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Die Wolfacher Fasnet - Netz-Seite

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Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 119<br />

Se danse sur deux rangs.<br />

Le premier rang ne bouge pas.<br />

Le second rang reste immobile.<br />

Les danseurs reçoivent chacun un coup de<br />

sabre qui leur fend la tête.<br />

Es wird in zwei Reihen getanzt.<br />

<strong>Die</strong> erste Reihe rührt sich nicht von der Stelle.<br />

<strong>Die</strong> zweite Reihe bleibt unbeweglich.<br />

<strong>Die</strong> Tänzer erhalten jeder einen Hieb mit dem<br />

Säbel, der ihnen den Kopf spaltet.<br />

Saties Danse cuirassée wurde bei einem Konzert am 16. März 2005 im Großen Rathaussaal von Karl Echle<br />

erstmals in Wolfach aufgeführt 992 .<br />

Werden die Noten des Michelesmarsches mit Ausnahme der Noten drei und vier um eine Oktave nach unten<br />

transponiert und die fünfte Note gestrichen, so ergibt sich ein Thema, das bereits Johann Sebastian Bach (1685-<br />

1750) in mindestens neun seiner Werke verwendete (Notenbeispiel 10), beispielsweise im Weihnachtsoratorium<br />

in der Bass-Arie Großer Herr, o starker König 993 . <strong>Die</strong> Noten 1 bis 5 dieses Themas durchschreiten exakt dieselben<br />

Intervalle zum Spitzen- und Endton wie der erste Teil (2a) der Kernweise des <strong>Wolfacher</strong> Wohlaufliedes<br />

994 . Das Thema stammt nicht von Bach selbst, sondern findet sich schon in älteren Quellen als ein jagdlicher<br />

Grüßruf vor dem Halali und als Teil des Hofzeremoniells am Dresdner Hof zur Ankündigung und Eröffnung<br />

von feierlichen Ereignissen; im Signalrepertoire der französischen Armee lässt es sich seit dem 17.<br />

Jahrhundert mehrfach nachweisen 995 . Neben Bach zitierten es beispielsweise auch Heinrich Ignaz Franz Biber<br />

(1644-1704), Georg Philipp Telemann (1681-1767) und Michael Haydn (1737-1806) in ihren Werken. Es findet<br />

sich ebenfalls in Saties 1924 entstandener Ballettmusik Relâche in den Sätzen Musique de rentrée und Les<br />

Hommes regagnent leur place et retrouvent leur pardessus sowie in der Ballettmusik Mercure in den Sätzen<br />

Polka des lettres und Le Chaos.<br />

In Elzach ist eine Fanfare in Es überliefert (Notenbeispiel 11), mit der dort zumindest seit 1947, vermutlich<br />

aber schon wesentlich länger, am <strong>Fasnet</strong>sunntig um 12 Uhr das Nahen der beiden Kutschen, von denen aus der<br />

Narrenrat die <strong>Fasnet</strong> ausruft, angekündigt wird, gespielt von zwei Fanfarenbläsern auf einer der Kutschen 996 .<br />

<strong>Die</strong>se Fanfare stammt vermutlich ebenfalls aus einer Sammlung französischer Militärmusik und stimmt in<br />

manchen Takten mit dem Michelesmarsch überein.<br />

Nach Auskunft des Deutschen Volksliedarchivs Freiburg (DVA) sind sowohl das Fanfarenthema als auch der<br />

Michelesmarsch aufgrund ihrer Akzenttöne gd-dd’ (in der Tonart G-Dur, auf die der Melodiekatalog des DVA<br />

basiert) verwandt mit der Melodie des Volksliedes Häsleins Klage mit der ersten Zeile Ich armer Has im weiten<br />

Feld, von der es mehrere Varianten gibt 997 .<br />

Im Sommer 1953 unternahmen einige junge <strong>Wolfacher</strong> einen Motorradausflug durch Frankreich und<br />

machten dabei auch einen Abstecher nach Monaco 998 . Als sie um 12 Uhr mittags die Wachablösung vor dem<br />

Schloss des Fürsten beobachteten, trauten sie ihren Ohren kaum, denn die Kapelle intonierte dabei – den<br />

Michelesmarsch. Monaco gehörte von 1793 bis 1814 zu Frankreich und steht seit 1861 unter französischer<br />

Schutzherrschaft 999 , deshalb wird hier auch französische Militärmusik gespielt.<br />

Neben dem Michelesmarsch erklingen bei den Elfemessen sowie beim Fest- und Kinderumzug die Märsche<br />

Hans blib do 1000 , die böhmische Polka Cesta, die seit den 1950er-Jahren in Wolfach gespielt wird 1001 , der in den<br />

1920er-Jahren von Elmar Keller und Franz Möhringer verfasste Bonndorfer Narrenmarsch 1002 sowie die<br />

Marschversion des Volksliedes Im Leben geht mancher Schuss daneben 1003 .<br />

992<br />

Schrader: Beat ginge sogar den alten Rittern in die Beine.<br />

993<br />

Hofmann: „Großer Herr, o starker König“. Ergänzungen zu diesem Aufsatz finden sich in Boyd: Bach, Telemann und das Fanfarenthema;<br />

Hofmann: Nochmals: Bachs Fanfarenthema. Vgl. hierzu Schrader: <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>lieder, 182.<br />

994<br />

Siehe dazu Notenbeispiel 2: Strukturformel des Wohlaufs im Abschnitt 2.2.1 Wohlauf.<br />

995<br />

Hofmann: „Großer Herr, o starker König“, 33-38. – 13 Varianten des Themas aus verschiedenen Militärmusiksammlungen zwischen 1782<br />

und 1836 finden sich in: EASMES, Incipit: //135/1+531/5//. – Zur Zahlendarstellung von Noten in EASMES siehe Anmerkung 1772.<br />

996<br />

Briefl. Mitteilung von Josef Weber, Elzach, vom 19.3.2001. – Der Notentext der Fanfare, transkribiert von Roland Kury, Dirigent der<br />

Stadtkapelle Elzach, ist abgedruckt in Schrader: <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>lieder, 184.<br />

997<br />

Briefl. Mitteilung von Michaela Zwenger, DVA, vom 17.9.2001; Erk / Böhme: Deutscher Liederhort, 525. – Eine andere, ebenfalls verwandte<br />

Melodie findet sich im DVA Nr. A 191245, „Ich armer, armer Has’“, aufgezeichnet am 9.1.1955.<br />

998<br />

Mitteilung von Walter Schmider (Zoll), Wolfach. Seine Begleiter waren Otto Schrempp und Kurt Mayer.<br />

999<br />

Meyerscout 2003, s. v. Monaco.<br />

1000<br />

Zum Hans blieb do siehe den Abschnitt 4.1.2 Hans blieb do!<br />

1001<br />

Mitteilung von Musikdirektor Joachim Riester, Wolfach, vom 22.6.2006.<br />

1002<br />

Bonndorfer Pflumeschlucker-Marsch.<br />

1003<br />

In den 1960er-Jahren arrangierte der Stuttgarter Blasmusikkomponist Alfred Kluten im Auftrag der VASN alle Narrenmärsche der<br />

Mitgliedszünfte. <strong>Die</strong> VSAN fertigte aus diesem Notenmaterial eine Narrenmarschsammlung an.

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