Protokoll Parteitag Bonn Verantwortung - SPD
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AUSSPRACHE<br />
Peter Struck, Vorsitzender der <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion:<br />
Liebe Genossinnen und Genossen! Dieser <strong>Parteitag</strong> steht unter dem<br />
Motto „<strong>Verantwortung</strong>“. <strong>Verantwortung</strong> heißt, daß man entscheiden<br />
muß. Man muß in der Bundesregierung, in der Bundestagsfraktion und<br />
im deutschen Parlament entscheiden. Man kann sich nicht vor einer<br />
Entscheidung drücken, und man kann hier auch keine Formelkompromisse,<br />
die man in der Opposition manchmal als Ausweg gefunden hat,<br />
schließen. Es geht schlicht um die Frage – ich bin Andrea Nahles dankbar,<br />
daß sie genau auf diesen Punkt hingewiesen hat –: Wollen wir eine<br />
Feuerpause? Wollen wir einen humanitären Korridor? Wollen wir einen<br />
Waffenstillstand? Oder wollen wir, so wie es Gerhard Schröder,<br />
Rudolf Scharping und andere vorgetragen haben, erreichen, daß Milosevic<br />
nachgibt? Ich respektiere die Ansicht, die Andrea und andere hier<br />
vorgetragen haben; ich teile sie aber nicht.<br />
Liebe Genossinnen und Genossen, ich möchte fragen: Ist nicht aus den<br />
Erfahrungen der Vergangenheit, der letzten Jahre, klar ersichtlich, daß<br />
Milosevic kein zuverlässiger Vertragspartner sein kann? Er hat sich in<br />
Verhandlungen immer geäußert; er hat sich aber nie an die Vereinbarungen<br />
gehalten. Eine Feuerpause, die er akzeptieren würde, würde dazu<br />
führen, daß weitere Menschen im Kosovo ermordet werden. Dafür<br />
will ich meine Hand und meine Stimme nicht hergeben, niemals!<br />
(Vereinzelt Beifall)<br />
Sigrid Skarpelis hat gesagt, daß wir den Vertriebenen helfen wollen.<br />
Aber helfen wir ihnen denn, wenn wir Milosevic weiter gewähren lassen?<br />
Rudolf Scharping hat klar gemacht, was dieser Verbrecher am Volk<br />
der Kosovaren anrichtet. Sein Ziel ist es, die Kosovaren auszulöschen.<br />
Jede Minute, die man ihm gibt, weil man ihm freie Hand läßt, bedeutet<br />
Tote mehr im Kosovo. Wir können das nicht wollen, und wir können<br />
das nicht wünschen.<br />
Ich frage dich, liebe Andrea Nahles, und andere, die diesen Antrag unterstützen:<br />
Wenn ihr vom humanitären Korridor sprecht, wer soll denn<br />
die Sicherheit dieses humanitären Korridors gewährleisten? Wer soll<br />
denn dafür sorgen, daß es diesen Korridor gibt, wo doch klar ist, daß Milosevic<br />
und das jugoslawische Regime niemals einen solchen Korridor<br />
zulassen wollen? Das geht doch dann nur noch mit militärischer Gewalt.<br />
(Beifall)<br />
80 PROTOKOLL PARTEITAG BONN 1999 ■