Kunstbulletin Juni 2021
Die Kunstbulletin Juni-Ausgabe 2021. Mit Beiträgen zu: Renée Levi, Olafur Eliasson, Mireille Gros, Franz Erhard Walther uvm.
Die Kunstbulletin Juni-Ausgabe 2021. Mit Beiträgen zu: Renée Levi, Olafur Eliasson, Mireille Gros, Franz Erhard Walther uvm.
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
de in Dänemark geboren und wuchs in Island auf. Heute lebt er in Berlin und versammelt<br />
in seinem Studio ein grosses interdisziplinäres Team aus Handwerkern, Architekten,<br />
Forschern, Historikern, Köchen und spezialisierten Technikern.<br />
Seine Erfahrung der ursprünglichen, rauen isländischen Natur fliesst in seine Arbeit<br />
ein. Er setzt sich viel mit physikalischen Phänomenen auseinander, untersucht<br />
Koexistenzen und macht auf den Klimawandel aufmerksam. Er arbeitet mit Skulptur,<br />
Malerei, Fotografie, Film, Performance, Installation und digitalen Medien. Besonders<br />
bekannt wurde er anfangs für seine raumgreifenden Lichtarbeiten.<br />
Symbiose und ein Akt der Fürsorge<br />
Olafur Eliasson versucht stets, ein breites Publikum durch architektonische Projekte,<br />
Interventionen und Aktionen im öffentlichen Raum zum Mitwirken einzuladen.<br />
Er fordert mit seinen Arbeiten unsere Perzeption heraus – sowohl die der Kunst als<br />
auch die unserer Umwelt. Zwischen 1998 und 2001 färbte er bereits für ‹Green River›,<br />
ein Projekt, das in verschiedenen Städten der Welt realisiert wurde, sechs Flüsse mit<br />
dem fluoreszierenden Farbstoff Uranin grün. Für das ‹Weather Project› installierte<br />
er 2003 in der Turbinenhalle der Tate Modern in London eine leuchtende, in Nebel<br />
gehüllte, künstliche Sonne. Für ‹Ice Watch› brachte er grosse Blöcke aus treibendem<br />
arktischem Gletschereis in die Innenstädte von Kopenhagen, 2014, Paris, 2015 (anlässlich<br />
der UN-Klimakonferenz COP 21) und London, 2018. Passanten konnten die<br />
Fragmente des grönländischen Eises berühren und Zeugen seiner vergänglichen Fragilität<br />
werden, das unter ihren Händen einfach wegschmolz – eine ebenso komplexe<br />
wie kontrovers diskutierte Aktion. Zuletzt in der Schweiz vertreten war Eliasson 2020<br />
im Kunsthaus Zürich mit seiner umfassenden Ausstellung ‹Symbiotic seeing›.<br />
«Wir müssen ehrlich sein. Wir müssen uns von unserer artspezifischen Arroganz<br />
befreien», schreibt die mit dem Künstler befreundete Kognitionswissenschaftlerin<br />
und Poetin Pireeni Sundaralingam. Sie erforscht, wie digitale Umgebungen unsere<br />
Aufmerksamkeit binden und Verhaltensmuster generieren, die auf einem Gefühl des<br />
Bedrohtseins basieren. Wie werden wir aber von unseren ganz natürlichen Sinnen,<br />
vom Erleben im physischen Raum beeinflusst und geleitet? Wie steuern die Sinne<br />
unser Bewusstsein? Olafur Eliasson wünscht sich, dass ‹Life› die Besuchenden dazu<br />
ermutigt, sich in einer «ausgedehnten, offenen Landschaft, die Unsicherheiten<br />
und Unwägbarkeiten zulässt, zu erfahren – nie allein, nie völlig getrennt, sondern als<br />
vielschichtige Wesen, die stets in grössere, unbändige Ökologien eingebunden sind».<br />
Dabei treten Geräusche, Gerüche und visuelle Bilder in einen spielerischen Dialog<br />
miteinander und lassen all unsere Sinne empfindsam und wach werden. Die untrennbare<br />
Symbiose von Mensch und Natur wird hier unausweichlich präsent, in einem<br />
verletzlichen Akt der Fürsorge und Hingabe.<br />
Valeska Stach, freie Autorin und Künstlerin aus Berlin, lebt und arbeitet in Basel.<br />
→ ‹Life − von Olafur Eliasson›, bis Mitte Juli, Fondation Beyeler, Riehen/Basel<br />
↗ life.fondationbeyeler.ch<br />
FOKUS // OLAFUR ELIASSON<br />
45