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Die Wolfacher Fasnet - Netz-Seite

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Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 65<br />

erhaltene Tondokument über die <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>. Bis 1908 gab es mehrere Assistenten, die den Wohlaufsänger<br />

bei seinem Gesang unterstützten. In der vierten Narrenversammlung 1914 führte die Narrenzunft erstmals<br />

ein Preissingen um die definitive Vergebung der Wohlaufsängerstelle im Sufmissionswege durch 564 . Das<br />

Wohlaufpreissingen war bis zur heftig umstrittenen Abschaffung des Entechrists 1973 ein fester Bestandteil der<br />

Narrenversammlungen 565 . Im Nachlass von Glasmaler Georg Straub findet sich ein Manuskript, in dem er in<br />

Versen die Leistung der teilnehmenden Sänger beurteilt 566 :<br />

1. <strong>Die</strong> Stimme isch noch etwas Taigig<br />

vielleicht wird sie einmal Geschmaidig<br />

wenn wieder alter, guter Wein<br />

fließt munter in die Kehle ein<br />

Der Ton muß rund, wie eine Bretzel,<br />

geformt sein, - darinn liegt das Rätsel<br />

Dann klingt der Wohlauf wunderbar,<br />

vielleicht gelingt es nächstes Jahr.<br />

also 1 Jahr Bewährung<br />

2. Das isch kein – Alt – das klingt so jung<br />

da macht die Narrenseel‘ ein Sprung.<br />

Des isch so richtig Wohlaufstimme<br />

wir glaubten sowas gäb‘ es nimme.<br />

Ein Wohlaufsänger ging verloren<br />

uns, weil du nicht als Bub geboren<br />

O Sophie – sing noch lang so fort<br />

zum Lob von Deinem Vaterort.<br />

Kommsch nicht in Frage, nimms nich übel,<br />

weil Du ein Weibel statt ein Bübel.<br />

Von 1920 bis 1931 übernahm Stadtkapellendirigent Albert Schmider (1879-1957) 567 die ehrenvolle Aufgabe des<br />

Wohlaufsängers. Sein Nachfolger war von 1932 bis 1971 der Schuhmachermeister Rudolf Blattner (1898-?),<br />

dessen viel gelobte Singstimme auch mehrfach für Funk und Fernsehen aufgezeichnet wurde 568 und nach dessen<br />

Gesichtszügen Georg Straub 1933 den Wohlaufmaa auf dem Großen Wohlauforden gestaltete. Ihm folgten 1972<br />

der Lebensmittelkaufmann Rudolf Armbruster (1910-1996), genannt Thedörle 569 , sowie von 1973 bis 1990 und<br />

1992 bis 1998 der Zollamtmann Walter Schmider, der Sohn von Albert 570 . Bei der offiziell abgesagten <strong>Fasnet</strong><br />

1991 gab es einen wilden Wohlauf, bei dem etwa 35 Narren mitmachten und der Wohlaufsänger Hubert Kiefer<br />

in einem Leiterwagen von <strong>Die</strong>ter Buss um die Stadt gezogen wurde 571 .<br />

Seinen Rücktritt kündigte Walter Schmider 1998 überraschenderweise bei der letzten Station des Wohlaufs<br />

im Schlosshof an und ließ danach erstmals in der <strong>Fasnet</strong>geschichte alle Teilnehmer das Wohlauflied mitsingen;<br />

nur seine Frau wusste zuvor von seiner Rücktrittsankündigung 572 , die beim Kleinen Narrenrat für einige Verstimmungen<br />

sorgte. Um Schmiders Nachfolge bewarben sich Roland Schamm, Klaus Bea, Bernd Heinrich,<br />

Hubert „Vitus“ Kessler sowie Emil O. Peter, der seine Bewerbung aber kurz vor dem Testsingen am 13. Oktover<br />

1998 im Musikzimmer der Stadtkapelle im Schloss zurückzog. Heinrich und Kessler sangen den alten Text des<br />

Wohlaufliedes mit dem Entechrist, doch sicherten sie zu, dass sie im Falle ihrer Wahl auch den neuen Text<br />

singen würden. Bei der Großen Narrenratssitzung am 20. Oktober 1998 beantragten Martin Brod und Joachim<br />

„Joggele“ Haas, über den alten Text abzustimmen, denn bei dessen Abschaffung 1973 fühlten sich viele Narren<br />

vom Kleinen Narrenrat übergangen, außerdem habe der Entechrist immer noch viele Anhänger. Narrenvater<br />

Heiner Oberle warnte eindringlich davor, den alten Streit um den Entechrist neu zu entfachen, durch den die<br />

<strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> Schaden nehmen würde. Er kündigte an, dass der gesamte Kleine Narrenrat geschlossen<br />

zurücktreten werde, falls der alte Text wieder komme. Auch Ex-Wohlaufsänger Walter Schmider setzte sich<br />

563<br />

Müller, V.: Tondokumente über die <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>. – Vgl. hierzu Abschnitt 1.9 Mediengeschichte der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>.<br />

564<br />

Schrempp, O.: Eine Reise in die närrische Vergangenheit, 45.<br />

565<br />

In den Jungnarrenversammlungen gibt es diesen närrischen Wettstreit auch heute noch.<br />

566<br />

Museum Schloss Wolfach, Inventar-Nr. 2009/515-20.<br />

567<br />

Sandfuchs, A.: Ein Rückblick zum Jubiläum, [15]; 175 Jahre Stadtkapelle Wolfach, 23f.; Kasper: Historie, 32-39.<br />

568<br />

Tonaufnahme des DVA, Nr. A 209 450, in Wolfach am 24.2.1968 durch Rolf-Wilhelm Brednich. – Filmaufzeichnung von 1962 in<br />

Scharfenberg: <strong>Die</strong> Altweibermühle; Barth, H.-D.: Der Teufel ist los.<br />

569<br />

Rudolf Armbruster ist ein Nachfahre des <strong>Wolfacher</strong> Originals Theodor Armbruster (siehe Anmerkung 322). Zu Rudolf vgl. den Bericht<br />

im Schwabo vom 30.8.1995.<br />

570<br />

Aufnahmen von Schmider als Wohlaufsänger von 1982, 1983 und 1996 sind zu sehen in Barth, H.-D.: Der Teufel ist los; Brednich /<br />

Simon: Mitteleuropa, Baden. <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>; Reichert: Fasnachtsbräuche im Land.<br />

571<br />

Zur ausgefallenen <strong>Fasnet</strong> 1991 siehe Abschnitt 1.8 Der Ausfall der <strong>Fasnet</strong> 1991. – Kiefer sang bei diesem Wohlauf den neuen Text ohne<br />

Entechrist.<br />

572 Bericht im Schwabo vom 24.2.1998.

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