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114 Heimspiel empfiehlt<br />

≥ me zwischen überheblichem Intellekto-Arschloch<br />

und Superheld die verworrensten<br />

Themenkomplexe in simplen, aber<br />

ins Schwarze treffenden Worten auszudrücken.<br />

»Dieser Trip den du erlebst und<br />

nach dem großen Leben strebst / Macht<br />

mir unverkennbar klar, wir sind kein Team<br />

mehr«, singt Ludes, und man weiß genau,<br />

wovon er redet. Schließlich waren wir alle<br />

schon mal da. Vor Mikroboy konnte man<br />

dieses »Staunen in meinem Gehirn« nie<br />

so richtig in Worte fassen. Doch jetzt verpackt<br />

der alles in poppige Gitarrenriffs<br />

und verkorkste Electro-Bleeps und hat für<br />

jede Stimmung den richtigen Satz parat,<br />

für jede liebeskranke Freundin den richtigen<br />

Rat, für jedes Poesiealbum das richtige<br />

Verslein, um auszudrücken, was man<br />

wirklich meint. Julia Gudzent<br />

Milkwood<br />

Mein langsames Leben<br />

CD // Bedheim Recording /<br />

www.milkwood.de<br />

»Mein langsames Leben«<br />

von Cornelius Kirfel a.k.a.<br />

Milkwood ist bereits dessen<br />

siebtes Album. Dieses<br />

Mal gibt es im Hause Milkwood allerdings<br />

weniger Frickeleien, weniger Melodieschichten<br />

und Elektronik, dafür<br />

oftm<strong>als</strong> nur Gitarre und Gesang. So sollen<br />

die Songs auch zum ersten Mal solo<br />

performbar sein. Kirfels Intonation erinnert<br />

manchmal an Malcolm Middleton,<br />

da er meist eher spricht <strong>als</strong> singt, mal<br />

Deutsch, mal Englisch. Manchmal verzichtet<br />

er auch ganz darauf, da er immer<br />

mehr Lieder <strong>als</strong> Texte habe. Seine neuen<br />

Songs versprühen ein sprödes Flair von Insichgekehrtheit<br />

und melancholischer Einsamkeit,<br />

wie man es genau von dieser Art<br />

Gitarrenstücken kennt. Die Country-Anleihen<br />

verstärken diesen atmosphärischen<br />

Eindruck noch. Manche Songs scheinen<br />

gar auf einen Eintrag in der »Mundorgel«<br />

zu schielen, so volksliedartig kommen sie<br />

daher. Zum Beispiel »Idaho«, das klingt<br />

wie ein Klassiker aus einem Roadmovie,<br />

den Erwachsene alleine hören und Jugendliche<br />

bei Sit-ins selbst spielen, nach<br />

»House Of The Rising Sun« und vor einem<br />

Lied von Tocotronic. Oder Fink. Oder einem<br />

Schluck Lambrusco. Vanessa Romotzky<br />

Motosushi<br />

One Hundred Lovers<br />

CD // Revolution Records<br />

Mehr <strong>als</strong> zehn Jahre gibt es<br />

Motosushi aus dem Ruhrgebiet<br />

nun schon. Außer auf einigen<br />

Demos und einer Debüt-EP<br />

waren die vier mit den klingenden<br />

Künstlernamen Donata, Kushko Da Volta,<br />

The Stirkat und J. Boheme bisher nur auf<br />

Samplern zu hören. Das soll sich nun ändern.<br />

Acht Songs sind auf »One Hundred<br />

Lovers« vertreten, und auch hier hört sich<br />

vieles ungeglättet und nach Demo an, doch<br />

das gehört wohl zur Underground-Attitüde<br />

der Band. Motosushi spielen ihren Alternative<br />

Rock auf eine Art, wie man sie aus<br />

den Neunzigern kennt und mit der Kollegen<br />

wie die Ulmer Die Happy jahrelang erfolgreich<br />

waren: Hardcore- und metalähnliche<br />

Riffs wechseln sich mit melodiösen<br />

Zwischenteilen ab. Gemeinsam ist den<br />

Songs eine grundlegende Melancholie, die<br />

schnell in Wut umschlagen kann. »Better<br />

