Die Wolfacher Fasnet - Netz-Seite
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Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 157<br />
Stimmlage lässt sich keine genaue Angabe machen; zwar übernahmen sie jeweils eine männliche Rolle, doch<br />
bedeutete dies im 18. Jahrhundert nicht zwangsläufig, dass sie als Bass oder Tenor auftraten 1230 .<br />
Tabelle 11: Rollenverteilung in Bredelins Singspiel „Das Ziel und End des Menschen“<br />
Rolle Besetzung Alter Rezitativ-<br />
zeilen 1231<br />
Arien Duette Terzett Chöre 1232<br />
Religion Fidel Knupfer 16 96 5 2 - 4<br />
Uranie M. Anna Knupfer 14 37 3 3 - 4<br />
Wille Fr. Ant. Vöringer 13/15 8 1 1 1 4<br />
Gesichte Joseph Knupfer 6 2 1 - - 4<br />
Gedächtnis M. Eva Schnell ? 9 - 1 1 4<br />
Verstand Fr. Ant. Poppele 13/15 7 - 1 1 4<br />
Gehör Elisabetha Mayenfels ? 3 - - - 4<br />
Geschmack Ferdinand Falkensteiner 13/15 2 - - - 4<br />
Geruch M. Anna Buck ? - - - - 4<br />
Fühlung Rosina Kuon ? - - - - 4<br />
Einer der fünf Sinne - - 2 - - - -<br />
Summe 166 10 4 1 4<br />
Am 16. Januar 1783 kam Bredelins unehelicher Sohn Franciscus Aloisius zur Welt. Mutter war die 16-jährige<br />
Maria Anna Knupfer, Bredelins Stieftochter aus der ersten Ehe seiner Frau. Da er deshalb vermutlich in seiner<br />
Vorbildfunktion als Lehrer in Hayingen nicht mehr tragbar war, zog er am 26. März 1784 nach Hausach im<br />
Austausch mit dem dortigen Lehrer Nepomuk Hirler 1233 .<br />
Das gesamte Schulwesen im Fürstentum Fürstenberg wurde zu jener Zeit durch den seit 1783 regierenden<br />
Fürsten Joseph Maria Benedikt (1758-1796) grundlegend reformiert 1234 . Er tat dies in der vesten Überzeugung,<br />
daß die ganze künftige Denk- und Lebensart der meisten Menschen, folglich das Wohl der Kirche und des<br />
Staates, von wohlgetroffenen Erziehungs- und Lehranstalten abhänge 1235 . Da man bisher zu deutschen Schulmeistern<br />
meistens lauter unfähige, ja auch sogar tadelhafte Menschen teils angenommen, teils habe annehmen<br />
müssen, weil dieselben einen sehr geringen Gehalt, der sie nie oder doch sehr schlecht ernährt hat und anbei als<br />
verächtliche Leute meistens betrachtet worden sind 1236 , ordnete er an, genaue Erhebungen darüber zu machen,<br />
wo Schulen und Lehrer seien, woher die nötigen Mittel flössen usw. Den entscheidenden Anstoß zu dieser umfassenden<br />
Schulreform gab vermutlich die Einführung der so genannten Normal-Methode in Österreich und<br />
damit auch in Freiburg / Brsg., der Hauptstadt von Vorderösterreich. Einige fürstenbergische Lehrer erlernten<br />
dort die neue Lehrart und führten sie in ihrer Heimat ein. Ab 1784 waren alle Lehrer im Fürstentum, und somit<br />
auch Bredelin 1237 , dazu verpflichtet, in Donaueschingen einen Normallehrkurs zu absolvieren.<br />
Nicht nur die Schule lag dem Fürsten besonders am Herzen, er hatte auch, wie schon sein Vater, eine entschiedene<br />
Liebe für das Singspiel und ließ das fürstenbergische Hoftheater in Donaueschingen erbauen 1238 . Seine<br />
