030 Musik MGMT AUF OCHSEN TOUR So tanzen Amerikaner
Ben Goldwasser und Andrew Vanwyngarden wollten nie eine Band gründen. Als man sie für »Oracular Spectacular« ins Studio holte, hatten sich die beiden schon seit einem halben Jahr aus den Augen verloren. Jetzt sind sie <strong>als</strong> MGMT auf Ochsentour und müssen mit Typen wie Martin Riemann reden. Und sich von Joachim Zimmermann fotografi eren lassen. Erfolg und Emotionalität Das sagt Goldwasser darüber: »Wenn es so was wie einen emotionalen Grundton für das Album gibt, dann ist es einer der Unsicherheit und Irritation. Als wir das Album aufnahmen, waren wir an einem speziellen Punkt unseres Lebens. Das College lag hinter uns, und wir hatten keine Ahnung, in welche Richtung sich unser Leben entwickeln würde. Dann kommt plötzlich diese Plattenfirma und ermöglicht uns die Arbeit an einem Album. Es ging alles so unnatürlich schnell, dass es uns immer noch nervös macht.« Dave Fridmann Dürfte vielen <strong>als</strong> Haus-und-Hof-Produzent der Flaming Lips bekannt sein. Zusätzlich produzierte er Alben von Weezer, Mogwai, Phantom Planet und Sleater-Kinney und ist Kopf und Bassist von Mercury Rev. M it ihrem Semi-Hit »Kids« kehren MGMT nämlich jetzt zurück in die Zukunft. Dieses simple, bis an die Schmerzgrenze mit Emotionen vollgepumpte Stück Electro- Bubblegum hat offensichtlich so eine starke Anziehungskraft, dass die Welt plötzlich offen ist für Prog Rock, Stirnbänder und uncoole Frisuren. »›Kids‹ ist das allererste Lied, das wir je zusammen geschrieben haben«, erzählt mir ein sichtlich erschöpfter Ben Goldwasser, der mit schwarzem Jackett und Bart wie ein griechischer Philosophiedozent aussieht. »2005 haben wir die EP ›Time To Pretend‹ rausgebracht, aber da war alles noch sehr unorganisiert. Unsere Auftritte waren eher so was wie Karaoke mit Background-Musik vom Band. Es war eher die Persiflage eines Rock-Acts.« Offenbar eine sehr gute. Als die E-Mail eines Talentscouts des Majors Columbia nach der nicht vorhandenen Band bettelte, war Goldwasser gerade außerhalb von New York, holzhackenderweise auf einem Selbstfindungsprozess, und dachte kaum noch daran, sein Geld mit Musik zu verdienen. Rasch wurde ein sechsstelliger 4-Alben-Deal unter Dach und Fach gebracht, um die frisch gebackenen Rockstars dann ins Studio mit Dave Fridmann zu schicken. Heraus kam ein ziemlich verwegenes Psychedelic-Monster mit dem hirnverbrannten Titel »Oracular Spectacular«, dessen echolastigen, halligen Mushroom-Sound Goldwasser selbst gerne <strong>als</strong> »Future 70s« bezeichnet. Dank Vanwyngardens glasklarem F<strong>als</strong>ett klingt das Ganze stellenweise, <strong>als</strong> hätten die Bee Gees mit den Klaxons zu viel LSD genommen. Aber Goldwasser macht lieber andere Referenzen geltend. Er unterstreicht mehrfach den Einfluss seiner Ansicht nach sträflich vernachlässigter Juwelen wie Suicide, Spacemen 3, Royal Trux und Incredible String Band. Dass man ausgerechnet diese Einflüsse bei MGMT kaum heraushört, soll jetzt nicht zur Debatte stehen. Es zeigt jedenfalls, dass das Duo aus einer sehr verschrobenen Zeitblase heraus operiert: »Es ist schon merkwürdig, dass viele Leute nur die gegenwärtige Musik hören wollen und keine Ambitionen haben, den Kontext zu sehen, aus dem sie stammt. Wir möchten gerne das Publikum mit diesem obskuren Zeug anfixen.