know that I will make it!« singt Sängerin<br />

Donata zum Beispiel im Titelsong. Es ist<br />

Motosushi nach langer Karriere mit Höhen<br />

und Tiefen zu wünschen. Trotzdem bleibt<br />

das wohl eher unwahrscheinlich, denn ihr<br />

Album klingt nun mal, <strong>als</strong> käme es genau<br />

zehn Jahre zu spät. Philipp Jedicke<br />

The Pill<br />

Even If I Crash<br />

Es ist eine Reise durch die<br />

Synthieverdrahtung der<br />

Siebziger und die FM-Synthese<br />

der Achtziger – aber<br />

eben eine ohne Anfang und Ende, ohne<br />

Routenplaner und ein Ziel vor Augen: So<br />

macht Zeitreisen Spaß. Bei The Pill handelt<br />

es sich um Matua, der den Bewohnern<br />

des Rheinlands durch dessen Electroclash-Partyreihe<br />

»Looneyland« zum<br />

Begriff wurde. Sein kongenialer Partner<br />

Laurent Konrad wirbelte mit den Tracks<br />

»Rock U« und »Spread Love« die Dance-<br />

Scene auf, remixte bereits Moby und Tomcraft.<br />

Ihr gemeinsames Schaffen <strong>als</strong> The<br />

Pill gab an dieser Stelle vor einiger Zeit bereits<br />

Anlass zu freudiger Berichterstattung:<br />

»Sie verlaufen sich im stilistischen<br />

Grenzland zwischen Pop und Electro«,<br />

so stand es geschrieben. Das ist auch<br />

der Grund, weswegen sie weiterhin ihrer<br />

Wege irrlichtern und man gut beraten ist,<br />

Fährte aufzunehmen. Es wird Zeit, The Pill<br />

einmal live und in Farbe zu begegnen. Am<br />

besten auf der ganz großen Bühne.<br />

www.coke.de<br />

Rye<br />

My Reality<br />

CD // Girafe / Indigo<br />

Es gibt diese verflucht süßen,<br />

synthetisch-roten Cocktailkirschen,<br />

in die man entweder<br />

sofort reinbeißen möchte<br />

oder die einem so süß erscheinen, dass<br />

man sie lieber direkt an die Seite legt.<br />

Ähnlich geht es einem beim ersten Höreindruck<br />

von »My Reality«. Die Berliner<br />

Sängerin Rye hat eine wunderbar sou-<br />

lige, warme Alt-Stimme, die grammyüberladenen<br />

Talenten wie Norah Jones in<br />

nichts nachsteht. Die Vorbilder sind laut<br />

Ryes MySpace-Seite jedoch ältere Semester:<br />

Hendrix, Janis Joplin und Jazzer wie<br />

Coltrane. Schade jedoch, dass von deren<br />

Mut zur Kante auf dem Debüt nicht so viel<br />

zu hören ist. Bei »Rockbone Soul« kokettiert<br />

sie mit Country, Western und Steelguitar,<br />

bei »Day In April« wird es zeitweise etwas<br />

düsterer, das Gros der Songs auf »My<br />

Reality« sind jedoch Singer/Songwriter-<br />

Nummern mit Soul- und Jazz-Einschlag,<br />

die irgendwo zwischen den leichten Momenten<br />

von Beth Orton und der Seichtigkeit<br />

von Amanda Marshall pendeln. Hochwertig<br />

allemal, auch gefühlvoll, aber eben<br />

zuckersüß. Thomas Markus<br />

Sixxxteen<br />

Dead Man Walking<br />

Es ist der gute alte Geist des<br />

guten alten Punkrock: Sixxxteen<br />

wissen ziemlich genau,<br />

was sie nicht wollen. Zum<br />

Beispiel auf der »neuen alten deutschen<br />

Welle« mitsurfen, »deren billige Klone man<br />

deutschlandweit zurzeit erleiden muss«,<br />

wie das Bandinfo hübsch poltert. Oder Musik<br />

machen, die von hippen Studentenmusikmagazinen<br />

gemocht wird. Als wäre<br />

diese Einstellung noch nicht angenehm<br />

genug, machen sich Sixxxteen die Mühe,<br />

einen sehr brauchbaren Gegenentwurf<br />

zu ent wickeln: »Musik für Leute« möchte<br />

