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Die Wolfacher Fasnet - Netz-Seite

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Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 82<br />

zwischen Wolfach und Halbmeil, eine Burg besaß 679 . In Anlehnung an diesen historischen Comic entstand 2003<br />

das <strong>Fasnet</strong>spiel Udilhilt Jungfrau von Wolva 680 .<br />

Der Text des <strong>Fasnet</strong>usrufe<br />

Wir, Graf Konrad zu Wolfach, Schutzherr aller Narren und derer, die ganz verruckt sind, Herr zu<br />

Gassesteg 681 und Galgebühl 682 , Funkegass 683 und Fröschlache 684 , Gebieter des Mannen- und Weibergrabens<br />

685 , von Krutmärkt 686 , Krottegrabe 687 und Kritzgass 688 , von Schützeneck 689 , Schirleberg 690 und<br />

Schinderhütte 691 , erlauchter Regent des Schlosses, tun kund und zu wissen unserem närrischen Volk zu<br />

Wolfach, wie allen Hintersassen 692 , Beamten, Bauern und Pfriemenstümplern 693 , daß wir ein schier siebentägiges<br />

Fest, genannt <strong>Fasnet</strong>, bereiten wollen. Dabei sollen Euch folgende Feierlichkeiten erfreuen: wie am<br />

morgigen Tage, sollt Ihr am Möntig und Zischtig je eine Elfemess haben. Dann seid Ihr geladen am<br />

morgigen Tage wie am Samschtig und Zischtig zu fröhlichem Kaffeetrunk. <strong>Die</strong> Nächte über seid beim Tanze<br />

mit Euren geliebten Weibern. Besonders laden wir Euch zum großen Zunftball am Samschtig ein. Den<br />

Schellenmöntig sollt Ihr mit dem hemdklunkigen 694 Wohlauf beginnen und dabei das Geisteslicht Eures<br />

Narrenhirns als Stallfunzel 695 zeigen. Säubert Eure Nachthemden gebührend, daß Ihr sie auch sehen lassen<br />

könnt! Am Nachmittag findet das Festspiel N.N. statt. Zum Fest ziert und beflaggt die Häuser und Straßen.<br />

Am Zischtig ist für de Narresome 696 en Fescht mit Festzug, Brezel und Würscht, am Nachmittag der Nasenzug<br />

nach altem Brauch. Dann beendigt den Tag auf dem Tanzboden, bis Euch der äschrige Mittwoch in Herz<br />

pfetzt 697 . Am Mittag dieses Tages sollt Ihr Eure leeren Geldbeutel wäschen, klagen und Stockfische fressen in<br />

trauerndem Gedenken an Eure Liederlichkeit. Aber bis dahin: Freut Euch, Ihr Alte und Junge, seid fröhlich<br />

und deckt Eure Streiche auf unverdrossen. Wir grüßen Euch als Eure Guts- und Landesherren mit dem<br />

<strong>Wolfacher</strong> Gruß: Narro!<br />

2.2.3. Kaffeetanten<br />

Am Schmutzige Dunnschtig und <strong>Fasnet</strong>samschtig um 14 Uhr sowie am <strong>Fasnet</strong>zieschtig um 13 Uhr treffen sich<br />

die Kaffeetanten vor je einem Lokal oder Café, um im Gänsemarsch um die Stadt zu ziehen, angeführt von den<br />

Kaffeetrommlern mit ihrem Trommelschlag im Rhythmus des dem jeweiligen Café angepassten Ausrufes Kaffee<br />

im [Name des Cafés]! Ist der Zug wieder beim Café angekommen, bilden die Trommler vor der Eingangstür ein<br />

Spalier für die ins Café einziehenden Kaffeetanten, wobei das Trommeltempo und die Lautstärke immer mehr<br />

gesteigert werden, bis sich der Rhythmus nach und nach in einen einzigen wilden Trommelwirbel verwandelt,<br />

der dann abrupt mit einem kräftigen Schlag auf die Trommeln endet, sobald die letzte Kaffeetante in der Tür<br />

verschwunden ist. Es folgt nun ein närrisches Beisammensein bei Kaffee und Kuchen. Am Schmutzige<br />

Dunnschtig besuchen die Kaffeetanten und –trommler anschließend den Bürgermeister, der sie im Großen Rat-<br />

679 Zur Geschichte der Gippicher siehe Disch: Chronik Wolfach, 582-585; Fautz: <strong>Die</strong> Ritter und Edelknechte von Gippichen. – Der<br />

Abrahamshof wurde 1964 auf Initiative des Kaplans Karl Balkenhol aus Essen-Kupferdreh zum Jugendheim Thomas Morus ausgebaut.<br />

