Protokoll Parteitag Bonn Verantwortung - SPD
Protokoll Parteitag Bonn Verantwortung - SPD
Protokoll Parteitag Bonn Verantwortung - SPD
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
BERICHT DER ANTRAGSKOMMISSION<br />
Wenn man dann noch weiß, daß seit langer Zeit sogar die Kirchenbücher<br />
aus den Moscheen und aus den wenigen christlichen Kirchen<br />
nach Belgrad abtransportiert worden sind, dann ist klar: Das Ziel dieser<br />
Politik ist, das Land zu zerstören und den Menschen die Heimat und<br />
den Nachweis ihrer Identität zu rauben.<br />
Lassalle hat einmal gesagt, jede politische Aktion beginne damit, auszusprechen,<br />
was geschehe. Kofi Annan, der Generalsekretär der Vereinten<br />
Nationen, hat im Zusammenhang mit dem Kosovo am 7. April dieses<br />
Jahres davon gesprochen, daß man unter der dunklen Wolke des Völkermords<br />
lebe. Die serbischen Behörden hätten offenbar nur ein Ziel,<br />
nämlich, so sagte Kofi Annan, so viele Albaner wie möglich zu vertreiben<br />
oder zu töten.<br />
Es sind, liebe Genossinnen und Genossen, 760000 Menschen vertrieben<br />
worden, also fast die Hälfte der Bevölkerung im Kosovo. Diese Vertreibung<br />
ist nicht vom Himmel gefallen. 1989 hat Milosevic auf dem<br />
Amselfeld eine Rede gehalten und ein ethnisch reines Groß-Serbien<br />
verkündet. Er hat seither vier Kriege geführt: in Slawonien, in der Krajina,<br />
in Bosnien-Herzegowina und jetzt im Kosovo. Allein der Krieg<br />
in Bosnien und Herzegowina hat weit über 200000 Menschen das<br />
Leben gekostet. Er führte zu 2 Millionen Flüchtlingen und Vertriebenen.<br />
Manche fragen: Wußtet ihr das nicht vorher? Führen die militärischen<br />
Maßnahmen dazu, die Vertreibungen einzudämmen und sie in Zukunft<br />
möglicherweise zu verhindern? Manche meinen, die Vertreibungen seien<br />
erst durch das militärische Eingreifen der NATO ausgebrochen. Das<br />
ist falsch.<br />
Wir wissen mittlerweile sehr genau, daß in der Regierung der Bundesrepublik<br />
Jugoslawien Ende November/Anfang Dezember letzten Jahres<br />
ein Operationsplan besprochen worden ist, der das Ziel hatte,<br />
während der Verhandlungen und trotz der internationalen Vereinbarungen<br />
genau das ins Werk zu setzen, was seit Januar geschieht und was<br />
jetzt einen so grauenhaften Höhepunkt erreicht hat. Das ist der Operationsplan<br />
mit dem eigenartigen Namen „Hufeisen“.<br />
Im Januar 1999, nachdem man den serbischen bzw. jugoslawischen Generalstabschef<br />
abgelöst hatte, weil er sich gegen diesen Operationsplan<br />
und den Einsatz der Truppen im Kosovo ausgesprochen hatte, wurden<br />
60 PROTOKOLL PARTEITAG BONN 1999 ■