Infektionsrate in der älteren

Bevölkerung ab etwa 65 Jahren ist. Werden

diese besonders vulnerablen Patientengruppen

stationär oder gar intensivmedizinisch

aufgenommen, ist die Verweildauer hier verhältnismäßig

hoch. Für uns aus gesundheitspolitischer

oder versorgungstechnischer Sicht

ist es wenig relevant, wie viele Infektionen es

in Schulen gibt, sondern es sind vor allem die

Pflegeeinrichtungen, die wir besonders im

Auge haben.

ECHO: Wann rechnen Sie mit einer Impfung

oder einem Medikament?

Deflorian: Im Moment befinden sich

mehrere Impfstoffkandidaten in Phase 3,

also in der letzten Phase der Zulassung. Die

europäische Zulassungsbehörde EMA hat

rollierende Zulassungsverfahren akzeptiert,

das bedeutet, die Patientendaten, das sind etwa

40.000 in Phase 3 pro Impfstoffkandidat,

müssen nicht alle gesammelt übergeben, sondern

können sukzessive eingereicht werden.

Wir gehen, wenn alles gut läuft, davon aus,

dass mit Ende dieses Jahres die Zulassungen

stehen. Dann beginnt die heikle und kritische

Phase der Skalierung, also der Produktion des

Impfstoffs in großen Mengen. Danach stellt

sich die Frage der Verteilung. Ich meine, Ende

des ersten Quartals 2021 könnten Impfstoffe

in größeren Mengen zur Verfügung stehen.

Dann ist die Frage, wie viele Menschen sich

impfen lassen. ➝

ECHO TOP 500 UNTERNEHMEN 2020

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