LVR-Psychiatrie-Report 2020 - Empowerment und Partizipation

Eine Reise zu den
eigenen Wurzeln kann
für Klarheit sorgen.
gestalten. „Die Grundprofession spielt in der An wendung von
systemischen Techniken keine Rolle“, so der Pflegedirektor
der LVR-Klinik Mönchengladbach. Zudem sei die Grundhaltung
einiger Pflegetheorien – und damit die vieler Pfle ger*innen –
eng verwandt mit der systemischen Grundhal tung.
Ein weiterer Grundgedanke bei der Entscheidung zur Weiterbildung
ist die Möglichkeit für Pfleger*innen, auch ohne akademischen
Abschluss das therapeutische Zertifikat „Systemische
Therapie und Beratung“ zu erhalten.
Selbstreflexion - ein lebenslanger Lernprozess
Eine wichtige Voraussetzung zum systemisch beratenden Arbeiten
ist die eigene Reflexionsfähigkeit. Über fortlau fen de,
eben falls systemisch orientierte Selbsterfahrungsgrup pen
macht die Mönchengladbacher Klinik interessierten Pflegefachpersonen
hierzu Angebote, da Selbsterfahrung bisher nicht
Teil der Ausbildung von Pfleger*innen ist. Diese können für
das Erwerben des Zertifikats angerechnet wer den. Mehrere
Pflegefachkräfte und Psychotherapeut*innen arbeiten an einer
Zertifizierung. Bei der Umsetzung in die Praxis sind in
einigen Bereichen der Klinik bereits systemische Behandlungsstrukturen
entstan den, oft getragen durch den Pfle gedienst,
der konzep tu el le Veränderungen konstant beglei tet.
Patient* in nen in ter views bzw. Gespräche unter systemischen
Ge sichts punkten finden meist interdisziplinär statt.
Die Pfleger*innen haben Freude an dieser Form der Arbeit. Die
systemische Arbeit und die damit verbundene Haltung bereichern
das fachliche Handlungsrepertoire und erweisen sich
als praktikabel sowie zielführend im Alltag. Die Patient*innen
sind zu Beginn zunächst oft überrascht von den systemischen
Vorgehensweisen. So erscheinen die in der systemischen Be-
» Was müssten Sie tun, damit
es Ihnen noch schlechter geht? «
Frage aus der systemischen Beratung
ratung genutzten Fragen zunächst untypisch und fremd. Sie
tragen jedoch zum Anstoß wichtiger Behandlungsprozesse
sowie zu Weiterentwicklungen bei – sowohl bei Pa tient* innen
als auch bei Angehörigen. Positiv berichtet wird in diesem
Zuge vor allem von einem Mehr an erlebter Partizipation auf
Patient*innenseite sowie einer Stärkung der Eigenver ant wor -
tung auf Grundlage gut erarbeiteter Behandlungsaufträge,
die mittels der systemischen Vorgehensweise mit allen Beteiligten
gelungen abgestimmt sind.
Ziel: institutionelle systemische Zertifizierung
Die systemische Herangehensweise scheint somit ein gutes
Mittel zu sein, das Ziel von mehr Partizipation und auch Empowerment
zu erreichen. Die systemische Ausrichtung ist sehr
gut an andere Konzepte der LVR-Kliniken anknüpfbar, wie
etwa Safewards. Die LVR-Klinik Mönchengladbach hat jedoch
nicht zum Ziel, ein rein systemisches Behandlungsangebot zu
machen. Auch andere therapeutische und pflegerische Herangehensweisen
haben weiterhin ihren Platz. Systemische
Therapie und Beratung sind vielmehr als zusätzliche Behandlungsoptionen
anzusehen. Inzwischen hat man sich in der
LVR-Klinik Mönchengladbach dazu entschieden, eine institutionelle
systemische Zertifizierung anzustreben.
( Literatur bei den Verfasser*innen)
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