Gattin Maria Antonia von Hohenzollern-Hechingen (1760-1797) übernahm die Leitung des Theaters, kümmerte<br />
sich persönlich um die Auswahl, Einstudierung und Inszenierung der Stücke sowie die Rollenverteilung und<br />
spielte zudem selbst mit 1239 . Engen Kontakt unterhielt der Fürst zu Wolfgang Amadé Mozart (1756-1791), der<br />
1766 zusammen mit seinem Vater Leopold und seiner Schwester am Hof zu Donaueschingen zu Besuch gewesen<br />
war und in der Folge mehrfach Noten seiner jeweils aktuellen Werke an den Fürsten verkaufte 1240 .<br />
Bredelin musste nach und nach wegen des Leichtsinns und der Unhäuslichkeit seiner kränklichen Ehefrau<br />
etwa 800 fl (≈ 50 400 € 1241 ) Schulden machen 1242 . Er verdiente damals 83 fl 36 kr im Jahr und bekam dazu einen<br />
Krautgarten und 6 Klafter Holz, ab 1786 zusätzlich 50 fl aus dem Landesschulfonds, mit dessen Mitteln jene<br />
Lehrer unterstützt wurden, die noch keinen ihrer Arbeit angemessenen Lohn genossen, und aus Rücksicht auf<br />
seine ohnehin verarmten Umstände und geringen Besoldung 20 fl aus der <strong>Wolfacher</strong> Almosenstiftung 1243 , ins-<br />
1230<br />
Erinnert sei an J. S. Bachs Kantate Herkules auf dem Scheidewege BWV 213, in der der männliche Titelheld, eine Allegorie auf den<br />
damals 11-jährigen Kurprinzen Friedrich von Sachsen, in der Altlage singt, während die weibliche Tugend von einem Tenor verkörpert<br />
wird. Dürr: <strong>Die</strong> Kantaten von Johann Sebastian Bach II, 897-903.<br />
1231<br />
<strong>Die</strong> Zahl der Rezitativzeilen bezieht sich auf die hier wiedergegebene Textfassung und nicht auf den Originaldruck, in dem die Rezitative<br />
aus Platzgründen ohne Rücksicht auf den Reim jeweils in einem Absatz zusammengefasst sind.<br />
1232<br />
Im letzten Chor singt die Religion eine Solostrophe.<br />
1233<br />
Bischoff: Chronik Hausach, 178f. – Es gibt keinen Hinweis darauf, dass Bredelin aufgrund seiner besonderen Begabung nach Hausach<br />
versetzt wurde, wie dies in Klein: Ein hochgeschätzter Lehrer und Schulvisitator, 39, behauptet wird.<br />
1234<br />
Ein Gemälde des Fürsten Joseph Maria Benedikt ist abgebildet in Disch: Chronik Wolfach, 316.<br />
1235<br />
Disch: Chronik Wolfach, 312.<br />
1236<br />
Barth, J.: Geschichte der fürstenbergischen Schulen, 793f.<br />
1237<br />
Bischoff: Chronik Hausach, 178f.<br />
1238<br />
Tumbült / Dollinger: Das Fürstlich Fürstenbergische Hoftheater, 1, 14; Disch: Chronik Wolfach, 310. – Das Hoftheater ist 1850 abgebrannt.<br />
Ein Plan des Theaters ist abgebildet in Miller / Rebmann: „...die Praecision und der grosse Effect“. – Zum Musik- und<br />
Theaterleben in Donaueschingen vgl. Schuler, M.: <strong>Die</strong> Fürstenberger und die Musik; Strauß-Németh: Johann Wenzel Kalliwoda, 5-30.<br />
1239<br />
Tumbült / Dollinger: Das Fürstlich Fürstenbergische Hoftheater, 8, 27, 41f.<br />
1240<br />
Miller / Rebmann: „...die Praecision und der grosse Effect“.<br />
1241<br />
Zum Geldwert im 18. Jahrhundert siehe Anmerkung 142.<br />
1242 Bischoff: Chronik Hausach, 179.<br />
1243 Disch: Chronik Wolfach, 314, 330.