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ren, oder Platten, die wie eine Band klingen, ohne dass<br />

ein einziger Ton von einer Band gespielt wurde.<br />

Ihr seid Vertreter eines alten Werkbewusstseins. Deshalb<br />

muss ich euch die Frage stellen: Hat die viel beschworene<br />

Krise der Musikindustrie auch eine Band wie<br />

The Notwist erreicht?<br />

Markus: Das wird sich jetzt erst herausstellen. Seit ein<br />

paar Tagen findet sich die neue Platte im Netz, irgendein<br />

Journalist hat sie reingestellt. Jetzt stellt sich die Frage:<br />

Ziehen sich Leute, die Notwist hören und mögen, das aus<br />

dem Netz? Wir haben uns im Vorfeld lange darüber Gedanken<br />

gemacht, wie wir auf so etwas reagieren, <strong>als</strong>o, ob<br />

wir die Journalisten überhaupt noch mit CDs bemustern<br />

sollen. Und wir haben uns entschieden, es wie bisher zu<br />

machen, auch auf die Gefahr hin, dass wir viel verlieren.<br />

Wir reagieren auf so etwas mit Trotz: Die CD und die LP<br />

sollen sehr schön werden, die CD wird <strong>als</strong> Buch gestaltet<br />

sein ... Wir wollen dieser Wegwerf-Mentalität etwas<br />

entgegensetzen. Wir hoffen einfach, dass das Notwist-<br />

Publikum in eine Altersgruppe fällt, die sich nicht über<br />

<strong>Download</strong>s bedient.<br />

Aber natürlich stellt sich die Frage, ob die Leute Musik<br />

noch so wahrnehmen wie wir selbst. Wir denken ja noch<br />

in Kategorien wie B-Seiten, total anachronistisch. Möglicherweise<br />

nehmen viele Leute die Platte überhaupt nicht<br />

mehr <strong>als</strong> Ganzes wahr. Musik wird immer mehr daraufhin<br />

konzipiert, schnell in Umlauf zu kommen und schnell<br />

wieder zu verschwinden. Musik steht im Netz, die Leute<br />

kommentieren das sofort in Blogs, und dann ist es weg.<br />

Für uns ist es hingegen eine bewusste Entscheidung, lange<br />

an einer Platte zu arbeiten, einen Spannungsbogen zu<br />

entwickeln ... Aber vielleicht gehen wir damit auch völlig<br />

baden.<br />

Das Internet hat sicher zu solchen Tendenzen geführt,<br />

aber kann es nicht auch helfen, neue Szenen und Netzwerke<br />

überhaupt erst wieder entstehen zu lassen?<br />

Markus: Na klar. Das Gute am Netz ist ja, dass es die Nischen<br />

aufmacht und in der ganzen Welt entdeckbar macht.<br />

Ohne Wire lesen zu müssen, kommt man an die obskursten<br />

Sachen. Ich habe zum Beispiel ein seltsames Musikkassetten-Label<br />

aus den USA im Netz entdeckt, eines<br />

dieser schrägen Folk-Labels, die jede einzelne Kassette<br />

individuell bemalen. Ich habe dort <strong>als</strong>o bestellt und bekam<br />

prompt ein paar bemalte Kassetten geschickt, die<br />

du sonst wirklich nirgendwo bekommst, die in keiner Zeitschrift<br />

der Welt besprochen werden. Das ist die Chance<br />

des Internet, vergleichbar mit dem kleinen Plattenladen<br />

früher, wo du im Hinterraum in einer Kiste entlegene<br />

Schätze entdeckt hast. Du darfst allerdings nicht bei Amazon<br />

oder iTunes hängen bleiben.<br />

Vor einigen Jahren habt ihr ein Angebot von Vodafon abgelehnt,<br />

die einen Notwist-Song <strong>als</strong> Werbeclip verwenden<br />

wollten. Und dies, obwohl es sich um ein lukratives<br />

Angebot gehandelt hatte. Sind DIY und künstlerische<br />

Selbstbestimmung für euch <strong>als</strong>o auch in finanziell prekären<br />

