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Die Wolfacher Fasnet - Netz-Seite

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Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 75<br />

Narrenzünfte aus der VSAN ausgetreten ist, nicht frei von Neuerungen und grundlegenden Veränderungen im<br />

Brauchtum ist. Entsprechendes gilt auch für Überlingen, Rottweil und Oberndorf, die zusammen mit Elzach<br />

einen „Vierer-Bund“ bilden und sich nur gegenseitig besuchen.<br />

Außer in Elzach erscheint der Teufel auch in anderen Orten als reale Gestalt. <strong>Die</strong> Triberger Teufel gehen auf<br />

eine 1893 geschnitzte Teufelslarve zurückgeht 630 . Eine Einzelfigur ist der Offenburger Hexenmeister, der erstmals<br />

in den 1930er-Jahren mit seinem Teufelsgewand auftrat 631 . 1952 schufen die Hornberger Narren die <strong>Fasnet</strong>figur<br />

Horn mit einer Teufelslarve 632 . Kaum älter ist der Schiltacher Teufel, der 1950 nach einer Sage über einen<br />

großen Stadtbrand im 16. Jahrhundert entstand 633 . Seit 1995 gibt es in St. Roman, einem Ortsteil der zu Wolfach<br />

gehörenden Gemeinde Kinzigtal, als Narrenfigur einen Teufel, gestaltet nach einer Sage über den dortigen<br />

Teufelsstein 634 .<br />

Ebenfalls eine Teufelsgestalt ist der Rottenburger Ahland, der erstmals 1929 zu sehen war 635 . Als Vorbild für<br />

die Larve diente eine Sandsteinfratze, deren Alter und Herkunft umstritten sind 636 . Zunächst hieß diese Narrenfigur<br />

Rottenburger Originalmaske, erst seit 1950 setzte sich nach und nach die Bezeichnung Ahland durch. In<br />

Rottenburg bezeichnete das Wort Aland ursprünglich eine ‚vermummte Person an der Fastnacht, namentlich ein<br />

maskiertes Kind’, Aland gehe n stand für ‚vermummt gehen’ 637 , hatte also keinen Bezug zu einer bestimmten<br />

Verkleidung, sondern diente als Sammelbegriff für eine Maskierung an sich. Über die Herkunft des Wortes<br />

spekulierte Hermann Fischer in seinem Schwäbischen Wörterbuch: Wenn dieses ganz lokal überlieferte Wort<br />

nicht eine specielle Entstehungsursache habe, so könnte Aland eine euphemistische Entstellung von mhd. vâlant<br />

‚Teufel’ sein. In der lokalgeschichtlichen und volkskundlichen Literatur wurde diese beiläufig geäußerte Vermutung<br />

Fischers dann ungeprüft als eine wahre Tatsache übernommen 638 . <strong>Die</strong>se Herleitung ist jedoch aus<br />

sprachgeschichtlichen Gründen unmöglich, da ein konsonantischer Anlaut nicht einfach wegfallen kann 639 . <strong>Die</strong><br />

Grundbedeutung von nhd. Valand, Voland 640 ‚Teufel’ < mhd. vâlant ist ‚der Schreckende’ 641 und gehört zu idg.<br />

*pel-, pelm-, plē- ‚gießen, fließen, aufschütten, füllen, einfüllen’ > germ. *feljan ‚erschrecken’ > ae. *fÖl-e; ülfÖl-e,<br />

eal-fēl-o ‚verderblich, schrecklich’, mhd. vâlant bzw. idg. *peled- ‚Feuchtigkeit, feucht’ > germ. *fela-,<br />

*felaz? ‚erschreckend’ > an. fāl-a ‚Trollweib, Hexe, Zauberweib, Ochs, Ochse’ 642 .<br />

Der Begriff Aland/t bezeichnet zunächst allgemein eine Karpfenfischart, eine würzhaltige Kräuterpflanze 643<br />

sowie verschiedene europäische Flüsse 644 und ist auch als Familienname verbreitet 645 . <strong>Die</strong> Johannesbeere hieß<br />

früher auch Alantbeere. Es ist anzunehmen, dass der Familienname jüngeren Datums ist und auf einer der<br />

anderen Bedeutungen basiert. Der Flussname Alant geht zurück auf idg. al(a) ‚Quelle’ 646 , der zu den Weißfischen<br />

gehörende Aland auf mhd. alant < ahd. alunt < germ. *alunda, *alundaz < idg. *al-, *alōu-, *almu-<br />

‚weiß, glänzend’ 647 , die Pflanze Alant auf germ. *alan ‚sich nähren’, got. al-an* ‚wachsen, sich nähren’ < idg.<br />

*al- ‚wachsen, nähren’ 648 . Zudem kann Alant auch ‚Alaun (Kalium-Aluminium-Sulfat; ein Beizmittel in der<br />

Gerberei, Papierleim)’ bedeuten 649 .<br />

630 Zur Entstehungsgeschichte des Triberger Teufels siehe: <strong>Die</strong> Geschichte der <strong>Fasnet</strong> in Triberg, 70-73.<br />

