Ausgabe 06/2023
| Der Optimist: Coverinterview mit Michael Schmidt | Zu Tisch mit … Jasmin Soravia | Immobuilien & Insolvenzen| Kommentare von unter anderem ... Klaus Baringer, Michael Pisecky, Hans Jörg Ulreich, Philipp Kaufmann., Georg Flödl, Beiglböck, Louis Obrowsky | Exklusiv im Interview mit Anton Bondi | Wein & Immobilien | Kolumnen von Wolfgang Fessl, Anita Körbler, Jasmin Sarovia | Real Circle – Nachhaltige Infrastruktur.
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gen sehr hohe Qualität beziehungsweise das<br />
Schaffen einer „Wohlfühl-Umgebung“ auch<br />
ihren Preis haben. „Damit schließt man gewisse<br />
Bevölkerungsgruppen aus“, sagt sie. Daher sei<br />
es schon notwendig, dass in irgendeiner Art und<br />
Weise Unterstützung vom Staat kommt. Sonst<br />
blühe Wien ein Szenario wie anderen Großstädten<br />
zuvor: „Die Reichen leben in einem Viertel.<br />
Die Armen in einem anderen Viertel.“<br />
Fokus auf Dekarbonisierung<br />
Wie Andreas Hofstätter, Lead Sustainability in<br />
Real Estate bei PwC Österreich, vom Sustainability-Team<br />
von PwC Österreich, zu Beginn der<br />
Diskussion in der Gruppe D festhält, wird in der<br />
Nachhaltigkeitsstrategie aktuell ein Fokus auf<br />
„Wir hätten es in der<br />
Hand, wahnsinnig viel<br />
zu bewegen.“<br />
Karin Schmidt-Mitscher,<br />
ERSTE Bank<br />
Dekarbonisierung und Lebenszyklusbetrachtung<br />
gesetzt. „Dabei wäre durchaus ein gesamtheitlicherer<br />
Zugang angebracht, etwa mit Hinblick<br />
auf soziale Aspekte wie die Verfügbarkeit von<br />
Kindergärten und Sozialwohnungen oder die<br />
Deckelung der Mietpreise.“ Derselben Meinung<br />
ist auch Constance Weiser, Architektin und<br />
Technische Leiterin bei Renowave: „Wird eine<br />
der drei Säulen der Nachhaltigkeit vernachlässigt,<br />
egal ob die soziale, die ökologische oder die<br />
ökonomische, kann nicht von Nachhaltigkeit<br />
gesprochen werden.“ „Nachhaltigkeit hat nicht<br />
nur einen Hebel, der eine Rolle spielt“, sagt auch<br />
Anita Körbler, geschäftsführende Gesellschafterin<br />
von trovato.<br />
Karin Schmidt-Mitscher, Bereichsleitung Wohnbau<br />
bei der ERSTE Bank, tut sich mitunter auch<br />
schwer mit der Klassifizierung von Nachhaltigkeit,<br />
wie sie einräumt. Bislang habe sie die<br />
Vorgabe gehabt, dass es in ihrem Kreditportfolio<br />
einen gewissen Anteil an „Grün“ geben müsse,<br />
was bei neuen Projekten ganz gut gelinge. „Wenn<br />
wir aber bis 2050 ein CO2-neutrales Kreditportfolio<br />
haben sollen, ist unklar, wie sich das ausgehen<br />
soll“, sagt sie und verweist auf die Laufzeiten<br />
bestehender Kredite im Wohnbau, die<br />
bis weit über 2050 hinausgehen würden.<br />
Nachsatz: „Wenn es hier keine zusätzlichen<br />
Anreize seitens des Gesetzgebers gibt, wie zum<br />
Beispiel Änderungen im Wohnrecht, wird es<br />
schwer.“<br />
EU-Taxonomie größter Hebel<br />
Schmidt-Mitscher glaubt, dass mehr bewegt<br />
werden könne, wenn beispielsweise Sanierungen<br />
vorgeschrieben werden, anstatt nur erwünscht.<br />
Für Architektin Weiser ist die EU-Taxonomie<br />
der derzeit größte Hebel zum Thema Nachhaltigkeit.<br />
„Davon sind allerdings nur die großen<br />
Player betroffen.“ PwC-Experte Hofstätter sieht<br />
den Gesetzgeber zwar als wichtigen Impulsgeber,<br />
verweist aber auf dessen eingeschränkte Wirkungszeit<br />
