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Die Wolfacher Fasnet - Netz-Seite

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Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 166<br />

ihrem Vorhaben. Hr Magister Bredelin erklärte sich unentgeldlich zur Information der Singstimmen bereit, wenn<br />

er helfen könnte, und die Musik, also das Notenmaterial, bei der Hand wäre, die Kick aber erst noch aus Ravensburg<br />

erwartete.<br />

Sonntagabends gegen 4 oder 5 Uhr ging jedoch schon ein anderer Wind, den der Cantor Knecht auf Befehl<br />

seines Bruders Justin Heinrich blasen muste, wie Kick schreibt. Der Wind sei zwar nicht stark gewesen, denn Hr<br />

Cantor kränkelt schon lange an der Lunge, aber desto beißender: Hr Bucher (Organist), Fischer und<br />

SchulLehrer Bopp fragten im Wirthshauß im Mond den Cantor, warum Er nicht zu Mittag beim Max Kick<br />

geweßen seie. Der Cantor Knecht antwortete, auch sein Hr Bruder Justin Heinrich hätte ihn gefragt, ob er bei<br />

dem Complott geweßen seye, denn dieser habe das Directorium nicht übernommen. Weitere Einzelheiten über<br />

dieses Wirtshausgespräch nennt Kick nicht, verweist jedoch darauf, dass die Herren noch mehr darüber wüssten,<br />

die dabei gewesen seien.<br />

Vom 16. August an war allerhand elendes geschwäz in den Kellern und bei andern Gelegenheiten zu hören.<br />

Beispielsweise sagte Justin Heinrich Knecht, die hiesigen Musikanten seien dazu aufgelegt, das Caos zu spielen,<br />

wenn aber das Licht eintrette, so müsten dieselbe aufhören. Das ist eine Anspielung auf die Orchestereinleitung<br />

der Schöpfung, in der Haydn das Chaos vor der Erschaffung der Welt musikalisch schildert und das dann am<br />

ersten Tag der Schöpfung dem göttlichen Licht weicht. Als Ohrenzeugen für diese abschätzige Bemerkung<br />

Knechts über die Biberacher Musiker nennt Kick den Hr Verleger Ostermaier und Bortenmacher Kick 1342 . Einer<br />

der Söhne des Hrn Knechts, von Beruf Buchdrucker, antwortete auf die Frage, wer die Schöpfungs Texte abdrucken<br />

werde, dass aus dieser Arbeit nichts werde, weil sein Vater die Direktion nicht übernehme.<br />

Am 19. August ging mit dem Allumn. Müller ein fehler weegen dem ansagen an den Braun, zum Posaunen<br />

blaßen vor. Hr D. Knecht sagte dazu: gleich will ich klagen, wenns eine andre Musik wär, da wäre man gleich<br />

parat, und diese wollen die Schöpffung aufführen. ja ja. Sie sollen nur vorher fl 200 Caution stellen. Als Zeugen<br />

für diese Äußerung nennt Kick Hr Apot. Stecher und SchulLehrer Bopp. Einen Tag später reiste Kick nach<br />

Marchtal, um die Herren dort einzuladen. Am 22. August erhielt er das Notenmaterial aus Ulm. Am 31. August<br />

lud er vor Ort die Musiker aus den Klöstern Mönchsroth (Rot an der Rot) und Ochsenhausen zur Mitwirkung<br />

ein. Noch am 9. September, als er ins Kloster Schussenried fuhr, wusste er nicht, woran er mit dem Director<br />

daran wäre.<br />

Drei Tage später ging Kick zu Hrn Bürger-Mstr Doct. Stecher und bat Hr Burg, den Hr M. D. Knecht<br />

kommen zu lassen, um ihn weegen dem Directorium zu fragen. 1000senderley Ausflüchte brachte Knecht vor,<br />

bis er sich endlich dazu entschloss, eine nochmalige Zusammen berufung zu veranstalten, um die Schöpfung<br />

gemeinsam zu geben. <strong>Die</strong>se Versammlung fand am Abend des 12. Septembers statt. Als Grund für Knechts<br />

zögerndes Verhalten gibt Kick an, dass dieser den Veranstaltern den möglichen Gewinst missgönnte und zugleich<br />

Angst davor hatte, einen möglichen Verlust mittragen zu müssen. Knechts Absicht, so Kick, sei es gewesen,<br />

dies den Veranstaltern auf jeden fall zu erschweren oder es gar zu verhindern. Kick verweist als Beleg<br />

für seine Behauptung auf das Versammlungsprotokoll des Hrn Magisters Bredelin. Darin steht, dass Hr<br />

MusikDirector Knecht auf einer Subscription für das Konzert bestehe, um frembde Sänger und Sängerinen<br />

engagieren zu können. <strong>Die</strong> versammelten hießigen Musik Collegiaten beeder Religionen ließen sich diesen Vorschlag<br />

gefallen, obgleich zuvor keine rede davon gewesen war, dass sie die Kosten nicht übernehmen wollten.<br />

Nun äußerten sich die Anwesenden reihum zu Knechts Vorschlag und gaben ihr Votum ab; es kristallisierten<br />

sich vier Parteien heraus, wobei sich eine Mehrheit für den Vorschlag des Organisten Bucher ergab (siehe<br />

Tabelle 14).<br />

Anschließend gaben die Organisatoren Kick und Braun ihre Stellungnahmen ab: Kick bedauert, dass der<br />

Vorschlag Knechts abgelehnt wurde, obwohl er und Braun gegen den Vorschlag hätten protestieren können,<br />

denn er, Kick, erinnere sich wohl, was am 15. August die anwesenden Musiker gesagt hätten. Für ihn und Braun<br />

seien zudem bereits einige Kosten entstanden durch die Einladung der Konventualen in den Klöstern. Sie wären<br />

jedoch nicht abgeneigt, jeden, der sich ihnen anschließen wolle, aufzunehmen. Deshalb wundere es sie, dass<br />

Musikdirektor Knecht so etwas noch vorbringen könne. Auch die Speculation der Subscript. ließen sie sich gefallen,<br />

falls Hr M. D. Knecht schriftlich die Versicherung erteile, dass auf jeden Fall die Schöpfung aufgeführt<br />

werden sollte. Ihre Speculat. gehe nicht auf Gewinnsucht, sondern dieses Unternehmen werde zu Biberachs Ehre<br />

gereichen. Falls es nun platzen sollte, so müsste er, Kick, von den Konventualen, die er und Braun bereits eingeladen<br />

hätten, als ein Lügner und schlechter Mann angesehen werden. Er verlange deshalb von Hrn Director<br />

die Übernahme der Direction und müsse gegen die Specul. d. Subscript. protestieren. Falls die Aufführung<br />

dadurch ins Stocken gerate, sei doch seine Ehre bei denen Auswärtigen gerettet.<br />

Tabelle 14: Abstimmungsverhalten am 12.9.1802 über die Aufführung der „Schöpfung“<br />

1342 Zum Bortenmacher Kick siehe Anmerkung 1341.<br />

Vorschlag Knecht Bucher Bredelin Klock<br />

Name<br />

Bopp, Christian x<br />

Bopp, Johann Michael (x)<br />

Bredelin, Magister x<br />

Brogle x

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