Die Wolfacher Fasnet - Netz-Seite
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Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 109<br />
stellten nun nach Anfrage und Vorschlag der Narrenzunft in Aussicht, nach dem Umzug der Feuerwehr deren<br />
altes Gerätehaus in der Luisenstraße als Narrenkammer unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. Bis zur Fertigstellung<br />
des neuen Gerätehauses wanderte die Narrenkammer im Sommer 1986 in die 1951 errichtete Halle der<br />
Schlosserei Krausbeck im Mesnergässle, die ungefähr bei der Einfahrt zur Tiefgarage des katholischen Gemeindehauses<br />
lag und im September 1987 abgerissen wurde. Danach war die Narrenkammer im HaBu-Gebäude<br />
untergebracht, das im November 1989 ebenfalls der Spitzhacke zum Opfer fiel. Schließlich kam sie in das im<br />
November 1988 frei gewordene alte Feuerwehrgerätehaus.<br />
1990 gab es Pläne, auf dem Gelände beim ehemaligen E-Werk beim Straßburger Hof eine größere Halle zu<br />
errichten, die aber aus finanziellen Gründen scheiterten. Bürgermeister Gottfried Moser versprach 1992 der<br />
Narrenzunft, auf dem Gelände des Städtischen Bauhofes im Straßburger-Hof-Gebiet ein Areal von etwa 7 m *<br />
12 m für den Neubau eines Wagenschopfes zur Verfügung zu stellen 911 , doch konnte auch dies nicht realisiert<br />
werden. Nachdem der Gemeinderat im September 2004 beschloss, das alte Feuerwehrgerätehaus abzureißen, um<br />
Platz für den Neubau eines Seniorendomizils zu schaffen 912 , forcierte die Narrenzunft die Suche nach einem<br />
geeigneten Ersatzstandort 913 . Der Große Narrenrat entschied sich schließlich in einer Sondersitzung am 18.<br />
Januar 2005 einstimmig dafür, das ehemalige Geschäftshaus von Kurt Heinz in der Adlergasse 2 zu erwerben,<br />
nachdem die anderen möglichen Standorte – die seit Jahren leer stehende Gastwirtschaft „Zähringer Hof“, der<br />
ehemalige Kirnbacher Bauhof, der alte <strong>Wolfacher</strong> Bahnhof und ein Gelände hinter dem Bahndamm beim<br />
Schmelzegrün – vor allem aus Kostengründen nicht in Frage kamen 914 . Nach der Unterzeichnung der Kaufverträge<br />
Ende März 2005 übergab Kurt Heinz am 1. April 2005 nach einer kurzen Ansprache symbolisch den<br />
Schlüssel für das Gebäude an den Narrenvater Hubert „Vitus“ Kessler, von einer vierköpfigen Abordnung der<br />
Narrenkapelle mit dem Michelesmarsch musikalisch umrahmt. <strong>Die</strong> Narren feierten das Ereignis anschließend<br />
mit einer kleinen Eröffnungsparty in den neuen Räumen und einem kleinen, durch drei Böllerschüsse angekündigten<br />
Umzug, mit dem sie die ersten Requisiten von der alten in die neue Narrenkammer transportierten<br />
915 . Allerdings kamen nur wenige Besucher, da wohl viele die Ankündigung des Festes in den<br />
Zeitungen als Aprilscherz betrachteten.<br />
Zu den Baukosten spendete der Verein zur Förderung der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> 51 000 € 916 . Nach einigen Umbauten<br />
unter der fachkundigen Leitung von Narrenrat Martin Brod weihten die Narren ihr neues Domizil mit<br />
dem alljährlichen Helferfest und einem Tag der offenen Tür am 1./2. Oktober 2005 offiziell ein. Bürgermeister<br />
Gottfried Moser verkündete bei dem Fest überraschend, dass die Narrenzunft einen Kredit über 25 000 € aufnehmen<br />
dürfe und die Stadt für dessen Tilgung sorgen werde, denn es gelte, die Kultur der Stadt und hierbei in<br />
erster Linie auch die <strong>Fasnet</strong> zu unterstützen 917 . Am Sonntag wurde eine Ehrentafel für jene Narren und<br />
Gruppierungen enthüllt, die sich an der Aktion „100 für 100“ mit einer Spende von mindestens 100 € beteiligten.<br />
Bei der Martinisitzung 2005 durften die Spender den Platz für die mit ihrem Namen versehenen goldenen<br />
Plaketten auf der Ehrentafel selbst bestimmen.<br />
Zur Ausschmückung der neuen Kammer schuf Erwin Jehle ein Gipsrelief mit dem Zunftwappen und stiftete<br />
außerdem eine von Heinz Pape 1962 für Rudolf „Thedörle“ Armbruster in der Vorstadtstraße 66 gemalte<br />
Narrenfahne 918 .<br />
3.3. Narrenfahnen<br />
1948 malte Josef Krausbeck die ersten drei Narrenfahnen für sein eigenes Haus, auf der der <strong>Wolfacher</strong> Ur-<br />
Hansel von 1927 zu sehen ist, sowie für Georg Straub und Friedbert Schrempp, den Wirt der Gastwirtschaft<br />
„Zum Kreuz“ 919 . Im Laufe der Zeit entstanden über 115 Fahnen, die mit ihren farbenfrohen Motiven der Stadt<br />
über die <strong>Fasnet</strong>zeit ein ganz besonderes närrisches Flair verleihen, wie es sonst nirgends zu sehen ist. Über 70<br />
davon fertigte Krausbeck bis ins hohe Alter hinein, zuletzt tatkräftig unterstützt von Martin Rupprecht, der die<br />
großflächigen Malarbeiten übernahm, während Krausbeck die Details und Gesichter malte, denn das Porträtzeichnen<br />
gehörte zu seinen besonderen Leidenschaften 920 . Neben diesen beiden schufen auch Gebhard Bächle,<br />
genannt „Löns“ 921 , Roland Severin Schuler, lange Jahre als Narrenrat und Festspielleiter aktiv, sowie der Maler<br />
Heinz Pape 922 zahlreiche Fahnen. Einige von Papes Stoffkunstwerken, die das Rathaus zierten, fielen 1990 dem<br />
stürmischen Wetter zum Opfer 923 .<br />
911 Bericht im MBW vom 31.12.1992.<br />
912 Bericht im Schwabo vom 24.9.2004.<br />
913 Zur neuen Narrenkammer siehe: <strong>Die</strong> neue Narrenkammer.<br />
914 Berichte im Bürger-Info vom 2.9.2004, OT vom 4.9.2004, Schwabo vom 14.10.2004 und 20.1.2005.<br />
915 Berichte im Schwabo vom 30.3. und 4.4.2005 und OT vom 3.4.2005.<br />
916 Bericht im OT vom 28.4.2005.<br />
917 Bericht im Schwabo vom 4.10.2005.<br />
918 Bericht im Schwabo vom 8.10.2005.<br />
919 Krausbeck: Närrisches Gedenken.<br />
920 Hermann: Wenn das närrische Wolfach die Fahne hißt; König: Erster Schnurrant 1600 schriftlich nachgewiesen.<br />
921 Zu Bächle siehe Anmerkung 906.<br />
922 Zu Pape siehe Anmerkung 488.<br />
923 Zur Wetterlage an der <strong>Fasnet</strong> 1990 siehe Schmalz: Als der Sturm „Vivian“ die Narren durchwirbelte.