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Peters<br />
HIER WIRD GAR NICHTS<br />
WIEDER GUT<br />
Sie saufen, sind derb, sind Kumpels von Bratze und haben sich<br />
nach einem Lübecker Autohaus benannt.<br />
K lar,<br />
Underground ist Underground, Underground<br />
hat seine eigenen Kanäle und seine<br />
eigene Kundschaft und soll und will auch<br />
Underground bleiben. Trotzdem: Muss man<br />
die Weltöffentlichkeit auf eine derart tolle Platte wie die der<br />
Hamburger Peters nicht zumindest hinweisen? Der Puls von<br />
Post-Hardcore schlägt zwar nach wie vor in den USA, aber<br />
auch in Europa und Deutschland finden sich Szenen und<br />
Bands, die das hohe Level aus Übersee mindestens halten<br />
können. Dazu gehören zweifelsohne auch die Ex-Lübecker,<br />
die erst jetzt, immerhin zwölf Jahre nach Bandgründung,<br />
beim formidablen Kölner DIY-Label Unterm Durchschnitt<br />
ihr erstes Album herausbringen. Lange hat die Band an ihren<br />
Songs gefeilt, lange Wege von Studienort zu Studienort<br />
auf sich genommen – es hat sich gelohnt. Peters glänzen<br />
mit ungemein komplexen Songs, perfekten Gitarrenarrangements,<br />
wirkungsvollen Tempowechseln und einer<br />
packenden Dynamik. Darüber singt, jault und brüllt Sänger<br />
Torben, mal drohend, mal enthusiastisch, mal düster oder<br />
fordernd. Die Texte haben in ihrer Wut einen politisierten<br />
Appeal, changieren zwischen abstrakt und konkret und sind<br />
lisch straighten Grundstimmung, erinnert<br />
der Sound von Jimi Berlin an Nationalgalerie<br />
(im Song »Mmh ... Evelyn«) oder die<br />
ruhigeren Selig-Sachen (»Bei dir«), nur mit<br />
etwas mehr DIY-Charme. Kehrt hier ein<br />
verloren geglaubter Sound aus den frühen<br />
Neunzigern zurück? Jedenfalls nicht<br />
aus dem Nichts, denn »:zeitlupezeitlupe«<br />
ist bereits der vierte Longplayer des Trios.<br />
Passenderweise heißt ein Stück »Gute<br />
Rockmusik«, was man bis auf wenige Ausnahmen<br />
auch über das gesamte Album<br />
sagen kann. Oder: Liebeslieder, ideal für<br />
Sonntagnachmittage. Jedenfalls gut gemacht<br />
und sehr entspannt dabei.<br />
Philipp Jedicke<br />
Die Kleinen Götter<br />
Zuhause<br />
CD // MossBEACH / Rough Trade<br />
Zuhause – im Fall der Kleinen<br />
Götter handelt es sich dabei<br />
um das hübsche Konstanz<br />
am wunderschönen Boden-<br />
enorm druckvoll. »Wir wollen keine einfachen Slogans, so<br />
wahr sie auch sein mögen«, erklärt Torben. Mal klingt das<br />
nach den Goldenen Zitronen, dann nach Cpt. Kirk & oder<br />
Brüllen, international können Les Savy Fav und North Of<br />
America <strong>als</strong> Referenzen herhalten.<br />
»Auffallen durch umfallen« bietet dabei sogar noch deutlich<br />
mehr <strong>als</strong> ein aufwühlendes und komplexes Klangbild.<br />
Die Platte hat wärmend-poppige Momente, sie erzählt Geschichten,<br />
sie meistert mit »Zur Lage der Nation« auch mal<br />
vorzüglich den ausgelatschten Pfad der vertonten Medienkritik,<br />
sie lässt den Hörer aber auch auf unmittelbare Art<br />
und Weise teilhaben an Schmerz und Verwirrung, trotziger<br />
Ironie und Stolz. Sie macht es niemandem leicht, sie strotzt<br />
aber vor Substanz und Kraft. Es ist lange her, dass in dem<br />
Genre eine solch gute Platte aus diesen Breiten erschien.<br />
Verdammt viel für eine Band, die es eigentlich nur gibt, damit<br />
sich alte Schulfreunde nicht aus den Augen verlieren.<br />
Christian Steinbrink<br />
Peters »Auffallen durch umfallen«<br />
(CD // Unterm Durchschnitt / Broken Silence)<br />
see. Auf dem Cover ihrer neuen Platte stehen<br />
sie am dortigen Hauptbahnhof, wahrscheinlich<br />
sind sie gerade aus Stuttgart<br />
gekommen oder aus Berlin oder wohin es<br />
süddeutsche Provinzler um die 30 halt so<br />
hin verschlagen hat. In der alten Heimat<br />
kommt man dann zusammen, um die alte<br />
Band am Laufen zu halten, die man immerhin<br />
schon seit zwölf Jahren betreibt<br />
und deren Ende wohl auch das Ende der<br />
eigenen Jugend bedeuten würde. Dank<br />
jahrelangem Training verfügt man inzwischen<br />
immerhin über das Know-how, um<br />
