LVR-Psychiatrie-Report 2020 - Empowerment und Partizipation
Das Schwerpunktthema des LVR-Psychiatrie-Reports 2020 lautet Empowerment und Partizipation. Empowerment bedeutet, unsere Patient*innen zu befähigen, ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu führen. Voraussetzung dafür ist, Patient*innen partizipativ und möglichst umfänglich in Entscheidungsprozesse zum Beispiel über Behandlungsmöglichkeiten einzubeziehen.
Das Schwerpunktthema des LVR-Psychiatrie-Reports 2020 lautet Empowerment und Partizipation. Empowerment bedeutet, unsere Patient*innen zu befähigen, ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu führen. Voraussetzung dafür ist, Patient*innen partizipativ und möglichst umfänglich in Entscheidungsprozesse zum Beispiel über Behandlungsmöglichkeiten einzubeziehen.
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Birgit Meiler, Fachärztin für<br />
<strong>Psychiatrie</strong> <strong>und</strong> Psychotherapie,<br />
im Beratungsgespräch mit<br />
einem Langzeitarbeitslosen im<br />
Jobcenter in Essen.<br />
Die Projekte „Support25“, „TANDEM <strong>und</strong> PROGRESS“ sowie<br />
„SUNRISE“ haben dieselbe Struktur. Sofern Fallmanager*innen<br />
des Jobcenters den Verdacht haben, dass K<strong>und</strong>*innen psychisch<br />
erkrankt sind, kann ein Gutachten bei den Mitarbei ter-<br />
*innen des <strong>LVR</strong>-Klinikum Essen beauftragt werden. Zu klären<br />
ist, ob eine psychische Erkrankung vorliegt, ob die Kun d *in nen<br />
arbeitsfähig sind <strong>und</strong> welche therapeutischen Empfehlungen<br />
es geben kann. Das Jobcenter möchte psychisch bedingte<br />
Vermittlungshemmnisse identifizieren sowie eine Perspektive<br />
gewinnen, diese zu vermindern.<br />
Die Teilnahme an der Begutachtung ist freiwillig. Es wird ein<br />
fachärztlich-psychiatrisches Gutachten auf Basis einer ausführlichen<br />
Anamnese sowie mithilfe verschiedener psycho logischer<br />
Instrumente erstellt, etwa zur Prüfung von psychia trischen<br />
Diagnosen oder zur Erfassung der Intensität bestim mter<br />
Symp tome. Die Begutachtung findet an meh reren Ter minen<br />
statt, teils im Jobcenter <strong>und</strong> teils im <strong>LVR</strong>-Klinikum. Die Er geb<br />
nisse des Gutachtens, insbesondere die Diagno sen, wer den<br />
mit den K<strong>und</strong>*innen des Jobcenters ausführlich besprochen,<br />
verb<strong>und</strong>en mit therapeutischen Empfehlungen zum weiteren<br />
Umgang mit der Erkrankung.<br />
Im Erwachsenenbereich gibt das Klinikum den Teilnehmenden<br />
inzwischen eine schriftliche gutachterliche Stellungnahme,<br />
inklusive gestellter Diagnosen <strong>und</strong> leitlinienorientierter<br />
Behandlungsempfehlungen. Die Mitarbeiter*innen des Jobcenters<br />
er halten eine zusammenfassende gutachterliche Stellungnahme<br />
mit einer strukturierten Einschätzung krankheitsbedingt<br />
eingeschränkter, arbeitsmarktrelevanter Fertigkeiten<br />
(etwa im Erwachsenenbereich anhand des MINI-ICF-App). Zudem<br />
wird die berufliche Belastbarkeit eingeschätzt <strong>und</strong> Empfehlungen<br />
zu weiteren Maßnahmen ausgesprochen.<br />
Support 25<br />
2007 startete die Klinik für <strong>Psychiatrie</strong>, Psychosomatik<br />
<strong>und</strong> Psychotherapie des Kindes- <strong>und</strong> Jugendalters mit<br />
dem Projekt „Support 25“. Zielgruppe sind Arbeitslose im<br />
jungen Erwachsenenalter bis 25 Jahren ( Rosien et al.,<br />
2009; Reissner et al., 2013). In Essen betreut das Jobcenter<br />
Arbeitslose im Jugend- <strong>und</strong> jungen Erwachsenenalter<br />
(„U25“) nicht wie Erwachsene an verschiedenen<br />
Stand orten, sondern an einer zentralen Dependance.<br />
Die Mitarbeiter*innen der kinder- <strong>und</strong> jugendpsychiatrischen<br />
Klinik führen dort ihre Begutachtung durch. Bislang<br />
wur den etwa 4000 Gutachten erstellt. 98 Prozent der un tersuchten<br />
Jugendlichen <strong>und</strong> jungen Erwach senen wiesen<br />
mindestens eine psychische Erkrankung nach DSM-IV auf,<br />
65 Prozent zwei <strong>und</strong> 30 Prozent drei psychische Erkrankungen<br />
( Reissner et al., 2011). Besonders häufig fanden<br />
sich depressive Stö rungen (ca. 48 Prozent), Angststörungen<br />
(ca. 33 Prozent), Persönlichkeitsstörungen (ca. 57 Prozent;<br />
be son ders vom Borderline-Typ) sowie Suchterkrankungen<br />
(ca. 27 Prozent). Ein Vergleich der Inanspruch nahme-<br />
Po pu lation der SUPPORT-25-Ambulanz mit einer Zufallsstichprobe,<br />
besteh end aus unter 25-jährigen K<strong>und</strong>*innen<br />
des Jobcenters, zei gte eine deutlich höhere Belastung der<br />
SUPPORT-25-K<strong>und</strong>* in nen durch psychia tri sche Diagnosen<br />
( Reissner et al., 2014).<br />
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