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062 Film<br />

GIB DEM AFFEN<br />

FOOTAGE<br />

Von »Robinson Crusoe« über »Werther« hin zum »Blair Witch Project«, »Cloverfi eld« und<br />

»[•REC]«. Dietmar Kammerer war im Kino, um sich den neuesten Horror in Found-Footage-<br />

Ästhetik anzusehen – und holt zum blutigen Assoziationskettenmassaker aus.<br />

N ur<br />

die Kamera überlebt: Ein paar Jahre ist es<br />

schon her, dass im »Blair Witch Project« ein<br />

Film die schöne Prämisse durchexerzierte,<br />

wonach das, was wir zu sehen bekommen,<br />

kein Produkt raffinierter Inszenierung ist, sondern vorgefundenes<br />

Material. Das letzte Zeugnis einer dermaßen<br />

Schrecken erregenden Begebenheit, dass nur noch die Kamera<br />

von ihr berichten kann, weil alle sonstigen Beteiligten<br />

ins Gras beißen mussten. Das Prinzip ist nicht neu: Schon<br />

Daniel Defoe vermied es tunlichst, seinen Namen auf der<br />

Erstausgabe der Tagebücher eines gewissen »Robinson<br />

Crusoe« erscheinen zu lassen. Auch Goethe hat die Briefe<br />

des jungen Werther lediglich vermittelnd an die Leser weitergegeben.<br />

Okay, genug verstaubte Literaturgeschichte.<br />

Das Kino hat das Zepter übernommen und präsentiert in<br />

rascher Folge Found-Footage-Horror: Im Januar erst hat J.<br />

J. Abrams in »Cloverfield« eine schrumpfende Gruppe von<br />

Hobbyfilmern durch New York gejagt, das mal wieder von<br />

einer Monster-Attacke heimgesucht wird. Schon im letzten<br />

Jahr, aber noch ohne deutschen Starttermin, lieferte George<br />

Romero mit »Diary Of The Dead« den fünften Teil seiner<br />

Zombie-Saga – angelegt <strong>als</strong> Video-Tagebuch. Das Dilemma<br />

der Echtzeit-Horror-Dramen liegt darin, dass niemand, der<br />

auch nur ein bisschen Verstand bewahrt hat, die Kamera<br />

draufhält, wenn eine Gruppe hungriger Untoter auf ihn zu<br />

gerannt kommt. Und wenn, ist das Ganze so verwackelt,<br />

dass dem Kinopublikum auch ohne Schockeffekte, Kunstblut<br />

und offen gelegte Hirnschalen übel wird.<br />

Die Regisseure Balagueró und Plaza dachten sich wohl<br />

dasselbe und schicken daher in [•REC] ein Fernsehteam<br />

an die Zombie-Front. Die können halt nicht anders. Es beginnt<br />

harmlos. Eine Moderatorin und ihr Kameramann verbringen<br />

die Nacht in einer Feuerwehr-Station, dokumentieren<br />

die Routine, warten auf einen möglichen Einsatz.<br />

Dann der Anruf: Eine alte Frau hat sich in ihrer Wohnung<br />

eingeschlossen, Nachbarn haben fürchterliche Schreie<br />

gehört. Als das Team im Haus ankommt, gerät die Situation<br />

innerhalb von Minuten außer Kontrolle – und sämtliche<br />

Ausgänge sind abgesperrt, denn die Regierung will<br />

eine Verbreitung der Plage verhindern. System zu, Druck<br />

erhöhen. Ein intelligent mit den bekannten Elementen inszenierter<br />

Schocker für Liebhaber des Genres. Die wahren<br />

Fans werden zwar kaum Überraschendes, dafür viel Unterhaltsames<br />

darin finden.<br />

[•REC] (E 2007; R: Jaume Balagueró, Paco Plaza;<br />

D: Javier Botet, Manuel Bronchud, Martha Carbonell; 08.05.).<br />

Preview-Termine: www.intro.de/previews<br />

Ben X<br />

Ein eigenbrötlerischer Junge wird gehänselt<br />

und flüchtet sich in die Welt der Computerspiele.<br />

Wir wissen, wie das ausgeht:<br />

Schulhofmassaker! In Nic Balthazars<br />

Spielfilmdebüt »Ben X« denkt man sehr<br />

lange an eine solche Auflösung. Der Regisseur<br />

selbst ist daran nicht ganz unschuldig.<br />

Das Drama wird im Rückblick<br />

erzählt: In pseudodokumentarischen<br />

Interviews mit Beteiligten erfahren wir,<br />

dass das Unheil nicht hätte passieren<br />

dürfen. Tatsächlich geht es aber um einen<br />

17-jährigen, leicht autistischen Jungen,<br />

der nicht Täter, sondern Opfer von<br />

Gewalt ist. Ben findet sich im Leben<br />

nicht zurecht und braucht Stützen, die<br />

ihm Sicherheit suggerieren. So pflegt er<br />

zwanghaft Rituale und filmt ständig seine<br />

Umwelt. In »Ben X« verschlingen sich<br />

Themen der digitalen Welt: Ben wird von<br />

seinen Mitschülern nicht nur schikaniert,<br />

sie stellen seine per Handy gefilmte<br />

Schmach sogar für alle sichtbar ins Netz.<br />

Als Kontrapunkt dient Bens Rückzug in<br />

die Fantasywelt des Online-Computerspiels<br />

»Archlord«. Dort ist er stark und<br />

mächtig, trifft auch immer wieder auf<br />

seine Spielpartnerin Scarlite, die »Heilerin«.<br />

Das kann man wörtlich in die reale<br />

Welt übertragen, denn Scarlite ist die<br />

Einzige, die die Gefahr erkennt und versucht,<br />

in der Wirklichkeit 1.0 mit ihm in<br />

Kontakt zu treten. Auf Bens autistische<br />

Störung ist sie aber auch nicht vorbereitet.<br />

Die Szene, wo Ben auf Scarlite trifft,<br />

ist ein Highlight des Films. Hauptdarsteller<br />

Greg Timmermans macht Bens Paranoia<br />

auch sonst spürbar. Die Bilder des<br />

Games legen sich immer wieder über<br />

sein Wahrnehmungsfeld. Novum: Nic<br />

Balthazar hat »Archlord« nach einem<br />

festen Drehbuch spielen lassen, um die<br />

fürs Filmskript passenden Bilder zu bekommen.<br />

Christian Meyer<br />

Ben X (B/NL; R: Nic Balthazar; D: Greg Timmermans,<br />

Laura Verlinden, Marijke Pinoy; 08.05.)

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