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112 Heimspiel empfiehlt<br />
HipHop und Death Metal, Indie und Rock,<br />
Singer/Songwriter und Pop – kaum eine<br />
Stilistik, die nicht unter den Einsendungen<br />
zur Coca-Cola Soundwave Discovery Tour<br />
war. Über 1200 Acts haben mitgemacht<br />
und ihre Songs hochgeladen.<br />
Die Jury, in der Beatsteaks-Manager<br />
Eric Landmann, Oliver Plöger von 1Live,<br />
Linus Volkmann vom <strong>Intro</strong> u. a. sitzen, haben<br />
gut zu tun gehabt, daraus die 50 besten<br />
Songs zu wählen. Aus dieser Auswahl<br />
wurden im öffentlichen Online-Voting<br />
just die 20 besten gekürt. Die erhalten<br />
nun an vier Coaching-Wochenenden<br />
nochmal den letzten Schliff in Sachen<br />
Bühnenpräsenz, Vocal-Training, Instrumental-Coachings<br />
u. v. m. – und spielen<br />
dann im Juni beim großen Band-Clash<br />
bei Rock am Ring. Wer das im Einzelnen<br />
sein wird, soll in der kommenden Ausgabe<br />
verraten werden. Diesen Monat stellen<br />
wir zunächst vier herausragende Bands<br />
aus dem Teilnehmerfeld vor: Bloodwork,<br />
Sixxxteen, The Pill und Trikot.<br />
Weitere Informationen gibt es auf<br />
www.coke.de.<br />
The Amber Light<br />
Play<br />
CD // Superball Music / SPV<br />
The Amber Light gelingen auf<br />
ihrem zweiten Album gleich<br />
mehrere Spagate: Sie klingen<br />
gleichzeitig entspannt<br />
und kopflastig, eingängig und vertrackt,<br />
noisig und glatt. »Play« bewegt sich dabei<br />
konsequent auf der nicht immer eindeutigen<br />
Grenze zwischen Pop und Indie-<br />
Rock. Produziert wurde die Platte von Jean-Michel<br />
Tourette (Wir Sind Helden) und<br />
Jens Nickel (Automat), die ihr Handwerk<br />
beherrschen: Die Stücke kommen bei aller<br />
Gitarren- und Soundfrickelei warm und<br />
direkt rüber. Die feedbacklastigen ersten<br />
Songs mit ihren dynamisch ausufernden,<br />
sägenden Gitarrenparts machen in der<br />
zweiten Hälfte des Albums ruhigen, geradezu<br />
meditativen Stücken Platz, die ihrerseits<br />
nie balladesk klingen. Denn die<br />
Grundstimmung auf »Play« bleibt auch<br />
bei aller Ruhe unberechenbar. Darum<br />
und nicht zuletzt aufgrund der Stimme<br />
von Sänger Louis Gabbiani erinnern The<br />
Amber Light stellenweise an Placebo. Wie<br />
bei den britischen Kollegen ist es die lauernde<br />
Spannung, aus der die Songs ihre<br />
Intensität schöpfen – egal, ob laut oder<br />
leise. Richtig poppig klingen The Amber<br />
Light eigentlich nur beim neunten Track<br />
»Does It Ever Get Better«, der stellenweise<br />
an die energischeren Songs von Phoenix<br />
erinnert. Ein schönes, rundes Album.<br />
Philipp Jedicke<br />
Bloodwork<br />
Insufficient<br />
Die Lösung aller offenen<br />
Fragen kommt aus Paderborn.<br />
Endlich gibt es für die<br />
Metal-Szene keinen Anlass<br />
mehr, sich in Grabenkämpfen zu ergehen.<br />
Ist True Metal nicht der wahre Jakob? Was<br />
macht man mit den Emo/Screamo-Leuten:<br />
akzeptierende Jugendarbeit oder<br />
»Leave the hall«-Politik? Lässt sich aus<br />
der NWOBHM nicht doch noch etwas lernen?<br />
Und wenn ja: was? Bloodwork wissen<br />
es hochwahrscheinlich auch nicht,<br />
haben aber eine absolut überzeugende<br />
Antwort: zack, bumm, wusch. In nur ein<br />
paar Monaten produzierten die fünf ein<br />