Zeiten unerlässlich?<br />

Markus: Seit Tonträger nicht mehr laufen, wird ja immer<br />

mehr nach anderen Finanzierungsmodellen für Musik gesucht,<br />

große Konzerne drängen überall rein und werfen<br />

mit horrenden Summen um sich, um Künstler zu finanzieren<br />

und deren Image für sich zu gebrauchen. Man muss<br />

immer wieder kritisch darauf aufmerksam machen, dass<br />

inzwischen immer mehr über komische Wettbewerbs-<br />

Kampagnen von Jägermeister und Red Bull geht, bei denen<br />

Musik zur völligen Nebensache wird. So etwas wird<br />

gar nicht mehr hinterfragt oder verhandelt. Ganze Sei-<br />

The Van Pelt<br />

In den 1990ern stilbildende Band, aus den<br />

Trümmern der New Yorker Hardcore-<br />

Szene (u. a. Rorschach) hervorgegangen,<br />

benannt nach den Peanuts-Figuren Linus<br />

und Lucy Van Pelt. Ihr von Bands wie<br />

Fugazi beeinflusster Stil ist immer wieder<br />

<strong>als</strong> »Emo« klassifiziert worden ..., aber das<br />

wird der Band nicht wirklich gerecht.<br />

ten in Magazinen sehen aus wie der redaktionelle Teil,<br />

aber im Kleingedruckten siehst du, dass es sich um Anzeigen<br />

handelt.<br />

Für uns hat sich die Frage nach der Selbstbestimmung<br />

allerdings nie wirklich gestellt, wir gehen ins Studio und<br />

nehmen die Stücke so auf, wie wir uns das vorstellen. Wir<br />

haben schon Verträge abgelehnt, die das schwieriger gemacht<br />

hätten. Es ist eine Sache des ständigen Hinterfragens.<br />

Wenn jetzt immer weniger Leute unsere Platte kaufen<br />

sollten, dann enden wir vielleicht wieder <strong>als</strong> Band,<br />

die Platten in 500er-Auflage mit Siebdruck-Cover rausbringt<br />

und für 30 Euro das Stück an Liebhaber verkauft.<br />

Wer weiß ...<br />

<strong>Intro</strong> empfiehlt die Tour vom 28.04.–16.05.<br />

The Notwist spielen beim Immergut Festival, Melt!,<br />

Hurricane und Southside<br />

<strong>Intro</strong> empfiehlt<br />

The Notwist<br />

The Devil, You & Me<br />

CD // City Slang / VÖ 09.05.<br />

The Notwist & Jazz<br />

NERDGEREDE<br />

Musik 025<br />

Hört ihr immer noch Jazz? Und falls ja, gibt es in diesem<br />

Bereich interessante Neuentdeckungen?<br />

Micha: Na ja, im Jazz ist ganz klar so gut wie alles dicht,<br />

die Szene wird fast komplett von den alten, großen Namen<br />

bestimmt, es kommt nur noch selten Neues hinzu. Umso<br />

begeisterter bin ich von Daniel Glatzel und dem Andromeda<br />

Mega Express Orchestra, mit denen wir zusammen gearbeitet<br />

haben. Die verbinden zeitgenössische Klassik, Jazz<br />

und Filmmusik auf eine absolut faszinierende Weise.<br />

Markus: Richtig, es handelt sich bei ihnen endlich mal wieder<br />

um Musik aus dem Jazz-Bereich, die nicht aller anderer<br />

zeitgemäßer Musik hinterherhinkt. Also nicht dieses peinliche<br />

»Wir machen mal einen Drum’n’Bass-Rhythmus«, was<br />

dann meistens schiefgeht. Sondern deren Klangästhetik<br />

ist nahe dran an Musik auf der Höhe unserer Zeit, <strong>als</strong>o zum<br />

Beispiel an dem, was Efterklang machen, eine Band, die<br />

wir momentan favorisieren. Es ist ein Jammer, dass das<br />

Andromeda Mega Express Orchestra noch keine Platte<br />

auf dem Markt hat. Aber man kann sich bei MySpace ein<br />

paar Stücke von ihnen anhören.<br />

Markus: Ich habe zuletzt eine CD von Roscoe Mitchell gehört,<br />

wo er ein Solokonzert spielt, doch das Publikum ist<br />

unruhig, will ihn nicht hören. Da stellt er sich hin und spielt<br />

eine Phrase immer wieder, permanent dasselbe. Unglaublich<br />

konsequent! Im Interview sagte er, er hätte sich in dem<br />

Moment entschieden, so lange dasselbe zu spielen, bis<br />

die Leute wieder ruhig sind. Ich weiß, das ist jetzt Nerd-<br />

Gerede, aber so etwas gefällt mir!

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