27.05.2021 Aufrufe

Kunstbulletin Juni 2021

Die Kunstbulletin Juni-Ausgabe 2021. Mit Beiträgen zu: Renée Levi, Olafur Eliasson, Mireille Gros, Franz Erhard Walther uvm.

Die Kunstbulletin Juni-Ausgabe 2021. Mit Beiträgen zu: Renée Levi, Olafur Eliasson, Mireille Gros, Franz Erhard Walther uvm.

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Monochromie rücken dem Flüchtigen der Ursprungsbilder zu Leibe. Einmischung,<br />

Abdeckung und Umrahmung bieten sausenden Schlenkern für einmal Halt. «Comme<br />

si de rien n’était» sind die einzigen Worte dieser Schau, als «Tag» an die Wand gesprüht<br />

ganz gegen den pittoresken Charme der bürgerlichen Villa: Als ob nichts wäre.<br />

Allzu ernst will sich die Kunst nicht nehmen gerade jetzt, wo das Publikum so lange<br />

draussen bleiben musste.<br />

Experimentelle Lust und der Kitzel des Einmaligen zeichnen die Schau und Levis<br />

Werk ganz allgemein aus. «Das kann ich auch.» Umso schöner: Renée Levi begrüsst,<br />

wenn ihr Schaffen diesen oft gehörten Satz provoziert. Ihre Kringel und Schlaufen,<br />

die ausgestrichene oder in Hard-Edge-Manier umrissene Farbe verzichten auf den<br />

Anschein der Perfektion. Deutlich trägt ihre «non-maîtrise» das Zufällige, das Handschriftliche<br />

und die Abweichung vor. Das Übermalen und Innehalten, der manchmal<br />

fokussierte und manchmal diffundierende Gestus halten den Einsatz des Körpers<br />

präsent: Wo die Künstlerin Linien kreisend aufeinanderhäuft und in Leserichtung<br />

gleichsam Feld um Feld bestellt, bleibt sie anwesend. Ungern lässt sie sich zuschauen,<br />

geschweige denn filmen in Aktion. Wenn sie wieder weg ist, feiert der Lauf von<br />

Pinsel, Roller oder Sprühdose nicht die Künstlerin, sondern frönt der Beweglichkeit<br />

unseres eigenen Blicks.<br />

-ée: Schrift, Hommage, Signatur<br />

Keine halbe Stunde entfernt mit dem Tram, schenkt auch das MAMCO in Genf<br />

Renée Levi bis im <strong>Juni</strong> einen eigenen Raum. Seit die Pandemie die Membran zwischen<br />

künstlerischer Produktion und Öffentlichkeit neu aufgespannt hat, konzentriert sich<br />

das Haus auf die Sammlung und damit auch auf die eigene Ausstellungsgeschichte.<br />

Renée Levi hatte hier 2000 eine grosse Einzelausstellung. Wände sind Werk geworden,<br />

schon damals. Fluoreszierendes Orange schlängelt sich in rechtwinkligen Einheiten<br />

zum fortlaufenden Labyrinth. Aus der linearen Eroberung des ganzen Grunds will sich<br />

fast Schrift isolieren, tanzende Körper, ein glühender Rost. Kurze Verzögerungen im<br />

nicht korrigierbaren Fortgang der Sprühspur durchsetzen die Fläche mit dunkleren<br />

Punkten, geben ihr einen irregulären Puls. Da steckt Zeit drin, Atem, gelegentlich sich<br />

ändernde Konzentration. Die strahlenden Wände nehmen ‹Corinna, Lucia, Renata,<br />

Léa›, 1994, in ihre Mitte. So heissen vier Kuben aus Filterschaum. Das Material ist mit<br />

roter Farbe getränkt und war hier der Installation vorausgegangen, mit der Levi 1999<br />

den Oberlichtsaal der Kunsthalle Basel in einen überdimensionierten Playground,<br />

einen weichen Sockel, ein blaues All-Over verwandelt hatte.<br />

Die Betitelung von Werken mit Frauennamen hat früh eingesetzt, bleibt Spiel,<br />

Pointe und verwebt Levis Schaffen in ein grosses Muster möglicher Identifikationen.<br />

Als Levi 2001 die Ziffer 2 als Rapport über die Fassade am Heizkraftwerk einer Wohnbaugenossenschaft<br />

in Oerlikon laufen liess, nannte sie das Kunst-und-Bau-Projekt<br />

‹Regina› in Erinnerung an die Frauenrechtlerin, Flüchtlingshelferin und humanitäre<br />

Aktivistin Regina Kägi (1889–1972). Ihrer Gestaltung des Jugendzentrums Dreirosen<br />

in Basel gab sie 2006 den türkischen Frauennamen ‹Ayse› mit. ‹Mia, Moira and Mi›<br />

FOKUS // RENÉE LEVI<br />

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