LVR-Psychiatrie-Report 2020 - Empowerment und Partizipation
Das Schwerpunktthema des LVR-Psychiatrie-Reports 2020 lautet Empowerment und Partizipation. Empowerment bedeutet, unsere Patient*innen zu befähigen, ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu führen. Voraussetzung dafür ist, Patient*innen partizipativ und möglichst umfänglich in Entscheidungsprozesse zum Beispiel über Behandlungsmöglichkeiten einzubeziehen.
Das Schwerpunktthema des LVR-Psychiatrie-Reports 2020 lautet Empowerment und Partizipation. Empowerment bedeutet, unsere Patient*innen zu befähigen, ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu führen. Voraussetzung dafür ist, Patient*innen partizipativ und möglichst umfänglich in Entscheidungsprozesse zum Beispiel über Behandlungsmöglichkeiten einzubeziehen.
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Individuelles Handeln <strong>und</strong> soziale Rahmenbedingungen<br />
Der Begriff <strong>Empowerment</strong> oder Patient-<strong>Empowerment</strong> lässt<br />
sich im Deutschen am treffendsten mit Patient*innenenbefähigung<br />
übersetzen. <strong>Empowerment</strong> ist kein eigenes Forschungsfeld,<br />
vielmehr kann es als eine Bandbreite an Forschungsthemen<br />
im Rahmen der Versorgungsforschung aufgefasst<br />
werden ( Brandstetter et al., 2015). Die Patient*innenorientierung<br />
bzw. das Patient-<strong>Empowerment</strong> in der Versorgungsforschung<br />
verbindet unterschiedliche soziologische Ebenen<br />
miteinander (siehe Infokasten „Soziologische Ebenen“). Das<br />
heißt, die Versorgungsforschung betrachtet Handlungen von<br />
einzelnen Personen abhängig von dem Rahmen, in dem diese<br />
Handlungen stattfinden. Die Handlungen von Menschen sind<br />
demnach auch abhängig von organisationalen <strong>und</strong> ge sellschaft<br />
lichen Normen ( Parsons, 1951).<br />
» Patient-<strong>Empowerment</strong> hat zum Ziel,<br />
Patienten <strong>und</strong> Patientinnen mit (chronischen)<br />
somatischen oder psychischen<br />
Erkran kungen in ihrem Wissen <strong>und</strong><br />
in ihren Fähigkeiten zu unterstützen,<br />
um sie zu befähigen, mit ihrer<br />
Erkrankung zu leben. «<br />
Brandstetter et al., 2015; Huber et al., 2015<br />
Patient*innenorientierung auf allen Ebenen stärken<br />
<strong>Empowerment</strong> beinhaltet zum einen Forschungsthemen wie<br />
die Arzt/Ärztin-Patient*in-Interaktion auf der Mikroebene der<br />
Versorgung oder individuelle Barrieren der Inanspruchnahme<br />
von Versorgungsangeboten. Auf der Mesoebene der Versorgung<br />
kann die organisationale Gestaltung von Versorgungsangeboten<br />
ein Forschungsfeld darstellen, so zum Beispiel die<br />
Etablierung <strong>und</strong> Evaluierung von Selbsthilfeangeboten oder<br />
neuen Versorgungsformen mit dem Ziel des Patient-<strong>Empowerment</strong>.<br />
Patient-<strong>Empowerment</strong> wird daher als eine zentralere<br />
Orientierung in Richtung Stärkung von Patient*innenorientierung<br />
im Ges<strong>und</strong>heitswesen angesehen: Informiert han deln de<br />
Patient*innen sollen durch Steigerung ihrer Kompetenzen zu<br />
Mitgestalter*innen der Behandlung werden.<br />
wie evidenzbasierte Patient*inneninformationen zählen zum<br />
Themenfeld des Patient-<strong>Empowerment</strong>. Auf der Mesoebene<br />
strebt Patient-<strong>Empowerment</strong> an, Ziele <strong>und</strong> Aktivitäten von<br />
Selbsthilfeorganisationen, die Wirksamkeit von organisier ter<br />
Selbs t hilfe in der professionellen Versorgung sowie Barrieren<br />
der Inanspruchnahme zu untersuchen ( Brandstetter et al.,<br />
2015). Für dauerhaft wirksame Verbesserungseffekte sind al lerdings<br />
auch <strong>Empowerment</strong>-Bemühungen auf politischer Ebene,<br />
also auf der Makroebene der Versorgung, notwendig.<br />
Forschungsprojekte mit dem Ansatz<br />
des Patient-<strong>Empowerment</strong><br />
Patient-<strong>Empowerment</strong> kann auf der Mikroebene gestärkt werden,<br />
indem die Ges<strong>und</strong>heitskompetenz von Patient*innen verbessert<br />
wird <strong>und</strong> sie befähigt werden, an Entscheidungs prozessen<br />
teilzunehmen (shared decision-making), oder indem sie<br />
Kompetenzen im Umgang mit einer Erkrankung entwickeln.<br />
Im psychiatrisch-psychotherapeutischen Kontext zeigte sich,<br />
dass die Förderung von <strong>Empowerment</strong> im Rahmen der Depressionsbehandlung<br />
zu einer Verbesserung der subjektiven<br />
Lebensqualität führen kann ( Panzhirsch et al., 2019). Patient-<strong>Empowerment</strong><br />
kann zudem helfen, Stigmatisierung psychisch<br />
erkrankter Menschen zu verringern <strong>und</strong> ihre Lebensqualität<br />
zu verbessern ( Huber et al., 2015). Aber auch die<br />
Entwicklung <strong>und</strong> die Evaluation unterstützender Maßnahmen<br />
Vor dem Hintergr<strong>und</strong> der Patient*innenorientierung im Ges<strong>und</strong>heitswesen<br />
werden am <strong>LVR</strong>-Institut für Versorgungsforschung<br />
(<strong>LVR</strong>-IVF) zwei Forschungsprojekte mit dem Ziel der<br />
Förderung des Patient-<strong>Empowerment</strong> durchgeführt: das Projekt<br />
CANDY (Bedarfsgerechte Versorgung von Brustkrebspatientinnen<br />
mit einer Behinderung – CAre appropriate to the<br />
Needs of breast cancer patients with DisabilitY) <strong>und</strong> das Projekt<br />
PsyKom (Implementierung <strong>und</strong> Evaluation eines Modells<br />
der personenzentrierten, psychosozialen Komplexbetreuung<br />
schwer Betroffener mit psychischen Störungen in der <strong>LVR</strong>-<br />
Klinik Köln). Darüber hinaus wird die Implementierung eines<br />
Trialogischen Forums als zentrales Element eines partizipativen<br />
Forschungsansatzes im <strong>LVR</strong>-IVF vorgestellt.<br />
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