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018 Monitor<br />
Im Theater mit<br />
Schorsch Kamerun<br />
Gestern einen langen Spaziergang durch<br />
München gemacht. Ich schaff es nicht,<br />
mir abzugewöhnen, ständig Städtebilder<br />
zu vergleichen. Ich will immer noch beeindruckt<br />
sein, von Urbanität mit ihrem<br />
freiwilligen oder notgedrungenen Mix.<br />
Das Westend in Hauptbahnhofnähe, so<br />
sagen die People, wäre die angesagte<br />
Chose zurzeit. Buntikulti, gefüllte Kriegslöcher,<br />
Altstadtschönes, Kiez. Verlorene,<br />
zarte Zonen mit oft selbst verschuldeter<br />
Gentrifizierung. Sofort schwimmt alles<br />
weg, der Geist geht auf die gewohnte Reise.<br />
Nach Kreuzberg oder nach St. Pauli,<br />
durch schüchtern begangene Wege von<br />
einst unbekannter Aufregung, zwangsfrei<br />
und doch außerhalb jeden Exildrucks. Ich<br />
habe langsam genug brennende Mülltonnen<br />
gesehen, verstehe aber weiterhin die<br />
Attraktivität der Unordnung.<br />
»Ich war noch niem<strong>als</strong> in New York«<br />
heißt das derzeit größte Reeperbahn-<br />
Musical <strong>als</strong> Ausflugsbusziel. Am »seriöseren«<br />
Sprechtheater versuchen die<br />
Programmmacher, das sind meist Dramaturgen<br />
und Regisseure, ebenfalls dieser<br />
Sehnsüchte nach Straßenauthentizität<br />
habhaft zu werden, indem sie z. B.<br />
<strong>als</strong> »tough« empfundene Filmstoffe in<br />
Projektabende verpacken. Das ist aber<br />
denkbar schwierig, weil die Umgebung<br />
niem<strong>als</strong> lügt – außer auf der Bühne. Das<br />
funktioniert höchstens <strong>als</strong> Imagination,<br />
wird aber ganz schwierig, wenn man<br />
so tut, <strong>als</strong> ginge es um Gefahr, eine geführte<br />
Gefahr frisch von der Probebühne.<br />
Mir schien das eine Weile lang die<br />
entfernteste Überhöhung, <strong>als</strong>o über Formen<br />
wie Märchen, Operette oder Gala<br />
ein interessantes Mittel zu sein. Das<br />
wird zunehmend f<strong>als</strong>cher. Der Ansatz<br />
von Schlingensiefs begehbaren »Animatographen«<br />
könnte ein starker sein,<br />
er funktioniert aber nur, wenn er belebt<br />
ist, und nicht, wie bereits in mehreren<br />
Museen gezeigt, wenn er menschenentleert<br />
und somit <strong>als</strong> getöteter Raum ausgestellt<br />
wird. Ich selbst werde es in meinen<br />
nächsten Stücken mit »Zuständen«<br />
statt mit »Aufführungen« versuchen.<br />
Wenn das mal gut geht, halte euch<br />
laufen.<br />
Tuffi Kamerun<br />
The Young Knives<br />
WIE HAST DU MICH GENANNT?<br />
W as<br />
sollte man besser nicht von euch<br />
wissen? Oliver hat Dire Straits vier Mal<br />
live gesehen.<br />
Was kochst du, wenn du jemanden<br />
beim ersten Date richtig beeindrucken willst? Lachs en<br />
croûte! Sieht eindrucksvoll aus, ist aber eigentlich nur Fertigteig,<br />
den man um einen Lachs wickelt und dann in den<br />
Ofen steckt. Dazu gibt es reichlich Weißwein und starke<br />
Wodka-Cocktails. Gefolgt von einem Schokoladen-Dessert<br />
aus dem Kühlregal des nächsten Supermarkts. 100 % Garantie,<br />
dass man dafür einen Kuss erntet oder auch mehr.<br />
Wann musstest du dich das letzte Mal übergeben und<br />
warum? Das war Backstage bei einem Gig in Bradford. Wir<br />
hatten gerade einen Bus gemietet, den zuvor Bullet For My<br />
Valentine benutzt hatten. Aber: Sie hatten darin alle eine<br />
schlimme Kotzkrankheit gehabt. Ich war dann der Erste,<br />
den es von uns erwischte. Und musste kurz vor dem Konzert<br />
Blut spucken. Nach vier Stunden hatte es dann auch<br />
der Rest der Crew.<br />
Welches Tier würdest du gern mal streicheln? Ein Panda-<br />
Baby. Süüüüüüüß!<br />
Was hast du schon mal gestohlen? Wir stehlen vor allem<br />
