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038 Musik<br />
Portishead<br />
LOST<br />
Mit »Dummy« veröffentlichten Portishead 1994 ein<br />
Debüt, das zusammen mit den ersten Alben von<br />
Massive Attack und Tricky den Ruf von Bristol <strong>als</strong> neues<br />
Seattle begründete. Doch die Mischung aus Slo-Mo-<br />
HipHop, 60s-Spionage-Soundtracks und Torch-Gesang<br />
wurde bald zur Formel. Heiko Hoffmann widmet sich<br />
dem dritten Album der Band, die niemand mehr auf<br />
der Rechnung hatte. Foto: Adam Faraday.<br />
Ein Zufall? Sowohl Portishead (»Glory<br />
Box«, 1994) <strong>als</strong> auch Tricky (»Hell Is<br />
Around The Corner«, 1995) sampleten die<br />
gleiche Passage aus Isaac Hayes’ »Ike’s<br />
Rap III«. Mit unterschiedlicher Wirkung:<br />
»Wo Portishead sich auf den inneren Dialog<br />
über Gefühle und Liebe konzentrieren,<br />
ist Tricky weit draußen, in einer feindlichen<br />
Welt«, verglich der englische Autor<br />
Jon Savage den Einsatz des Samples.<br />
<strong>24</strong>. Juli 1997. Geoff Barrow sitzt in einem<br />
Hotelzimmer an der New Yorker<br />
Fifth Avenue und erzählt, worauf<br />
es ihm beim gerade fertiggestellten<br />
zweiten Portishead-Album ankam. »Wir wollten ausschließlich<br />
unsere eigenen Samples machen. Für unser<br />
erstes Album haben wir noch auf alte Platten von Isaac<br />
Isaac Hayes Hayes oder Weather Report zurückgegriffen. Diesmal haben<br />
wir eigene Loops angefertigt, sie auf Vinyl gepresst<br />
und dann mit Scratches und Blenden in die Produktion<br />
einfließen lassen.« Später am Abend treten Portishead<br />
mit einem Orchester im Roseland Ballroom auf, der Mitschnitt<br />
des Konzerts, »Roseland NYC«, erscheint im Jahr<br />
darauf. Die Musik ist komplett live, nur das ständige Vinylknacksen,<br />
das die Songs künstlich altern lässt, kommt<br />
aus dem Computer.<br />
Fast elf Jahre später sitzen zwei Drittel von Portishead,<br />
Geoff Barrow und Adrian Utley (Sängerin Beth Gibbons<br />
zieht es wie meistens vor, keine Interviews zu geben), im<br />
Berliner Büro ihrer Plattenfirma. Und tatsächlich ist im<br />
letzten Jahrzehnt, sieht man von einigen wenigen Remixen<br />
und einem enttäuschenden Beitrag für eine Serge-<br />
Gainsbourg-Compilation ab, keine neue Musik von Portishead<br />
erschienen. Den Grund dafür konnte man bereits<br />
auf dem selbst betitelten letzten Album und dem Live-Album<br />
hören. Die Musik von Portishead, die auf ihrem 1994<br />
erschienenen Debüt »Dummy« noch bahnbrechend neu<br />
wirkte, war nur drei Jahre später zum Klischee verkommen.<br />
Ihre Mischung aus verlangsamten HipHop-Beats,<br />
gescratchten Lalo-Schifrin-Soundtrack-Samples und<br />
weiblichem Torch-Gesang ließ Plattenfirmen unzählige<br />
TripHop-Acts unter Vertrag nehmen. Und selbst TV-Werbemusik<br />
sollte durch Vinylknackser gleichzeitig Authentizität<br />
und Hipness verliehen werden. Da half es wenig,<br />
dass Portishead Samples durch Selbsteingespieltes austauschten.<br />
Und so großartig ihr Konzert im Roseland Ballroom<br />
auch war, das nachgereichte Live-Album und -Video<br />
(DVDs gab es dam<strong>als</strong> noch nicht) schienen rückblickend<br />
eine Art »Greatest Hits« einer Gruppe zu sein, bei der Karriere-Start,<br />
-Höhepunkt und -Ende so eng zusammenlagen<br />
wie selten zuvor.<br />
»Nachdem wir unser zweites Album veröffentlicht, das<br />
Live-Album aufgenommen und getourt hatten, waren wir<br />
emotional und körperlich erschöpft«, gesteht Adrian Utley,<br />
der anschließend an Soundtracks und anderen Auftragsprojekten<br />
arbeitete, während Beth Gibbons <strong>als</strong> Einzige<br />
der drei ein Soloalbum aufnahm. Dennoch war dem<br />
Trio klar, dass sie irgendwann wieder gemeinsam Musik<br />
machen würden. 2001 trafen sie sich dafür in Australien,<br />
nur um frustriert festzustellen, dass ihnen kein wirkliches<br />
Konzept für eine neue Platte einfiel. »Ich hatte Hunderte<br />
von Platten gekauft, sie gesamplet, geloopt und Backing-