Ausgabe 02/2023

artig.“ Jedoch ist die Branche aufgrund von
Bilanzskandalen auch mit Negativschlagzeilen
konfrontiert. „Man darf nichts kleinreden
oder beschönigen. Hier ist unsere ganze
Branche gefragt: Wir müssen analysieren,
verstehen und daraus lernen.“ Ein wichtiger
Punkt in dieser Diskussion ist jedoch auch
eine klar abgesteckte Erwartungshaltung.
„Ein Wirtschaftsprüfer muss nicht gezielt
nach Malversationen suchen und allfällige
aufdecken. Er kann grundsätzlich von der
Richtigkeit der bereitgestellten Unterlagen
ausgehen. Er muss allerdings das Risiko, dass
ein Abschluss manipuliert sein könnte in seinen
Prüfungshandlungen berücksichtigen.“
Der Kunde, der geprüft werden soll, zahlt
für die Dienstleistung, und sucht sich seinen
Wirtschaftsprüfer selbst aus. „Das heißt,
wir sind natürlich auch in einem gewissen
Spannungsverhältnis zwischen Kundenorientierung
und unserem gesetzlichen Auftrag.“
Zudem würden die Prüfungen immer
komplexer: Die gesetzlichen Anforderungen
werden immer mehr, das Regulatorische sei
„unglaublich“ mittlerweile. Dazu kommt
der immer schärfer werdende Wettbewerb
zwischen den Beratungsunternehmen. „Man
darf den Preisdruck nicht unterschätzen.“
Doch könnte Künstliche Intelligenz in der
Wirtschaftsprüfung zu einer Entlastung führen?
Richter glaubt daran: „Ich glaube schon,
es wird aber immer wieder notwendig sein,
dass es eine Person gibt, die am Ende des Tages
das Testat abgibt und die Haftung übernimmt.
KI wird uns die Möglichkeiten geben,
tiefer in die Unternehmen hineinzuschauen
und vielleicht auch Dinge festzustellen, die
man selbst nicht so identifizieren würde.
Aber: Man darf auch, glaube ich, die menschliche
Komponente nicht vergessen.“
Was er besonders an seinem Job liebt, ist
die Abwechslung: „Ich mache klassische
Wirtschafts- und Due-Diligence-Arbeiten.
Zu meinen Klienten zählen Immobilienentwickler,
aber auch sehr viele Immobilienfonds.
Ich habe mit den unterschiedlichsten
Assetklassen und Investoren zu tun. Für
Abwechslung ist gesorgt.“
Lernen von den Unternehmen
Aber es gibt immer wieder neue Herausforderungen.
„Wenn man denkt, man hat schon einmal
alles gesehen, kommt immer wieder etwas
Neues dazu. Und das Interessanteste ist, dass
wir ja von und mit den Unternehmen lernen.“
Über mangelnde Arbeit kann sich Richter nicht
beklagen. Wobei Diskretion immer wichtiger
wird: „Ich glaube, die Berater müssen diese
Klausel noch ernster nehmen.“ Transaktionen
gibt es weiterhin. „Wir sehen viele Off-Market-
Transaktionen und Umstrukturierungen.“
Off-Market-Deals vor allem, weil die aktuelle
Preisbildung nicht funktioniert. „Da erzähle ich
Ihnen aber wahrscheinlich nichts Neues“. Auf
Unternehmensebene sind die „Loan to Value“
(LTV) aktuell doch recht angespannt. Diese
werden mit Aussicht auf möglicherweise oder
höchstwahrscheinlich sinkende Immobilienwerte
weiter unter Druck geraten. Dann wird
die Refinanzierung schwieriger verlaufen.
Refinanzierungen finden weiterhin statt, wenn
auch zu weit schlechteren Konditionen. „Am
Ende des Tages ist es ein Thema der Garantien,
die ich habe. Reichen diese aus, geben die Sicherheiten
das her, was sie versprechen – dann
gibt es auch weitere Refinanzierungen.“
Jetzt wird’s Zeit für den Nachtisch. Pfarrwirts
Crème brûlée und eine hausgemachte Palatschinke
mit Pfarrwirts Marillenmarmelade
kommen auf den Tisch, dazu Espresso schwarz.
Einige Unternehmen in seinem Portfolio
bereiten Richter Kopfzerbrechen. Das sind
insbesondere Grundstücksgesellschaften von
ausländischen Immobilienfonds, und darunter
vor allem geschlossene Immobilienfonds, die
jetzt teilweise ihr natürliches Ende erreichen.
Bei einem Fonds müssen die Gelder Ende des
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