Demo, das sämtliche Stilgrenzen unterläuft<br />
und in Sachen Härte und Tightness<br />
ungelogen neue Maßstäbe setzt. Bloodwork<br />
denken sich nichts dabei, ihre auf<br />
Strophengeballer folgenden Refrains mit<br />
melodiösem Gesang auszustaffieren. Und<br />
warum nicht auch mal ein Gitarrensolo in<br />
Terzschichtung? Bei Bloodwork ist alles<br />
drin und alles dran. »Insufficient« ist daran<br />
nun wirklich nichts.<br />
www.coke.de<br />
Daturah<br />
Reverie<br />
CD // Golden Antenna / Broken Silence<br />
Instrumentalmusik der ganz<br />
hohen Schule findet sich<br />
auf dem zweiten Album der<br />
Frankfurt-Main-Band Daturah,<br />
die auf »Reverie« gerade mal fünf<br />
Songs in 59 Minuten und 57 Sekunden unterbringt.<br />
Zwar ist es nicht ganz so, dass<br />
man darauf »durch die feinen Gitarrenwände<br />
kegelartig wie ein Vogel Greif im<br />
Sommerwind über der See weit nach oben<br />
gezogen« wird, wie es das Labelschreiben<br />
reichlich unlogisch verkaufen will, doch<br />
die Instrumental-Exkursionen zwischen<br />
Euphorie, Melancholie und echolastigem<br />
Gitarrenkrach sind allemal eine Reise<br />
wert. Der Opener »Ghost Track« weht<br />
sich zunächst mit leisem Computerrauschen<br />
ins Bewusstsein, in der Ferne fiept<br />
sich das Gitarrenfeedback warm, ein unheimliches<br />
Sprachsample giftet »Look at<br />
the fucking shit, you’re in!«, und dann stehen<br />
sie zum ersten Mal vor einem, diese<br />
massiven Gitarrenwände, die bei Daturah<br />
auch dann nicht langweilig werden, wenn<br />
man immer wieder gegen sie läuft. Mogwai<br />
fallen einem da natürlich immer ein,<br />
wobei Daturah ihre Songs weit epischer<br />
anlegen und so gut wie keine Popstrukturen<br />
zulassen. Andere würden vielleicht<br />
sagen, sie klängen wie eine Mischung aus<br />
Explosions In The Sky und Isis. Wie auch<br />
immer: Muss man haben. Daniel Koch<br />
Dear John Letter<br />
Between Leaves / Forestal<br />
CD // myspace.com/dearjohnletter<br />
Das Cover des Debüts von<br />
Dear John Letter ist vor allem<br />
eins: schwarz. Nur die Umrisse<br />
eines Blattes sind zu<br />
erkennen. Erst bei genauerem Hinsehen<br />
erkennt man die Nachzeichnungen der<br />
verwobenen Blattadern. Dazu der Bandname:<br />
Dear John Letter. Eine Wendung,<br />
die <strong>als</strong> Synonym für einen Brief steht, in<br />
dem das Ende einer Beziehung erklärt<br />
wird. Dabei steht die Hörbeziehung zu den<br />
Augsburgern doch erst ganz am Anfang.<br />
Einfach will es der Vierer dem Hörer nicht<br />
machen: Arrhythmische Drums laufen<br />
gegen punktgenaue Pickings; bittersüße<br />
Gesangsmelodien, die an Tools Maynard<br />
James Keenan erinnern, schweben über<br />
sperrigen, monotonen Riffs und werden<br />
zu minutenlangen Instrumental-Parts.<br />
Manchmal brachial wie bei The Ocean, Isis<br />
oder Aerogramme, manchmal nahezu fragil<br />
wie bei den isländischen Leisetretern<br />
Múm. Viel Liebe zum Detail, ein Faible für<br />
ausgefeilte Arrangements und Perfektionismus<br />
sind zu erkennen. Was das alles<br />
mit einem Ende zu tun hat? Nichts, lautet<br />
die Antwort. »Between Leaves / Forestal«<br />
ist kein Abgesang, sondern ein Aufbruch.<br />
Das kann man getrost so pathetisch stehen<br />
lassen. Thomas Markus<br />
Elmodic<br />
