Die Wolfacher Fasnet - Netz-Seite
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Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 174<br />
Am Grabe meines Lehrers, Freundes und Wohlthäters, des verstorbenen Hrn. Magisters und<br />
Chordirektors G. A. Bredelin 1411 . 1814.<br />
Als Lehrer war Dein thätig Wirken<br />
Der Achtung aller Edeln we[r]th;<br />
Und in der Wissenschaft Bezirken<br />
Hat jeder Kenner Dich geehrt!<br />
Ja, Deine Compositionen!<br />
Sie werden unvergeßlich seyn.<br />
Du lebst in andern Regionen,<br />
Und stimmst ins Halleluja ein!<br />
Als Dichter wirst Du nie vergessen;<br />
Manch Lied hat fröhlich uns gemacht,<br />
Das uns – gesungen und gelesen –<br />
Von Dir zur Freude ward gebracht.<br />
Doch mehr als dieses – eine Blume<br />
Wird stets in meinem Herzen blüh’n:<br />
„Das ist der größt’ von jedem Ruhme,<br />
„Wenn Herzen dankbar für uns glüh’n!“<br />
Als zweiter Vater, Freund und Lehrer<br />
Wirst Du mir unvergeßlich seyn.<br />
Ich bin Dein innigster Verehrer,<br />
Und wein’ an Deinem Leichenstein.<br />
In einer Fußnote zu seinem Gedicht weist Epple darauf hin, dass Bredelin herrliche Musikstücke für Kirche und<br />
Theater komponierte. In seinem Vorwort beschreibt Epple seinen dichterischen und musikalischen Werdegang,<br />
der zeigt, welch großen Einfluss Bredelin als Lehrer auf ihn gehabt hat 1412 :<br />
Schon aus der Ankündigung dieser Gedichte konnte man ersehen, was die Hauptursache war, die mich bewog,<br />
sie unter das Publikum zu bringen: „<strong>Die</strong> Unterstützung meiner armen Aeltern!“ – als Knabe schon<br />
zeigte ich Anlagen zur Musik und Poesie, und nichts war mir lieber als ein Buch in Versen geschrieben; aber<br />
als Kind zu armer Aeltern mußte ich alle schönen Gefühle und Anlagen beinahe mit Gewalt unterdrücken.<br />
Mein Vater konnte mir keine angemessene Erziehung geben, noch durch Andere mich bilden lassen. – Der<br />
Arme ist ohnehin auch meistens verachtet; und deßhalb fand ich auch sonst keine Unterstützung, die es mir<br />
möglich gemacht hätte, zu einer solchen Bildung zu gelangen, die meinen Anlagen mehr angemessen gewesen<br />
wäre.<br />
Mein Vater nahm mich deßhalb zu seiner Profession und ich musste ihm am Hobelbanke helfen. – Ich hatte<br />
aber dazu weder Lust noch Freude. Daher kam es, daß ich mehr in der Musik, als in dem, was die Profession<br />
meines Vaters betraf, mich übte; und endlich durch einige guten Freunde unterstützt widmete ich mich dem<br />
Schulfache.<br />
In frohen Stunden, deren aber der harte Schulstand wenige zählt, verfasste ich nun verschiedene Gedichte,<br />
theils in schwäbischer, theils in reindeutscher Sprache, und die bessern davon hab’ ich in dies Werkchen<br />
aufgenommen.<br />
Da es jedem Freunde und Mitbruder meines Standes bekannt ist, dass die Schullehrer lauter Jesus-Märtirer<br />
sind, die nicht viel Capitalien an Zinns legen können, und da sich täglich die Leiden meiner guten Aeltern<br />
mehrten; so kam ich auf den Gedanken, meine verfassten Gedichte zu sammeln, und dieselben drucken zu<br />
lassen, nur damit ich etwa eine Quelle finden möchte, aus der wieder einige Unterstützung den Meinigen zufließen<br />
könnte.<br />
Da ich sie Alle zusammen geordnet hatte, gab ich sie einem Kenner und Menschenfreunde zur Einsicht und<br />
Ausfeilung.<br />
Nun werden dieselben zum Drucke befördert, und zwar auf dem Wege der Subskription.<br />
Was die Gedichte im schwäb. Dialekte betrifft, so fand ich in dem Orte, wo ich lebe, und in der Gegend<br />
Niemanden, der sie korrigen konnte oder mochte. Ich gab mir also selbst Mühe, sie so ordentlich als möglich<br />
ins Reine zu bringen. –<br />
Wenn also ein bescheidener Kenner in denselben Fehler findet, woran ich gar nicht zweifle; so bitte ich auf<br />
das Besagte Rücksicht zu nehmen und zu bedenken, dass der Verfasser selbst nicht jeden Fehler einsieht, und<br />
das, was etwa fehlerhaft ist, hauptsächlich auch deßwegen stehen blieb, weil ich Niemanden fand, der es vor<br />
1411 Anmerkung von Joseph Epple: „Componirte herrliche Musikstücke für Kirche und Theater.“<br />
1412 Epple: Vermischte Gedichte in schwäbischer Mundart, III-VIII. – Im Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd befinden sich keine Werke<br />
Bredelins und auch ein Nachlass von Joseph Epple existiert nicht. E-Mail des Schwäbisch Gmünder Stadtarchivars Dr. Klaus J. Herrmann<br />
vom 5.6.2009.