von Bands aus der Vergangenheit. Wir sagen nur nicht von<br />
wem, damit es weiter ein Geheimnis bleibt.<br />
Welches popkulturelle Phänomen langweilt dich so richtig?<br />
Ich bin ziemlich gelangweilt von »Star Wars«. Dasselbe<br />
gilt auch für die Beatles.<br />
Kunst-Tipp mit JaKönigJa<br />
Ebba Durstewitz: »Ich will offen sprechen: Ich habe weder<br />
eine Lieblingsgalerie, noch verfüge ich über die Kompetenz,<br />
in dieser Beziehung Empfehlungen aussprechen<br />
zu können. Ja, auf die Gefahr hin, mich hier um Kopf und<br />
Kragen und meine Reputation <strong>als</strong> Galeristin, die ich ja nun<br />
mal bin, zu schreiben, ginge ich unter Umständen sogar so<br />
weit zu sagen: Eigentlich mag ich Galerien gar nicht. Von einer<br />
kritischen Einstellung gegenüber den Formen und ungeschriebenen<br />
Gesetzen der Kunstpräsentation in diesem<br />
Metier mal abgesehen, sind Galeriebesuche bei mir in dem<br />
Moment selten geworden, <strong>als</strong> Ende 2006 urplötzlich aus<br />
dem Nichts das Galeristendasein auf mich selbst draufgefallen<br />
ist. Da galt es sich zu positionieren, und das ging<br />
in meinem Fall nur über eine zumindest zeitweilige völlige<br />
Ignoranz all dessen, was sonst noch passiert. Nichtsdestotrotz<br />
gibt es im großartig-vermaledeiten Kunstbereich ja<br />
Welche Stadt kannst du nicht leiden und warum? New<br />
York ist ekelhaft. So eine grobe und großkotzige Stadt. Las<br />
Vegas ist wahrscheinlich noch entsetzlicher, da waren wir<br />
aber noch nie. London ist übrigens auch scheiße.<br />
Auf welchen Schauspieler standest du in deiner Jugend?<br />
Ich mochte immer Julie Christie in »Don’t Look Now«. Das<br />
war der erste halbwegs sexy Film, den mich meine Eltern<br />
schauen ließen. Ich erinnere mich noch, wie mein Vater immer<br />
sagte, die Sexszene sei künstlerisch so wertvoll.<br />
Für eine Nacht mit welchem Star wärst du bereit, deine<br />
Beziehung aufzugeben? So was würde ich nicht tun.<br />
Was ist das schlimmste Vorurteil, das du pflegst und immer<br />
noch nicht losgeworden bist? Ich mag keine poshen<br />
Leute. Wahrscheinlich bin ich nur eifersüchtig, weil ich<br />
selbst gerne reiche Eltern gehabt hätte.<br />
Was ist dein schlimmstes Laster? Trinkern. Glaube zwar<br />
nicht, dass ich Alkoholiker bin, aber wenn wir auf Tour sind<br />
und jeden Abend gratis Bier und Wein bekommen, kann ich<br />
mich kaum zügeln. Selbst wenn ich nach Hause komme,<br />
fällt es mir schwer, einen Abend ohne Drink zu überstehen.<br />
Aber immerhin habe ich neulich aufgehört zu rauchen.<br />
Welche radikale Position vertrittst du? Das Leben ist keine<br />
Pralinenschachtel.<br />
Die Fragen stellte Linus Volkmann<br />
The Young Knives »Superabundance« (CD // Inkubator / Soulfood)<br />
Live in Deutschland vom 25.03.-01.04.<br />
bekanntlich die schönsten und quatschigsten Dinge, und<br />
wenn sie denn hierzulande in Galerien aufzuspüren sind,<br />
dann sehe ich in folgenden eine Chance: Ich glaube, dass<br />
Karin Guenther mit ihrer gleichnamigen Galerie in Hamburg<br />
einen Spitzenjob macht. Ebenso die Galerie für Landschaftskunst<br />
am gleichen Ort. Künstler der Galerien Christian<br />
Nagel in Berlin/Köln und Daniel Buchholz in Köln sind<br />
mir bisweilen sehr nah. Und die Galerie Adamski in Aachen/<br />
Berlin verehre ich schon deshalb, weil sie sich seit Jahren<br />
unbeirrt hinter einen so wunderbaren Künstler wie Alexander<br />
Rischer stellt.«<br />
JaKönigJa »Die Seilschaft der Verflixten« (CD // Buback / Indigo).<br />
Durstewitz Sapre Galerie, Carsten-Rehder-Straße 45, 22767 Hamburg,<br />
www.durstewitz-sapre.de<br />
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