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leiten zu dem Trugschluss, es handele<br />
sich um muckerhaften ProgRock. Doch da<br />
ist mehr: Tom Woodheads Stimme mäandert<br />
zwischen den Lagen und jeweiligen<br />
Charakteristika, gliedert sich in feierlich-opulent<br />
(»Some Buildings« mit dem<br />
biblischen Refraintext »Ashes to ashes,<br />
dust to dust, Jesus Christ and Lazarus«),<br />
fragil flehendes F<strong>als</strong>ett (»Fosbury In Discontent«),<br />
peitschende Rockröhre und<br />
enthemmten Schreih<strong>als</strong>. Stellenweise<br />
klingt das schon fast manisch, zumindest<br />
offenbart gleich der Opener »Welcome To<br />
The Moment« die vorhandene kriminelle<br />
Energie: »I hope that you’ll hurry, we’ve<br />
murdered a child / We’re dumping his<br />
body off the side of a bridge.« Zwar verfolgten<br />
At The Drive-In oder aktuell noch<br />
Les Savy Fav einen ähnlichen Weg, doch<br />
von unkonventionellem Songwriting kann<br />
es nicht genug geben.<br />
Henrik Drüner<br />
Gnarls Barkley<br />
The Odd Couple<br />
Warner<br />
Klar, man kann sagen, dass<br />
ein Überhit wie »Crazy« ausreicht,<br />
um ein Album <strong>als</strong> gut<br />
zu bezeichnen. Trotzdem –<br />
unter dem Eindruck dieses Knallers war<br />
der Großteil der anderen Stücke auf »St.<br />
Elsewhere«, dem Debüt von Danger Mouse<br />
und Cee-Lo a.k.a. Gnarls Barkley,<br />
eher mäßig. Und angesichts der Qualitäten<br />
der Protagonisten wäre es schade,<br />
von Gnarls Barkley <strong>als</strong> einem, wenn<br />
auch sympathischen, One-Hit-Wonder<br />
sprechen zu müssen. Am viel diskutierten<br />
Nachfolger »The Odd Couple« ist zunächst<br />
einmal auffällig, dass die meisten<br />
Stücke zwar entweder durch Cee-Los unvergleichlichen<br />
Gesang oder durch einen<br />
pfiffigen Producer-Gimmick von Danger<br />
Mouse glänzen, sich diese beiden Elemente<br />
aber kaum homogen verbinden.<br />
Man kann Stücke wie »Going On« auf<br />
eine schizophrene Art und Weise reduziert,<br />
brachial und effektiv oder aber auch<br />
einfach hingerotzt nennen.<br />
Sicher sind Danger Mouses Producer-<br />
Skills in diesem poppigen Zusammenhang<br />
immer noch ungewohnt, trotzdem<br />
bekommt man die sichere Ahnung, dass<br />
angesichts dieser großen Artisten noch<br />
lange nicht alles ausgereizt ist. Das soll<br />
aber nicht heißen, dass »The Odd Couple«<br />
durchgehend schlecht wäre. Rasante<br />
Funk-Stücke wie die erste Single »Run«<br />
haben fast schon einen punkigen Touch<br />
und funktionieren zumindest in einem<br />
Partyrahmen sicher toll. Und Beats wie<br />
der von »She Knows« erinnern wohlig an<br />
gute Stones-Throw-Mixe. Das sind nur<br />
zwei von einigen Beispielen für gelungene<br />
Ansätze. Trotzdem: Wo so viel Großartiges<br />
derart hörbar brachliegt, muss noch viel<br />
mehr gehen.<br />
Christian Steinbrink<br />
Gnill<br />
Ich werde mich mit dieser Makrele<br />
ins Ausland absetzen<br />
Tumbleweed / Broken Silence<br />
Florian Gelling von der netten<br />
Postpunk-Schrammel-Band<br />
grafzahl ist fremdgegangen,<br />
hat es sich – genauer gesagt<br />
– im eigenen Bett bequem gemacht. Sein<br />
Solodebüt bietet zwar nicht mehr <strong>als</strong> fünf<br />
Stücke in Durchschnittslänge, ist <strong>als</strong>o<br />
erst mal nur eine klassische EP, doch die<br />
deutet bereits Großes an. Beim Auftakter<br />
»Für irgendwen« sind noch deutliche<br />
Anlaufschwierigkeiten zu hören: schön<br />
verschlüsselter Text, aber die Musik verweist<br />
zu sehr auf grafzahl plus Vorbilder<br />
wie Boxhamsters oder Tocotronic, an deren<br />
Überwindung zu arbeiten den Grafen<br />
endlich mal gut stehen würde. Doch<br />
spätestens mit »Artig«, einer treibenden<br />
Electrobeat-Nummer, findet Gelling einen<br />
neuen, eigenen Ton. Endlich Klartext.<br />
»Wir lesen die Zeitung, wir zünden<br />
keinen Springer an«, heißt es im Refrain<br />
der Nummer über eine ganze Generation<br />
von Angepassten. Ganz egal, was Jan<br />
Delay in diesem Jahr noch produzieren<br />
wird: »Artig« ist jetzt schon die Hymne<br />
zum 1968-Jubiläum mit all seinen uneingelösten<br />
Träumen und Utopien. Und<br />
zwar eine, die zugleich auch über das ganze<br />
Indie-Elend Bescheid weiß: »Wir sind<br />
artig, da helfen keine Platten«, singt Florian<br />
Gelling am Ende wie ein Mantra. Individuelle<br />
Abgrenzungen mit Hilfe von Musikgeschmack<br />
und Pop-Codes haben ausgedient<br />
..., behauptet einer, der selbst Pop<br />
produziert. Es sind aber genau diese Widersprüche,<br />
die Gnills oft glasklaren, mit<br />
unschuldiger Stimme vorgetragenen Indie-Pop<br />
vor Selbstüberschätzung retten.<br />
Die mitbedachten Selbstzweifel machen<br />
Gnill so souverän.<br />
Martin Büsser<br />
Guz<br />
Mein Name ist<br />
Trikont / Indigo<br />
Zu Recht freut man sich wie<br />
ein kleines Kind, wenn man<br />
in deutschen Songtexten<br />
mal kein Liebes-Gesülze,<br />
Emo-Gejammere à la »Meine Tapeten<br />
sind so hässlich, mein Taschengeld ist<br />
zu klein und meine Nase riesengroß ...«<br />
oder wahlweise auch auf intellektuell gemachtes<br />
Geschwätz – aus Rücksichtnahme<br />
hier ohne Beispiel – ertragen muss.<br />
Nicht selten wird man obendrauf auch<br />
noch von Reim-dich-oder-ich-fressdich-Zeilen<br />
belästigt. Umso froher ist<br />
man gestimmt, begegnen einem – leider<br />
nur allzu spärlich verbreitet – zum größten<br />
Teil sinnfrei-absurde, aber trotzdem<br />
nachhaltig-reichhaltig-abgedrehte Songtexte,<br />
mit einem feinen Hauch von subversiven<br />
Popliteraturgedichten längst<br />
vergangener Tage. So wie im »Scheiß- ≥