man machen, »Punkt«. Das Quartett<br />

aus Bremen weiß genau, womit man den<br />

Menschen draußen im Lande eine Freude<br />

machen kann: mit Songtexten, die Geschichten<br />

erzählen. Richtige Geschichten,<br />

die aus dem Leben stammen, das sich in<br />

der Eckkneipe abspielt, aber das Oberstübchen<br />

nicht mit introspektivem Erlebnisschrott<br />

vollmüllen. Die musikalische<br />

Darbietung ist graziös, vermeidet Angeberei,<br />

ist aber dem steten Bemühen um gutes<br />

Spiel strengstens verpflichtet. Die guten<br />

Dinge können so einfach sein: Wären alle<br />

Bands so wie Sixxxteen, das Leben wäre<br />

vielleicht nicht besser, aber toller.<br />

www.coke.de<br />

St. Emmi<br />

Weiß: Der Himmel<br />

CD // Tummetot Tonträger<br />

St. Emmi – das ist keine<br />

Band, sondern ein Songwriter<br />

im Bandgewand. Offenbar<br />

ein Typ aus Siegen mit<br />

guten Verbindungen nach Hamburg, so<br />

deuten es die Linernotes an. Er heißt eigentlich<br />

Christian Stemman, und es ist ja<br />

schon mal echt süß, von so einem Nachnamen<br />

auf so einen Künstlernamen zu<br />

kommen. Wenn man sich die Songs anhört,<br />

wird man direkt bestätigt und denkt:<br />

Bestimmt ein sehr süßer und sympathischer<br />

Typ, dieser St. Emmi. Ein klassischer<br />

Indie-Junge eben. Einer, der sich<br />

denkt: »Verdammt noch mal, die Erste von<br />

den Tocos ist nun mal meine Lieblingsplatte,<br />

und wenn die Gitarren schrammeln<br />

wie in den frühen 90ern bei den Lemonheads,<br />

dann bringt das mein Lebensgefühl<br />

eben zu 100 Prozent auf den Punkt.<br />

Soll ich mich hier jetzt verstellen, nur um<br />

etwas zu produzieren, das vermeintlich<br />

weniger referenziell klingt?« Ach Quatsch,<br />

St. Emmi soll genau so eine Musik spielen<br />

und mit seiner verschnupften Stimme<br />

von gescheiterten Wiedersehen mit<br />

alten Freunden in Stammkneipen singen.<br />

Passt schon. Dass er damit innerhalb<br />

des nächsten Jahres nicht zum Szene-Stern<br />

der Stunde aufsteigen wird, das<br />

weiß: nicht nur der Himmel, das weiß er<br />

bestimmt auch selbst.<br />

Oliver Minck<br />

Trikot<br />

Gänsehautboy<br />

Trikot sind die Band des Augenblicks.<br />

Für das Berliner<br />

Trio gibt es kein Gestern und<br />

kein Morgen. Erinnerungen,<br />

Hoffnung – all das fließt zusammen zu<br />

einem ebenso radikalen wie nonchalanten<br />

Bekenntnis zu einem Leben im Hier und<br />

Jetzt. Trikot, den in die Berliner Leichtigkeit<br />

Eingeweihten noch unter dem ehemaligen<br />

Namen Autopilot bekannt, verbinden retromäßige<br />

Analogsounds mit einem edlen,<br />

neomodernistischen Minimalismus: Inga<br />

Humpe dürfte vor Neid weiter erblonden.<br />

Erfrischenderweise ist dies einmal nicht<br />

der Sound für die Digitale Boheme, die<br />

nach einer Musik sucht, die zum Geräusch<br />

des Mahlwerks ihrer Espressomaschine<br />

passt. Trikot ist eine Band, die das Aufschäumen<br />

von Milch überflüssig macht.<br />

Susan Pawlak hat eine Stimme, die einen<br />

ahnen lässt, dass es das Glück wider alle<br />

Erfahrung doch geben könnte. Dankenswerterweise<br />

sagt sie auch, worin genau es<br />

besteht: »Wir lagen nackt im Gras und unterhielten<br />

uns über Baudelaire.« Dem ist<br />

unmöglich etwas hinzuzufügen.<br />

www.coke.de

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