Die Wolfacher Fasnet - Netz-Seite

Schrader: Die Wolfacher Fasnet und ihre Gestalten Seite 118
As-tu vu la casquette du père Bugeaud?
Si tu ne l’as pas vue, tu là verras.
La casquette, la casquette!
La casquette du père Bugeaud.
* Le maréchal Bugeaud († 1849), gouverneur
d’Algerie, fut attaqué pendant la nuit par les
Marrocains ; ils se mit si vite à la tête de ses
troupes qu’il avait gardé son bonnet de nuit.
Hast du gesehn die Mütze des Vaters Bugeaud?
Wenn du sie nicht gesehen hast, wirst du sie sehen.
Die Mütze, die Mütze!
Die Mütze des Vaters Bugeaud.
* Der Marschall Bugeaud († 1849), Gouverneur von
Algerien, wurde während der Nacht von den Marrokanern
angegriffen; er setzte sich so schnell an die Spitze seiner
Truppen, dass er (noch) mit seiner Nachtmütze bedeckt
war.
Auf der Netzseite The Virtual Gramophone. Canadian Historical Sound Recordings 982 sind zwei historische
Schallplattenaufnahmen des Liedes verzeichnet:
• Gauthier, Eva (1885-1958) 983 : La Casquette du Père Bugeaud; La Mist’ en Laire; Frère Jacques; En passant
par la Lorraine. Mezzo-soprano with piano. Issue no.: 72166. Matrix no.: 21952. Aufnahme:
21.6.1918, Victor Talking Machine Co. Camden (New Jersey). Erschienen im Januar 1919 984 .
• Chartier, Louis (ca. 1895-1970) 985 : French Folk Songs For Children Vol. 2. La Casquette Au Père Bugeaud
(Father Bugeaud’s Cap); Le Chevalier Du Guet (The Guardsman); J’ai Du Bon Tabac (I Have
Good Tobacco). Baritone (In French) with Instrumental Accompaniment. Issue no.: 23076. Matrix no.:
63948. Aufnahme: 10.6.1938, Decca Records Inc. New York. Erschienen im August 1938 986 .
Die Melodieführung des Bugeaud-Liedes weicht an einigen Stellen deutlich vom Michelesmarsch ab, eine
direkte Abhängigkeit zwischen den beiden Stücken kann demnach nicht bestehen. Da Bugeaud allerdings im
Februar 1848 als Kommandant der Truppen in Paris einen energischen Operationsplan zur Niederschlagung der
Revolution entwarf, dann aber abgesetzt wurde, wäre es zumindest denkbar, dass sich damals das den Marschall
verspottende Lied auch unter den Anhängern der badischen Revolution von 1848/49 in Wolfach verbreitete 987 .
Der französische Komponist Erik Satie (1866-1925) war einer der einflussreichsten Musiker seiner Zeit und
benutzte oder paraphrasierte in manchen seiner Werke bekannte Melodien, Schlager, Operetten- und Cabaretmusik,
die ihnen einen besonderen Klang und Charme verleihen 988 . Und so verwendete er im zweiten seiner drei
Stücke, die er im September 1913 für den von ihm sehr geschätzten Pianisten Ricardo Viñes (1875-1943)
komponierte und im Jahr darauf unter dem Titel Vieux Sequins et Vielles Cuirasses ‚Alte Zechinen und alte
Harnische’ veröffentlichte 989 , jenen französischen Militärmarsch Aux champs en marchant 990 , der in Frankreich
zum Volkslied und in Wolfach zum Michelesmarsch geworden war. Zwischen die Notenlinien des Danse
cuirassée (Notenbeispiel 12) notierte er einen erläuternden Text 991 :
Danse cuirassée
(Période grecque)
Pas noble et militaire
Geharnischter Tanz
(Griechische Periode)
Edler und militärischer Schritt
982 The Virtual Gramophone. – Diese kanadische Netzseite bietet mit einer Datenbank von Bildern und digitalen Audioaufnahmen sowie
Musikerbiografien und Geschichten über Musik und Tonaufnahmen einen umfassenden Überblick über das Schellackplattenzeitalter
(mit 78 Umdrehungen pro Minute) in Kanada.
983 Die kanadische Mezzo-Sopranistin Eva Gauthier gilt als The High Priestess of Modern Song und nimmt in der Musikgeschichte des 20.
Jahrhunderts eine bedeutende Stellung ein. Sie zählte zu den führenden Interpretinnen zeitgenössischer Vokalmusik und führte beispielsweise
erstmals die vom Jazz inspirierten Lieder George Gershwins in einem Konzertsaal auf. Éva Gauthier; Plouffe: Gauthier, Éva.
984 The Virtual Gramophone, http://amicus.collectionscanada.ca/gramophone-bin/Main/ItemDisplay?l=0&l_ef_l=-
1&v=1&lvl=1&coll=24&itm=31386747 (13.1.2011). – Auf dieser Netzseite befindet sich eine MP3- und Real-Audio-Aufnahme der
Platte.
985 Der Bariton und Gesangslehrer Louis Chartier war Solist an der Notre-Dame Church in Montreal und trat als Mitglied der Société
canadienne d’opérette in zahlreichen Konzerten und Musiktheateraufführungen auf. Ein Kritiker schrieb 1926 über ihn: M. Chartier has
a solidly-produced voice: his sound »carries«, rather than being strained or choked, his breathing is perfectly controlled, his diction is
excellent, and his interpretation intelligent. Chartier nahm insgesamt 78 Schallplatten mit Liedern, Arien und Duetten auf. Plouffe:
Chartier, Louis.
986 The Virtual Gramophone, http://amicus.collectionscanada.ca/gramophone-bin/Main/ItemDisplay?l=0&l_ef_l=-
1&v=1&lvl=1&coll=24&itm=31400124 (13.1.2011). – Auf dieser Netzseite befindet sich eine MP3- und Real-Audio-Aufnahme der
Platte.
987 Zur Badischen Revolution in Wolfach siehe Schrader: 1848/49.
988 Ein Verzeichnis der von Satie benutzten Melodien befindet sich in Orledge: Satie the composer, 200-203. – Zu Saties Leben und Werk
siehe Wehmeyer: Erik Satie.
989 Notenausgabe in Satie: Klavierwerke II, 38f.
990 Aus der Melodieführung lässt sich schließen, dass Satie den Marsch in seiner originalen Fassung zitierte und nicht in der Liedvariante La
Casquette du père Bugeaud.
991 Satie: Klavierwerke II, 76. – Die Texte in seinen Klavierkompositionen schrieb Satie ursprünglich in der Absicht, die traditionellen
italienischen Spielanweisungen wie piano, forte usw. durch eigene, weniger klassische Anweisungen zu ersetzen, was ihn nach Aussage
seines Freundes Contamin de Latour sehr amüsierte. Nach und nach baute er diese zunächst nur knappen Formulierungen zu kleinen
Geschichten aus, die er sich bereits vor der Komposition notierte, und irritierte damit Interpreten und Leser. Die Texte dürfen jedoch
während des Spielens nicht laut vorgelesen oder gar gesungen werden; sie erläutern den in der Musik dargestellten Inhalt und sind
darum am ehesten mit Untertiteln in einem Stummfilm vergleichbar. Wehmeyer: Erik Satie, 69-75.