Monoism<br />
CD // A Different Drum<br />
Der Name Elmodic ist ein<br />
Anagramm des Wortes »melodic«.<br />
Das passt, denn die<br />
beiden Soundtüftler Martin<br />
Hanslbauer und Ingo Nordloh doktern<br />
nicht nur gerne an Wörtern herum.<br />
Noch viel lieber basteln die beiden mit<br />
ihren Synthesizern aus den 80ern an ihren<br />
eigenen Sounds und Klängen. Statt<br />
Samples und Remixes gibt es hier noch<br />
hausgemachten Synthie-Pop à la Depe-<br />
che Mode und Human League. Statt abzukupfern<br />
und zu modifizieren wird hier<br />
zusammengesteckt, gefeilt und selbst fabriziert,<br />
laut Bandinfo »wie kleine Jungs<br />
vor der Lego-Kiste«. Das Ergebnis dieses<br />
Prozesses wird dann digital in die USA<br />
geschickt, wo ein Gitarrist die Tracks um<br />
Riffs und Gitarrensoli ergänzt. Dennoch<br />
sind Elmodic keine bloße 80er-Jahre-Retro-Band,<br />
sondern eher die Fortführung<br />
der Acts von dam<strong>als</strong>, eine eigenständige<br />
Hommage an die Hochzeit des Electro-<br />
Pop. Das erkannte auch das US-Label A<br />
Different Drum und signte Elmodic, noch<br />
bevor das Duo überhaupt hierzulande einen<br />
Plattenvertrag hatte. Julia Gudzent<br />
Giovanni Ferrario<br />
Headquarter Delirium<br />
CD // Solaris Empire / Broken Silence<br />
Das Album von Giovanni<br />
Ferrario erscheint in einer<br />
interessanten Konstellation,<br />
denn Ferrario, der auch<br />
PJ Harvey <strong>als</strong> Tourgitarrist begleitet und<br />
in der Band des australischen Songwriters<br />
Hugo Race musiziert, ist eine durchaus<br />
prominente Figur der gar nicht mehr<br />
so kleinen italienischen Indieszene. Wie er<br />
nun allerdings auf das eher für Indie, Folk<br />
und Elektronik bekannte Berliner Label<br />
von Kitty Solaris gekommen ist, weiß wohl<br />
nur der Wind. Denn »Headquarter Delirium«<br />
ist in ihren Grundfesten eine klassische<br />
Rockplatte, die sich den Bezug auf<br />
experimentelle Elektronik und psychedelische<br />
Elemente aber nicht nehmen lässt.<br />
Die Stücke sind in ihren Sounds und Strukturen<br />
vielseitig, Ferrario rekurriert deutlich<br />
auf Blues und Rock der 70er. Zusammen<br />
ist all das eine zwar anregende und komplexe,<br />
aber alles andere <strong>als</strong> zeitgenössisch<br />
klingende Angelegenheit. Fans von Nick<br />
Cave und PJ Harvey sollte auch »Headquarter<br />
...« etwas geben. Wenn sich nun<br />
auch noch der einschlägige Berliner Indie-<br />
Underground eine Scheibe von Ferrarios<br />
Musik abschneiden würde, könnten auch<br />
dort noch einige interessante neue Facetten<br />
entstehen. Christian Steinbrink<br />
Jimi Berlin<br />
:zeitlupezeitlupe<br />
CD // Monstermusik<br />
»Weltuntergang im April« –<br />
schaut man aus dem Fenster,<br />
könnte man das fast<br />
glauben. Der Text des ersten<br />
Tracks auf »:zeitlupezeitlupe« lässt<br />
Düsteres vermuten, doch die Musik widerlegt<br />
diese Ahnung: Hier herrscht flockiger<br />
Poprock mit viel Akustikgitarre,<br />
E-Bow-Einsatz und einer betont coolen,<br />
lindenberg ähnlichen Gesangsstimme<br />
vor. Auch die anderen neun Lieder des<br />
Albums kommen musikalisch ohne extreme<br />
Gefühlsschwankungen aus. Mal<br />
ein bisschen soulig, mal ein bisschen indie,<br />
dabei aber immer mit einer musika-