Stiefenhofer: Mit eisernem Willen Wunder vollbracht.<br />

680 Zu Einzelheiten über dieses Festspiel siehe Abschnitt 1.4.4 Festspiel.<br />

681 Gassesteg ‚Gassensteg’: Fußgängerbrücke über die Kinzig, verbindet Stadt und Vorstadt.<br />

682 Galgebühl ‚Galgenhügel’: der Galgenbühl befindet sich oberhalb des Galgengrüns an der Kinzig zwischen Wolfach und Kirnbach, wo das<br />

Hochgericht, die Hinrichtungsstätte der Landschaft Wolfach, lag. Disch: Chronik Wolfach, 373. – Mhd. bühel ‚Hügel’. Lexer: Mhd.<br />

Handwörterbuch, s. v. bühel.<br />

683 Funkegass: Funkenbadstraße. – Zur Herkunft des Namens siehe Schrempp, O.: Wolfach – Fremdenverkehrsort mit Tradition, 179f.<br />

684 Fröschlache ‚Froschtümpel’: Josefgasse in der Vorstadt.<br />

685 Mannen- und Weibergraben: die ehemaligen Wassergräben der Stadtbefestigung in der Berg- und Grabenstraße. Der Weibergraben soll<br />

leichter zu verteidigen gewesen sein als der Männergraben, weshalb er dem schwächeren Geschlecht überlassen wurde. Disch: Chronik<br />

Wolfach, 189. – <strong>Die</strong> Grabenstraße heißt im Volksmund auch Schnattergass.<br />

686 Krutmärkt ‚Krautmarkt’: Marktplatz vor dem Rathaus.<br />

687 Krottegrabe ‚Krötengraben’: Graben parallel zur Vorstadtstraße auf der Bergseite zwischen Luisen- und Funkenbadstraße. – Eine<br />

Anekdote über den Krottegrabe ist im <strong>Wolfacher</strong> Narrenblättle 18 (1988) abgedruckt.<br />

688 Kritzgass ‚Kreuzgasse’: Gasse neben der Gastwirtschaft „Zum Kreuz“.<br />

689 Schützeneck: an der Vorstadtstraße Ecke Kirchstraße, wo sich vor 1894 im Haus Krausbeck die Gastwirtschaft „Zum Schützen“ befand.<br />

690 Schirleberg: Bergrücken östlich von Vorlangenbach. – Das Wort Schirle könnte eine Zusammensetzung sein aus mhd. schîr ‚lauter, rein’<br />

und mhd. lôch, lô ‚Gebüsch, Wald, Gehölz’ < ahd. lôh ‚Busch, Niederwald’; der Schirleberg wäre also demnach ein Berg, der nur mit<br />

Wald bewachsen ist. Lexer: Mhd. Taschenwörterbuch, 129, s. v. lôch, 184, s. v. schîr. – Zur Endung -lô vgl. Derks: Der Name des<br />

Schönbuchs, 50-52.<br />

691 Schinderhütte: das alte Schlachthaus in der Straße Am Mühlengrün. – Mhd. schinder ‚Schlächter, Abdecker’. Lexer: Mhd. Handwörter-<br />

buch, s. v. schinder.<br />

692 Hintersasse: nicht verbürgerter Einwohner. Disch: Chronik Wolfach, 46. – Mhd. hindersæze, -sëzze ‚der hinter jemand, in dessen Schutze<br />

angesessen ist; der bei einem anderen als Mietsmann wohnt’. Lexer: Mhd. Handwörterbuch, s. v. hinder-sæze.<br />

693 Pfriemenstümpler: Kleinbauern, die keinen Wald besitzen, sondern nur Weideflächen mit Ginster, die sie zu Pfriemenstumpen ‚Ginsterbesen’<br />

zusammenbinden. Brednich / Simon: Mitteleuropa, Baden. <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>, 12 Fußnote 1. – Mhd. phrieme ‚Pfriemenkraut,<br />

Ginster’. Lexer: Mhd. Taschenwörterbuch, 160, s. v. phrieme. – In Tennenbronn (bei Schramberg) gibt es seit 1972 die Narrengilde<br />

Pfrieme-Stumpe e.V., <strong>Netz</strong>seite http://www.pfrieme-stumpe.de (13.1.2011).<br />

694 Zum Wort Hemdglunker siehe Anmerkung 557.<br />

695 Stallfunzel ‚Stalllaterne’.<br />

696 Narresome ‚Narrensamen, der närrische Nachwuchs’.<br />

697 Das alem. Wort pfetzen geht zurück auf mhd. phetzen ‚zupfen, zwicken, kitzeln’, aus mittellat. petium ‚Stück, Fetzen’. Lexer: Mhd.<br />

Handwörterbuch, s. v. phetzen.

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