631 180 Jahre Freie Narrenzunft Wolfach, 22. Abbildung in Kutter / Knauss: Schwäbisch-alemannische Fasnacht, 81.<br />

632 180 Jahre Freie Narrenzunft Wolfach, 21. Abbildung in Kutter / Knauss: Schwäbisch-alemannische Fasnacht, 89.<br />

633 180 Jahre Freie Narrenzunft Wolfach, 27. – <strong>Die</strong> Sage über den Schiltacher Stadtbrand ist abgedruckt in Alemannische Sagen, 108f.<br />

634 <strong>Die</strong> Sage über den Teufelsstein ist abgedruckt in Baader: Volkssagen aus dem Lande Baden, Nr. 93; Schneider-Strittmatter: <strong>Die</strong> Stabsgemeinde<br />

Kinzigtal, 110-112. – Glasmaler Georg Straub verfasste 1936 ein Gedicht über die Sage. Manuskripte im Museum Schloss<br />

Wolfach, Inventar-Nr. 2009/515-58 und -67.<br />

635 Zur Geschichte des Rottenburger Ahlands siehe Göggel: Von der „Originalmaske“ zum „Ahland“; Göggel: <strong>Die</strong> Sandsteinmaske am<br />

Jägerhaus. – Abbildung in Kutter / Knauss: Schwäbisch-alemannische Fasnacht, 111.<br />

636 <strong>Die</strong> vermutete Entstehungszeit der Fratze schwankt zwischen Ende des 14. und Mitte des 16. Jahrhunderts. Göggel: <strong>Die</strong> Sandsteinmaske<br />

am Jägerhaus.<br />

637 Fischer: Schwäbisches Wörterbuch I, 124 s. v. Aland.<br />

638 Ohne eine genaue wissenschaftliche Überprüfung übernommen wurde die Erklärung Ahland = Faland beispielsweise in Moser, D.-R.:<br />

Fastnacht und Fastnachtspiel, 142. Auch Prof. Werner Mezger verbreitet diese Theorie in seinen Kommentaren zu den Narrentreffen im<br />

Fernsehen.<br />

639 Briefl. Auskunft des Germanisten Prof. Paul Derks, Essen, vom 11.4.2004.<br />

640 In Goethes Faust spricht Mephistopheles in der Szene Walpurgisnacht zu den Hexen: Was! dort schon hingerissen? / Da werd’ ich Hausrecht<br />

brauchen müssen. / Platz! Junker Voland kommt. Platz! süßer Pöbel, Platz! Goethe: Faust, 171.088.<br />

641 Wahrig: Deutsches Wörterbuch, 4012 s. v. Voland; Grimm: Deutsches Wörterbuch III, 1267 s. v. Faland; XXVI, 453 s. v. Voland.<br />

642 Wasserzieher: Woher?, 432 s. v. Voland; Pokorny: Idg. Etymologisches Wörterbuch I, 801; Köbler: Idg. Wörterbuch, s. v. *peled-. – Aus<br />

der gleichen Wurzel stammt germ. *flaþrōn ‚flattern’ < ahd. fledarmūs < mhd. vlëdermūs ‚Fledermaus, Motte’. – Das mhd. vâlant kann<br />

nicht als ‚der zu Fall bringende’ gedeutet werden, wie in der lokalhistorischen Literatur Rottenburgs vermutet wird (Göggel: Von der<br />

„Originalmaske“ zum „Ahland“), denn die Länge des Vokals in fallen ist kurz, in vâlant hingegen lang.<br />

643 Alant ‚ausdauernde Kräuter der Korbblütlergattung mit meist gelben, reichblütigen Blütenkörbchen’. dtv-Lexikon I, 95 s. v. Alant. – Der<br />

Echte Alant heißt auch Helenenkraut. Meyerscout 2003, s. v. Alant, Heilpflanzen / Tabelle; Zedler: Grosses Vollständiges Univeral<br />

Lexicon VIII, 1327-1330, s. v. Enula. – Vgl. Lexer: Mhd. Handwörterbuch, s. v. alant.<br />

644 Alantia > Elz (Nebenflüsse des Neckars, der Mosel, des Rheins); Aluntà, Aluo(n)ta, Alantelė, Flüsse in Litauen; Alantas, zwei Flüsse im<br />

baltischen Gebiet; Aland, mehrfach als Flussname im Elbe-Gebiet bei Wittenberge. Krahe: Sprache und Vorzeit, 49.<br />

645 dtv-Lexikon I, 95 s. v. Aland, Kurt; Telefonauskunft für den PC, s. v. Aland, Ahland.<br />

646 Krahe: Sprache und Vorzeit, 49.<br />

647 Köbler: Idg. Wörterbuch, s. v. *al- (6).<br />

648 Köbler: Idg. Wörterbuch, s. v. *al- (2); Wasserzieher: Woher?, 110. – Auf den gleichen Wortstamm dürfte die Alantdistel, eine Kratzdistel<br />

in Gebirgsgegenden, zurückgehen. dtv-Lexikon I, 95 s. v. Alantdistel.<br />

649 Fnhd. Wörterbuch I, 742 s. v. alant (3).

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