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056 Mode<br />

KOPIERTE LITERATUR<br />

Bei Bomberjacken denkt man nicht automatisch an Style. Ein Fehler,<br />

wie Lars Brinkmann meint, zumindest, wenn man vom Modell<br />

MA-1 spricht. Dieses in Japan gefertigte Stück Mode lässt die<br />

Alpha-Industries-Welt im Staub zurück. Illustration: Elisabeth Moch<br />

M it »Pattern Recognition« (dt. »Mustererkennung«)<br />

veröffentlichte William Ford Gibson<br />

im Jahr 2003 einen der besten, wenn nicht<br />

den besten Roman seiner Karriere. Es ist<br />

die milde futuristische Geschichte um eine Frau, die ihr Geld<br />

<strong>als</strong> sogenannter Cool Hunter verdient. Cayce Pollard berät<br />

Global Player bei der Gestaltung von neuen Firmenlogos<br />

und spürt Modetrends an der Basis auf. Unter anderem<br />

prädestiniert sie eine Logo-Allergie für ihren Job; wenn<br />

sie beispielsweise in einem Kaufhaus auf eine Komplettdekoration<br />

von Tommy-Hilfiger- oder Ralph-Lauren-Klamotten<br />

trifft, bekommt sie Panik-Attacken. Weil Pollard<br />

über diesen übersensibilisierten Sinn für »Global Brands«<br />

verfügt, kann sie keine »Label-Mode« tragen. Stattdessen<br />

kleidet sie sich in das schmucklose Schwarz namenloser<br />

Hersteller.<br />

Ihr einziger Schatz ist ein spezielles Exemplar der klassischen<br />

Bomberjacke vom Modell MA-1, wie es seit 1957,<br />

von leichten Modifikationen abgesehen, bis zum heutigen<br />

Tag unverändert beim amerikanischen Militär zum<br />

Einsatz kommt. Das Besondere an Pollards Jacke ist deren<br />

Machart: In detaillierter Kleinstarbeit gefertigt von<br />

japanischen Otakus, auf den Original-Nähmaschinen der<br />

Fünfziger, ist sie so etwas wie ein Fetisch. Sie ist »originaler<br />

<strong>als</strong> original«, denn sie besteht vom Nylon bis zum<br />

Reißverschluss aus denselben authentischen Materialien<br />

wie das Original, brilliert aber darüber hinaus mit einer<br />

weitaus besseren, weil liebevolleren Verarbeitung. Diese<br />

MA-1 könnte jedem Hooligan und Skinhead die Schamröte<br />

ins Gesicht treiben, sie ist die Antipode zu allen Pervertierungen<br />

aus dem Hause Alpha Industries – sie ist nicht nur<br />

der Inbegriff des Cools, sie ist das ultimative Kleidungsstück<br />

für die Styler unter den alles Modische verachtenden<br />

Konsumverweigerern.<br />

Diese japanischen MA-1-Jacken gibt es schon lange<br />

– ein Freund von Gibson ist Militaria-Sammler und hatte<br />

ihm in der Vorbereitung zu »Pattern Recognition« von den<br />

speziellen Repliken erzählt. Ob Gibson ihm nicht richtig zugehört<br />

hat oder einfach seiner Fantasie freien Lauf ließ:<br />

Fest steht, dass es diese spezielle, nach dem 57er-Urmodell<br />

geschneiderte Bomberjacke nur in der Originalfarbe<br />

Oliv gab und nicht, wie in Gibsons Roman beschrieben, in<br />

Schwarz. Doch das Leben sollte diesmal die Literatur kopieren.<br />

Der Erfolg des Buches führt dazu, dass sich die japanischen<br />

Otakus von der Firma Buzz Rickson mit Gibson<br />

kurzschlossen, um eine »William Gibson Collection« aus<br />

der Taufe zu heben. Die Jacke gibt es <strong>als</strong>o jetzt in Schwarz,<br />

sie kostet in Amerika 499 Dollar und in Japan »etwas« weniger.<br />

Alle paar Monate taucht mal eine bei eBay auf. Happy<br />

Hunting!

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