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0<strong>24</strong> Musik<br />
≥ Markus: Wir waren ganz einfach Fans. Und dann bin<br />
ich halt bei einem Konzert in München auf diese Leute zugegangen.<br />
Dabei kam raus, dass die auch Fans von uns<br />
waren. Die hatten Notwist ständig im Tourbus gehört. Ich<br />
war natürlich begeistert, dass die uns überhaupt kennen.<br />
Ich dachte, das wäre so eine klassische HipHop-Crew, die<br />
nichts anderes kennt und wahrnimmt.<br />
Als internationale Band beeinflusst ihr inzwischen auch<br />
andere Künstler. Mike Mogis von Bright Eyes hat mir zum<br />
Beispiel im Interview erzählt, dass »Neon Golden« einen<br />
wichtigen Einfluss auf seine Arbeit <strong>als</strong> Produzent<br />
gehabt habe.<br />
Markus: Ja, in den USA gibt es viele Leute, für die »Neon<br />
Golden« einen wichtigen Bezugspunkt darstellt. Das<br />
ehrt uns natürlich extrem. Aber wir hören viel weniger <strong>als</strong><br />
andere Leute, wen wir mit unserer Musik beeinflusst haben.<br />
Wir gehen ja auch nicht von diesem kreativen Schöpfermythos<br />
aus, im Gegenteil, wir klauen ja selbst! Es gibt<br />
diesen genialen Titel einer Platte von Van Pelt, »Stealing<br />
From Our Favorite Thieves«, dieses Prinzip trifft voll auf<br />
uns zu. Man puzzelt mit jeder Platte neue Cut-ups zusammen.<br />
Letztlich wissen wir <strong>als</strong>o viel besser, von wem<br />
wir klauen, und weniger, wer von uns klaut.<br />
Das führt mich zu einer großartigen Zeile auf eurem neuen<br />
Album: »Let’s just imitate the real until we find a better<br />
one.« Hat dies etwas mit der Idee zu tun, dass es das<br />
»Echte«, das Original, gar nicht mehr gibt?<br />
Markus: Es hat etwas zu tun mit der Wahrnehmung von<br />
Wirklichkeit: Was ist von dem, was uns umgibt, noch real?<br />
Wenn man überlegt, worin die Wirklichkeit vieler Jugendlicher<br />
besteht, was sie erleben und wie sie es erleben, ist<br />
das für mich erschreckend und faszinierend zugleich. Also<br />
ein Leben im Internet mit Leuten, von denen man gar<br />
nicht weiß, ob sie überhaupt so heißen, wie sie sich nennen.<br />
Wirklichkeit wird da immer wieder gebrochen, nur<br />
noch vorgegeben. Das hat natürlich sehr viel mit dem zu<br />
tun, was gerade auch in der Musikindustrie vor sich geht.<br />
Dieser ganze Fake, Sounds, die Plattenknistern imitie- ≥<br />
The Notwist & ZAP<br />
ERSTE WORTE<br />
So seltsam wurde einmal geredet ... Ausschnitte aus einem<br />
der ersten Notwist-Interviews (Zap-Fanzine, Oktober<br />
1991, alte Rechtschreibung):<br />
Markus: Also, eine gewisse Grundhaltung ist ja bei jedem<br />
in der Szene – bis auf wenige Ausnahmen – <strong>sowie</strong>so vorhanden.<br />
Die muß man ja wohl nicht ständig wieder beteuern.<br />
Warum sollte man da einen Kleinkrieg wegen irgendwelchen<br />
Wortklaubereien anfangen? Also, sich <strong>24</strong> Stunden<br />
in einem autonomen Zentrum über »Er/Sie«-Schreibweisen<br />
zu unterhalten und so einen Kack finde ich ziemlich<br />
überflüssig. Da passiert viel Mist zur Zeit. [...]<br />
ZAP: Ihr haltet <strong>als</strong>o Dinge wie Feminismus, Toleranz und<br />
all dies für selbstverständlich, so daß man nicht mehr<br />
andauernd große Worte darüber verlieren muß?<br />
Markus: Ja, schon. Ich meine, wir spielen hauptsächlich<br />
in autonomen Jugendzentren und besetzten Häusern.<br />
Dadurch weiß doch automatisch jeder, was für eine politische<br />
Haltung wir haben.<br />
ZAP: Ist es leicht für euch, Auftritte zu bekommen?<br />
Micha: Nein, absolut nicht. Wenn man <strong>als</strong> deutsche Band<br />
auf sich alleine gestellt versucht, Konzerte auszumachen,<br />
und Clubs anruft, kommen meistens so Sätze: »Bei uns<br />
spielen zur Zeit nur Ami-Bands.« Und das meistens in irgendeinem<br />
entsetzlichen Dialekt.<br />
ZAP: Nervt es euch, wenn Punks, wie das heute war, während<br />
dem Konzert auf die Bühne kommen, ins Mikro grölen<br />
und mit euch quasseln wollen?<br />
Martin: Ach nee, dadurch ist wenigstens was los. Ich finde<br />
das lustig. Der eine hat gemeint: »Könnt ihr nichts Deutsches<br />
spielen, Deutsch-Punk zum Pogen?«<br />
Markus: Das mit den Punks kommt wirklich bei jedem dritten<br />
Konzert. Irgendwelche Leute, die da rufen: »Schneller,<br />
lauter, härter.« Das nervt mich schon.<br />
Micha: Die ruhigen Stellen halten die meisten immer für<br />
Stimmpausen.