von fünf Jahren in Österreich – Stichwort<br />
Legislaturperiode. „Wichtig ist es, nicht<br />
nur regulatorische Vorgaben zu erlassen, sondern<br />
dabei auch eine Geschichte zu erzählen, durch<br />
die erst ein positiver Effekt ausgelöst werden<br />
kann“, meint er.<br />
„Infrastruktur und Nachhaltigkeit bedeuten am<br />
Land etwas anderes als in der Stadt“, steigt<br />
Wolfgang Fessl, Geschäftsführer von Reinberg<br />
& Partner, mit einem interessanten Aspekt in<br />
die Diskussion ein. „Am Land bedeutet gut<br />
ausgebaute Infrastruktur: eine Busstation und<br />
ein Lebensmittelhändler in Reichweite. In der<br />
Stadt gehört dazu nicht nur die Gas-, Wasser- und<br />
Fernwärmeleitung, sondern auch Schulen,<br />
Arztpraxen et cetera“, sagt Fessl.<br />
Körbler hat in den letzten beiden Jahren im<br />
Wohnbau eine interessante Entwicklung ausgemacht.<br />
„Für potenzielle Mieter reicht der<br />
Energieausweis allein nicht mehr aus. Heute<br />
wird danach gefragt, wann der Ausstieg aus<br />
fossilen Energieträgern geplant ist. Davor ist es<br />
noch darum gegangen, wann man einziehen<br />
kann oder wie die Grundrisse aussehen.“<br />
Bequemlichkeit statt Nachhaltigkeit<br />
„Seit Jahrzehnten stellen wir auf unsere Bequemlichkeit<br />
ab, nicht auf Nachhaltigkeit.<br />
Damit hat man die Leute gut fangen können.<br />
Man muss das durchbrechen und ehrlich sagen,<br />
dass es ein Stück unbequemer wird. Das ist aber<br />
nicht populär“, spricht Fessl ein grundsätzliches<br />
Problem an, wenn es ums Thema Nachhaltigkeit<br />
geht. PwC-Nachhaltigkeitsexperte Hofstätter<br />
pflichtet dem bei, meint aber, dass Verbote der<br />
falsche Hebel wären auf dem Weg in Richtung<br />
Nachhaltigkeit. „Unser gesellschaftliches System<br />
ist auf Wachstum und Bequemlichkeit ausgelegt,<br />
nicht auf Rückschritte. Das Verbot, mit dem<br />
Auto in die Arbeit fahren zu dürfen, ist nicht<br />
durchsetzbar“, sagt er. Erst wenn das Öffi-Ticket<br />
wesentlich billiger sei oder das Sammeltaxi am<br />
Stau vorbeifahren dürfe, wäre das sinnvoll. „Der<br />
Glauben, dass Wirtschaftswachstum unser<br />
Überleben sichert, geht sich mit Nachhaltigkeit<br />
nicht aus“, pflichtet Renowave-Expertin Weiser<br />
„Infrastruktur und Nachhaltigkeit<br />
bedeutet am Land etwas<br />
anderes als in der Stadt.“<br />
Wolfgang Fessl,<br />
Reinberg & Partner<br />
bei. „Auch der Gedanke, dass man besser lebt,<br />
wenn man weniger verbraucht, hat sich noch<br />
nicht durchgesetzt.“<br />
Insgesamt ist es für Anita Körbler wichtig,<br />
offen für Neues zu sein. „Man spricht zurzeit<br />
viel mehr über die Krisen und das Schlechte.<br />
Es geht uns aber offensichtlich immer noch<br />
zu gut, denn es ändert sich nichts.“ Für den<br />
Nachhaltigkeitsexperten Hofstätter sind sowohl<br />
Innovation wie auch Information wichtig.<br />
„Veränderungen sind immer mit großer Angst<br />
verbunden. Der Mensch ist in seiner Betrachtungsweise<br />
immer rückwärtsgewandt, daher<br />
machen es ihm positive Beispiele wesentlich<br />
leichter, Entscheidungen in die richtige Richtung<br />
zu lenken.“ Karin Schmidt-Mitscher hat<br />
schließlich das Schlusswort in der Gruppe D:<br />
„Wir hätten es in der Hand, wahnsinnig viel<br />
zu bewegen.“ <br />
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