LVR-Psychiatrie-Report 2020 - Empowerment und Partizipation
Das Schwerpunktthema des LVR-Psychiatrie-Reports 2020 lautet Empowerment und Partizipation. Empowerment bedeutet, unsere Patient*innen zu befähigen, ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu führen. Voraussetzung dafür ist, Patient*innen partizipativ und möglichst umfänglich in Entscheidungsprozesse zum Beispiel über Behandlungsmöglichkeiten einzubeziehen.
Das Schwerpunktthema des LVR-Psychiatrie-Reports 2020 lautet Empowerment und Partizipation. Empowerment bedeutet, unsere Patient*innen zu befähigen, ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu führen. Voraussetzung dafür ist, Patient*innen partizipativ und möglichst umfänglich in Entscheidungsprozesse zum Beispiel über Behandlungsmöglichkeiten einzubeziehen.
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EMPOWERMENT UND PARTIZIPATION<br />
_Worin sehen Sie den besonderen Gewinn für das Team?<br />
_Was wünschen Sie sich beim Ex-In-Projekt für die Zukunft?<br />
FRANCK: Wir sind Übersetzer*innen, <strong>und</strong> zwar in beide Richtungen.<br />
Kolleg*innen erklären wir, warum bestimmte Interventionen<br />
gerade gut sind <strong>und</strong> welche nicht, denn wir können<br />
uns vorstellen, wie sie sich anfühlen. Patient*innen sagen<br />
wir, dass wir sie verstehen, dass es uns ähnlich ging, <strong>und</strong> dass<br />
die Intervention geholfen hat. Zweitens sind wir Hoffnungsträger*innen.<br />
Ebenfalls für beide Seiten. Patient*innen vermitteln<br />
wir: Es geht hier auch wieder raus. Die Kolleg*innen<br />
erleben mit uns Patient*innen, die eine Krise überw<strong>und</strong>en<br />
haben <strong>und</strong> genesen sind.<br />
_Genesungsbegleiter*innen sind eine<br />
neue Berufsgruppe. Gab es auch Vorbehalte?<br />
BRINKMANN: Ja, es gab viele Fragen: Was dürfen Genesungsbegleiter*innen<br />
<strong>und</strong> was nicht? Haben sie mehr Rechte als<br />
zum Beispiel die Pflege? Wer ist weisungsbefugt, wer nimmt<br />
Weisungen an? Fragen, die wir im Team sensibel diskutieren<br />
<strong>und</strong> abwägen mussten, bevor der Genesungsbegleiter kam.<br />
Heute sind die Rollen geklärt.<br />
MARCINEK: Viele Kolleg*innen hatten Angst, dass ich mich als<br />
ehemaliger Betroffener mit den Patient*innen solidarisiere <strong>und</strong><br />
gegen das Team arbeite. Ich habe von Anfang an klargestellt,<br />
dass das nicht so ist, <strong>und</strong> dass ich ein Teil des Teams bin.<br />
TROST: Ängste aus der Pflege sind berechtigt, wenn die Stellen<br />
für Genesungsbegleiter*innen aus dem Plan für Pflegekräfte<br />
finanziert werden. Das Geld muss aus einem anderen<br />
Topf kommen.<br />
FRANCK: Das es ernster genommen wird. Das Wissen um die<br />
Psyche des Menschen wird durch den Erfahrungsschatz der<br />
Ex-In Expert*innen erweitert. Daher sehe ich Ex-In als eine<br />
wertvolle Bereicherung für die <strong>Psychiatrie</strong>. Außerdem machen<br />
es Ex-Inler*innen vielen Menschen leichter, über ihre psychische<br />
Erkrankung zu reden.<br />
MARCINEK: Für die Forensik wünsche ich mir, dass auch Mitarbeitende<br />
mehr über die dunklen Seiten des Lebens miteinander<br />
reden. Dann würde man mehr zueinander finden <strong>und</strong><br />
viele wären offener für diese Projekte.<br />
BRINKMANN: Ich höre immer wieder Sicherheitsbedenken,<br />
wenn wir neue Berufsgruppen einbinden. Ich kann nur an meine<br />
Kolleg*innen appellieren: Probieren Sie es aus, versuchen<br />
Sie es einfach, <strong>und</strong> geben Sie neuen Ansätzen eine Chance!<br />
MEURER: Dem kann ich nur zustimmen; wenn wir Systeme<br />
nicht weiterentwickeln, sind wir kurz vor der Erstarrung.<br />
_Wie sieht die Arbeit von Ex-Inler*innen konkret aus?<br />
FRANCK: In Köln begleite ich gemeinsam mit Andrea Trost die<br />
Einführung des Modells Safewards. Um ein Gefühl für das Team<br />
zu bekommen, hospitiere ich einige Tage auf jeder Station.<br />
MARCINEK: Im Unterschied zu Frau Franck arbeite ich direkt<br />
mit Patient*innen. Ich versuche vom ersten Tag der Unterbringung<br />
an, mit ihnen in Kontakt zu kommen. Ihnen zu vermitteln,<br />
dass nur sie ihr Leben umgestalten können. Ich helfe ihnen,<br />
eine Idee zu entwickeln, wie sie ein Ziel erreichen, zum Beispiel<br />
eine Lockerung. Das Hinarbeiten auf dieses Ziel setzt<br />
schon Energien <strong>und</strong> Selbstheilungskräfte frei. Aber ich kann<br />
ihnen ihre Ziele nicht von außen aufdrücken, die müssen sie<br />
selbst erarbeiten. Ich kann sie nur immer wieder anstupsen.<br />
Strukturierter Alltag in der forensischen Abteilung.<br />
Viele Patient*innen müssen erst lernen,<br />
mit einem geregelten Tagesablauf umzugehen.<br />
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