Protokoll Parteitag Bonn Verantwortung - SPD
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BERICHT DER ANTRAGSKOMMISSION<br />
Die dritte Frage lautet: Ist es auf Dauer vertretbar, daß in den Vereinten<br />
Nationen und im Weltsicherheitsrat, gegründet auf das Privileg der alten<br />
Atommächte, ein Veto ausgeübt wird, das jedes Mehrheitsprinzip<br />
außer Kraft setzt? Als der Weltsicherheitsrat Ende März über den Kosovo<br />
diskutierte, waren 15 Mitglieder anwesend, wie es sich gehört.<br />
Zwölf von ihnen haben sich für ein Eingreifen in Jugoslawien ausgesprochen,<br />
drei nicht: Rußland, China und Namibia. Die Frage, die dahintersteckt,<br />
ist: Finden wir einen Weg, der das ermöglicht, was jedem<br />
Rechtsstaat und jeder Rechtsordnung zu eigen ist, daß nämlich nicht das<br />
Privileg der Macht ein Veto begründet, das die Anwendung von Recht<br />
und mehrheitlicher Interpretation desselben völlig ausschließt?<br />
Das sind ernste Fragen. Ich weiß, daß sie nicht auf die Schnelle beantwortet<br />
werden können, auch nicht in einem solchen Antrag.<br />
Ich füge noch ein Viertes hinzu: Wer die Entwicklung auf dem Balkan<br />
seit 1989, die Kriege und die Zahl der Ermordeten und Vertriebenen<br />
ernst nimmt, der kann für unser künftiges Handeln nur einen einzigen<br />
Schluß ziehen – auch aus den Fehlern, die die westliche Staatengemeinschaft<br />
in den letzten zehn Jahren gemacht hat –: Unsere Fähigkeit, Krisen<br />
nicht zuerst als militärische Konflikte zu begreifen, sondern ihre<br />
ökonomischen, ihre sozialen, ihre kulturellen, manchmal auch ihre<br />
ökologischen Ursachen frühzeitig zu erkennen und zu bekämpfen, unsere<br />
Fähigkeit, in diesem Sinne vorbeugend politisch zu handeln, muß<br />
deutlich gestärkt werden.<br />
(Beifall)<br />
Das gilt für die Europäische Union. Das gilt auch für die NATO. Das<br />
gilt für alle in der westlichen Staatengemeinschaft.<br />
Liebe Genossinnen und Genossen, laßt mich die Empfehlung, die ich<br />
euch gebe, nämlich den Antrag des Parteivorstandes in der Fassung der<br />
Antragskommission mit großer Mehrheit zu unterstützen, mit einer<br />
eher persönlichen Anmerkung schließen. Ich schließe die eher private<br />
Empfehlung ein, den Ernst des Themas, mit dem wir uns beschäftigen,<br />
nicht nur in der Art unserer Diskussion, sondern auch in der Art, wie wir<br />
darüber abstimmen, sichtbar werden zu lassen.<br />
Meine persönliche Anmerkung ist die folgende: Manches wächst nur<br />
durch Prüfung. Das kann sehr hart sein. Es kann auch bittere Aspekte<br />
haben.<br />
■ PROTOKOLL PARTEITAG BONN 1999 65