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064 Film<br />

Brügge sehen ...<br />

und sterben?<br />

Brügge – für Ray ist das wie eine Strafversetzung.<br />

Nachdem in London ein Auftrag<br />

schiefgelaufen ist, müssen die beiden<br />

Auftragskiller Ray und Ken in Brügge<br />

untertauchen. Ihr Boss Harry spendiert<br />

ihnen den Urlaub, dort sollen sie auf<br />

weitere Instruktionen warten. Heißsporn<br />

Ray findet das nicht besonders toll. Im<br />

Gegensatz zum älteren Ken kann er an<br />

den touristischen Attraktionen nichts<br />

finden. Lieber säuft und pöbelt er rum.<br />

Als er wieder mal durch die Nacht streift,<br />

meldet sich der Boss bei Ken und ordnet<br />

Rays Tötung an. Durch Rays Schuld ist<br />

beim letzten Auftrag in London ein Kind<br />

umgekommen – ein unverzeihlicher Fehler.<br />

Mit Konsequenzen: Der vermeintliche<br />

Urlaub ist in Wahrheit <strong>als</strong> Abschiedsgeschenk<br />

an Ray gedacht. Weil Harry in der<br />

mittelalterlichen Stadt einst eine märchenhafte<br />

Zeit verlebt hat, hält er den<br />

Ort <strong>als</strong> letzte Ruhestätte für angemessen.<br />

Aber Ken empfindet für Ray fast väterliche<br />

Gefühle und muss sich nun zwischen<br />

seinem Zögling und seinem Boss<br />

entscheiden, während Ray zunehmend<br />

unter seiner Schuld leidet und sich am<br />

liebsten selbst richten würde. Im idyllischen<br />

Brügge entfaltet sich ein tödliches<br />

Beziehungsdreieck, das Regisseur<br />

Martin McDonagh schwung- und<br />

humorvoll inszeniert. Zuvor war der Brite<br />

mit dem Oscar-prämierten Kurzfilm »Six<br />

Shooter« auffällig geworden. Nach einem<br />

unsicheren Debüt sieht diese schwarze<br />

Komödie aber gar nicht aus. Auch die<br />

absurd-philosophischen Dialoge sitzen<br />

perfekt. Und die ausgezeichneten Darsteller,<br />

allen voran Colin Farrell und Brendan<br />

Gleeson, sind in ihren Rollen souverän.<br />

Ein großer morbider Spaß.<br />

Christian Meyer<br />

Brügge sehen ... und sterben?<br />

(GB 2008; R: Martin McDonagh; D: Colin Farrell,<br />

Brendon Gleeson; 15.05.)<br />

SWEET NOTHING<br />

Zwei Filme wider die Konventionen der Erwachsenenwelt: Alexis Dos Santos’ »Glue« spielt<br />

in der landschaftlichen Leere Patagoniens und im Vakuum zwischen 15 und 17. Julia<br />

von Heinz’ »Was am Ende zählt« handelt von Freundschaft im urbanen Hohlraum.<br />

B egnadete<br />

Improvisationsregie, exzellente<br />

DV- und Super-8-Kameraarbeit und ein tolles<br />

SchauspielerInnen-Trio bewirken, dass<br />

einem schwindelig wird in Alexis Dos Santos’<br />

Debütfilm »Glue«. Seine Adoleszenz-Geschichte beweist<br />

mit Leichtigkeit und Eleganz, wie voll die Leere zwischen<br />

15 und 17 sein kann. Und wie que(e)r und wundervoll sie<br />

sich selbst in widrigster Umgebung von »Erwachsenen«<br />

auszubreiten vermag. Um wie viel smarter <strong>als</strong> die Alten<br />

wirkt doch der 16-jährige Lucas auf seinem Fahrrad. Unterwegs<br />

zur Bandprobe – mit Violent Femmes auf den Ohren<br />

<strong>sowie</strong> Nacho (so crisp kann jemand heißen!) und Andrea<br />

im Kopf. Als er von Wasserbeuteln getroffen wird,<br />

verschwendet Lucas keine Zeit an die Angreifer. Er kramt<br />

im Rucksack, inspiziert die Blätter mit seinen Lyrics und<br />

legt sie sorgfältig zum Trocknen in die Sonne. »Worin liegt<br />

der Unterschied, einen Jungen und ein Mädchen zu küssen?«<br />

fragt Lucas im Off. Die Antwort: »Jungs haben Bärte,<br />

sonst ist es das Gleiche.« Drag Kingz, Queens und alle<br />

anderen hin oder her – es sei ihm verziehen! Denn Ines<br />

Efron spielt die Andrea so gut, dass dieser Filmfigur noch<br />

nach dem Schlussbild eine Menge zuzutrauen ist. Ganz<br />

besonders inmitten des Nichts.<br />

In einem urbanen Nichts müssen sich die beiden jun-<br />

gen Frauen Carla und Lucie in Julia von Heinz’ Debüt »Was<br />

am Ende zählt« behaupten, das schon vor seinem Bundesstart<br />

im Programm des Verzaubert-Festiv<strong>als</strong> zu sehen<br />

war. Carla weiß, was sie nicht will: länger bei ihrem<br />

alkoholisierten Vater bleiben. Und auch, was sie will: nach<br />

Lyon gehen und Mode studieren – Pech nur, dass ihr Gepäck<br />

und Geld noch direkt am Bahnhof geraubt werden.<br />

Sie geht auf den Tauschhandel Schlafplatz gegen Vergewaltigung<br />

ein, den ihr der Imbissbuden-Gigolo Rico anbietet.<br />

Ausgerechnet den zählt Straßenfrau Lucie, die am<br />

nächsten Morgen bei Carla in Ricos Container auftaucht,<br />

zu ihrer »Familie«. Da kann Carla nur die Augen verdrehen<br />

und »Oh Gott« stöhnen. Bis sie feststellt, schwanger zu<br />

sein, und von Lucies Kenntnissen des Krankenversicherungssystems<br />

überzeugt wird. Die Geschichte von Carla<br />

und Lucie bleibt bis zum Ende spannend. Auf welche<br />

Art Tauschhandel und mit wem Frau sich einlassen sollte,<br />

bleibt jeder selbst überlassen. Julia von Heinz gelingt mit<br />

ihrem Film eine klare Stellungnahme ohne pädagogisches<br />

Geschwurbel. Am Ende zählt auch das.<br />

Birgit Binder<br />

Glue (RA 2006; R: Alexis Dos Santos; D: Nahuel Perez Biscayart; 01.05.)<br />

Was am Ende zählt (D 2007; R: Julia von Heinz; D: Paula Kalenberg; 01.05.)

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