Protokoll Parteitag Bonn Verantwortung - SPD
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BERICHT DER ANTRAGSKOMMISSION<br />
Dieser Prozeß muß den Respekt vor Minderheiten, die Rückkehr der<br />
Flüchtlinge, die Achtung unterschiedlicher Herkunft, Religion oder<br />
Überzeugung genauso beinhalten wie den Aufbau einer unabhängigen<br />
Presse, einer unabhängigen Justiz, den Aufbau der zivilen Wurzeln eines<br />
friedlichen Miteinanders. Das wird Zeit brauchen. Einen Baum zu<br />
fällen braucht weniger als eine Stunde; bis ein neuer Baum wächst,<br />
braucht es unglaublich viel Zeit, in diesem Fall auch sehr viel Hilfe.<br />
Im übrigen, liebe Genossinnen und Genossen, stecken in dieser Entwicklung<br />
noch einige weiterführende Fragen. Ich weiß, daß die Debatte<br />
über das Völkerrecht ernst zu nehmen ist und daß man verschiedener<br />
Auffassung darüber sein kann, wie belastbar die völkerrechtliche<br />
Grundlage des Handelns der NATO-Mitgliedstaaten ist. Man muß dies<br />
in allem Ernst diskutieren. Wenn es aber keine Diskussion werden soll,<br />
die in Sackgassen führt, dann ist sie mit weiterführenden Fragen verbunden.<br />
Ich will sie stellen, zumindest vier davon.<br />
Erlaubt die Souveränität eines Staates, daß in diesem Staat Massenmord<br />
begangen wird? Erlaubt die Souveränität eines Staates also, daß in diesem<br />
Staat Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen werden?<br />
Diese Frage hat der Generalsekretär der Vereinten Nationen am 9.4. in<br />
Genf beantwortet. Er sagte: Die Vereinten Nationen und der Weltsicherheitsrat<br />
werden nicht zum letzten Refugium derjenigen, die unter<br />
dem Deckmantel der Souveränität ihres Staates Massenmord, Völkermord<br />
oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit begehen.<br />
(Beifall)<br />
Er hat recht; die Weiterentwicklung des Völkerrechts muß hier ansetzen.<br />
Die zweite Frage ist: Beinhaltet die Souveränität eines Staates das Recht<br />
zur Deportation einer ganzen Bevölkerung, und zwar so, daß die Souveränität<br />
der Nachbarstaaten mißachtet wird? Das genau geschieht jetzt<br />
insbesondere gegenüber Mazedonien und Albanien, wo aus Gründen<br />
der Menschlichkeit und unter großen Belastungen Flüchtlinge, Vertriebene<br />
und Deportierte aufgenommen werden. Es ist aber wahrlich nicht<br />
deren souveräne Entscheidung, alle Konsequenzen tragen zu müssen,<br />
die sich aus dem skrupellosen und brutalen Vorgehen im Kosovo und<br />
durch die jugoslawische Armee ergeben.<br />
64 PROTOKOLL PARTEITAG BONN 1999 ■