eine amtliche Produktion an den Start<br />
zu bringen. Die klingt zwar alles andere<br />
<strong>als</strong> modern oder innovativ, aber darum<br />
geht’s ja nun wirklich nicht. Ganz uneitel<br />
nehmen Die Kleinen Götter dem Rezensenten<br />
mit ihrem Infozettel die Arbeit ab<br />
und sagen’s, wie es ist. Stil: Punkrock / Indierock.<br />
Referenzbands: Die Ärzte, Kettcar,<br />
Madsen. Wobei: Kettcar? Ansonsten<br />
passt’s aber total. Vielleicht kann man es<br />
auch so sagen: Die Kleinen Götter sind so<br />
was wie Die Ärzte in ernst. Oder: Die Ärzte<br />
mit Uniabschluss. Oder einfach: Die Ärzte<br />
vom Bodensee.<br />
Oliver Minck<br />
Likk<br />
Squeezed<br />
CD // www.couchncandle.de<br />
Likk aus Hamburg macht<br />
Musik nach eigenen Regeln.<br />
Zunächst denkt man, dass<br />
hier irgendwie gar nichts zusammenpasst.<br />
Gitarre, Stimme, Rhythmus,<br />
Zier- und Störsounds – alles spielt in<br />
einer eigenen Welt. Verspinnt sich in sich<br />
selbst. Trifft sich wie zufällig. Der schräge<br />
Sound ist in seiner Ruhe überhaupt<br />
nicht aufdringlich. Irgendwann stellt<br />
man fest: Es ist keine Wahllosigkeit, die<br />
hier herrscht, Likk arrangiert seine Musik<br />
eher wie ein Hörspiel, durchaus mit<br />
Dramaturgie, nur eben nicht mit der Dramaturgie,<br />
die man von Popsongs erst mal<br />
erwarten würde. Obwohl sich nach einer<br />
Heimspiel empfiehlt 113<br />
Eingewöhnungsphase auch immer wieder<br />
zartschmelzende Melodien, beinahe<br />
Hooklines herausschälen. »Squeezed«,<br />
das Titelstück, ist so eine wundervolle<br />
Nummer, die mit all ihrem Space<br />
fast schon in Sigur Rós’sche Sphären<br />
auswandert. Opulenz wird hier aber mit<br />
Bedacht eingesetzt. Eigentlich ist es gerade<br />
die Beschränktheit der Mittel, das<br />
Zurückgenommene, das »Squeezed« zu<br />
einer so ungewöhnlich schönen selbst gebastelten<br />
Platte macht.<br />
Oliver Minck<br />
Microstern<br />
Airplanes And Sparrows<br />
CD // Kasabi Tunez / Broken Silence<br />
Die Geschichte von Microstern<br />
ist die Geschichte vom<br />
Entstehen einer Gemeinschaft.<br />
Ursprünglich <strong>als</strong><br />
solitäres Home-Recording-Projekt in Rostock<br />
gestartet, hat sich Microstern über<br />
die Live-Umsetzung und durch das kollektive<br />
Unterwegssein bald zu einer fünfköpfigen<br />
Band entwickelt. Stefan Streck,<br />
der ehedem einsame Mann am Laptop, ist<br />
<strong>als</strong> melancholischer Texter, Sänger und<br />
Produzent immer noch das Herz des Projekts.<br />
Doch so, wie das Zusammenspiel<br />
hier, auf der zweiten LP über Flugzeuge<br />
und Spatzen, klappt, werden viele andere<br />
Musikkollektive neidvoll herüberblicken<br />
auf diese gewachsene kleine Einheit von<br />
Musikern. Vielleicht hat es mit diesem<br />
sozialen Kitt zu tun, dass eine Referenz<br />
wie The Notwist nicht zu hoch gegriffen<br />
scheint. Den Weilheim-Geist entführen<br />
Microstern nach Rostock, in seiner ganzer<br />
Indie-Opulenz: mit Streichern, Bläsern<br />
und überhaupt Arrangements der großen<br />
Geste. An die Vertonung eines Textes<br />
von William Blake muss man sich auch<br />
erst einmal heranwagen. Die Songs sind<br />
Ahnungen von schwerem Wetter und von<br />
der Euphorie danach, Träume vom Weitweg-Sein.<br />
Das Unbehauste singt Romantik.<br />
Und doch ist zu fühlen, wie sehr<br />
die fünf Microsterne in ihren schwelgerischen<br />
Harmonien und in ihrem Zusammenspiel<br />
zu Hause sind. Man könnte neidisch<br />
werden.<br />
Arno Raffeiner<br />
Mikroboy<br />
Bis zum Ende<br />
CD+<strong>Download</strong> // Motor Digital<br />
Manchmal, in den seltensten<br />
Fällen, kriegen es Bands tatsächlich<br />
hin, den perfekten<br />
Song zu einem bestimmten<br />
Thema zu schreiben. »I Will Play My Game<br />
Beneath The Spinlight« von Brand New<br />
ist zum Beispiel so ein Song zum Thema<br />
Touren. »Ferret« von Lifetime zum Thema<br />
f<strong>als</strong>che Freunde. Und jetzt auch Mikroboy<br />
mit »Du. Nicht wir!«. Thema: Verlassen und<br />
verlassen werden. Mikroboy Michael Ludes<br />
schafft es, mit einer rotzigen Stim- ≥