« Das Anfixen klappt offensichtlich bereits hervorragend. Beim Auftritt von MGMT im Berliner Lido entdecke ich mehrere Gestalten, die den schwer zu tolerierenden Hippie-Look Vanwyngardens bereits kopieren. Zwei Burschen um die 20 sehen mit ihren Stirnbändern und engen Westen aus, <strong>als</strong> hätten sich dummdreiste Drogenfahnder in Schale geworfen, um eine von Rentnern betriebene Haschischfarm zu infiltrieren. »Ach, diese Jungs«, hat die Mutter dieser Typen bestimmt gedacht, <strong>als</strong> sie so verkleidet das Haus verließen. Ich bin aber nicht deren Mut- Musik 031 ter, <strong>als</strong>o denke ich: »Ist eure Zeit jetzt wirklich wieder da? The age of Fischgott und dergleichen?« Dumpfe Provinzler- Aggressionen steigen in mir auf. Woher nur kommt plötzlich dieser beschämenswerte Hippie-Hass? Besonders hartnäckig ist er jedenfalls nicht, denn obwohl die 5-köpfige Mannschaft auf der Bühne aussieht, <strong>als</strong> würde sie an einem Casting für das nächste Doors-Biopic teilnehmen, werde ich ihnen schon bald aus der Hand fressen. So wie der Rest des Publikums, in dem sich auch auffallend geschmackvoll gekleidete Leute befinden. Vom Werbeprofi um die 50 bis zum erfolgreichen Jungschauspieler ist hier jeder, den man irgendwo schon mal gesehen hat. Das illustre Publikum nimmt die geballte Ladung »Future 70s« mit offenen nach oben gestreckten Armen bereitwillig an. Selbst ambitionierte Hirnschmelzer wie das elegische »Of Moons, Birds & Monsters« sorgen nicht für Aufmerksamkeitsdefizite. Das mag daran liegen, mit welcher Disziplin die Band ihr psychedelisches Gewand tight hält und so langatmiges Abdriften ins Muckertum vermeidet. Vielleicht ist es auch die engelsgleiche Erscheinung Vanwyngardens. Ja, er trägt schon wieder sein verdammtes Stirnband, aber er singt auch ein berückendes F<strong>als</strong>ett, über das die meisten Männer nur VOR ihrer Pubertät verfügen können. Am Ende des Konzerts zeigt sich dann, dass es auch ihre Vergangenheit ist, die sie momentan derart attraktiv für das Publikum macht. Ohne »Kids« gespielt zu haben, lässt man sie nicht gehen. Und <strong>als</strong> sie nach der dritten Zugabe endlich den lang ersehnten Hit bringen, ist die Reaktion absolut frenetisch. Obwohl das Duo die Nummer traditionsbewusst <strong>als</strong> Karaoke mit Backgroundmusik vom Band präsentiert und später lapidar dem Drummer das Mikro in die Hand drückt, könnte die Menge nicht glücklicher sein. Der, wie es Goldwasser selbst nennt, »kitschy Electro-Pop« ihrer scherzhaften Anfangstage mit bittersüßen Botschaften à la »das Wasser ist warm, aber es bringt mich zum Frösteln« kommt noch besser an <strong>als</strong> der komplexe Reminiszenz-Rock der gerade ins Studio geschickten Profis, die MGMT jetzt zweifelsohne sind. Für Goldwasser ist allerdings klar, in welche Richtung es gehen wird: »Ich schätze Künstler wie Alan Vega dafür, dass sie immer die Konfrontation suchen und nie versuchen, dem Publikum zu gefallen. Das ist definitiv ein Weg, an dem wir uns orientieren werden.« Live in Deutschland am 26.05. Auf intro.de: Verlosung <strong>Intro</strong> empfiehlt MGMT Oracular Spectacular CD // Red Ink / SonyBMG
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