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Katalog/Catalogue - deutsch/englisch

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in der die hauptsächlichen Aktivitäten der Menschen im Kampf und<br />

im Aufspüren von Beutetieren bestanden. Es gab keine andere<br />

Möglichkeit als den Tieren zu folgen, um zu überleben. Die Weltsicht<br />

wurde von der Isoliertheit und Unvorhersehbarkeit bestimmt, und<br />

somit nahmen auch die Tongefäße, die diese Sicht reflektieren, nach<br />

allen Richtungen vorspringende, asymmetrische, unharmonische<br />

Formen an. Es ist unmöglich, diese Formen alle von einem Punkt aus<br />

wahrzunehmen, sondern sie verketten sich erst aus der Sicht einer<br />

umkreisenden Bewegung, in der sich die Wülste und Strudel nach<br />

und nach miteinander verketten und ein jede Vorstellungskraft übersteigendes<br />

dynamisches Bild entfalten. Es ist anzunehmen, dass<br />

die Jäger eine ausgeprägte räumliche Vorstellungskraft entwickelten,<br />

um das Verhalten und die Position der Beutetiere zu orten. Eine<br />

starke dreidimensionale Wahrnehmung war notwendig. Um die Tiere<br />

zu fangen, waren außerdem eine gleichsam den Raum anspringende<br />

geistige Anspannung und Konzentrationsfähigkeit unabdingbar. Diese<br />

Lebensbedingungen bildeten das Fundament jener Wahrnehmung,<br />

die die Jomon-Keramik hervorbrachte. Anders ausgedrückt war laut<br />

Okamoto eine dreidimensionale Wahrnehmung nicht genug, um die<br />

Jomon-Keramik wirklich zu verstehen. Man müsse ihr eher einen<br />

vierdimensionalen Charakter zuschreiben, der über die äußerliche<br />

Realität hinausgeht. Vielleicht sollte man auch besser von einem<br />

magischen statt von einem vierdimensionalen Charakter sprechen.<br />

In der Jomon-Zeit war der gesamte Lebensbereich in Japan durch<br />

eine urtümliche Religion bestimmt. Überall gab es Geister und diese<br />

Geister beherrschten die Welt. Um jene unsichtbaren, die Welt<br />

beherrschenden Mächte zu manipulieren, bediente man sich der<br />

Magie. Die Jomon-Keramik war mit starker magischer Bedeutung<br />

aufgeladen, die mit einer die Realität übersteigenden Dimension aufs<br />

Engste verbunden war. Ihre Formen zeigen nicht bloß die sichtbare<br />

Welt, sondern weisen auf die Verbindungen zwischen der unsichtbaren<br />

und der realen Welt hin. Daher wurde der eindrucksvolle Formen-<br />

reichtum der Jomon-Keramik aus der konkreten Begegnung mit der<br />

Welt des Übernatürlichen geboren. Diese Begegnung war es, die<br />

Okamoto mit dem Begriff „Dialog mit der Vierten Dimension“ auszudrücken<br />

versuchte.<br />

Es hat den Anschein, als ob uns heutigen Menschen diese Konfrontation<br />

mit der vierten Dimension abhanden gekommen wäre. Okamoto<br />

jedoch behauptete, dass auch für uns die dringlichsten Fragen zwar<br />

unsichtbar, aber doch höchst real sind, ähnlich wie für die Jomon-<br />

Menschen ihre übernatürliche Welt.<br />

„Das hat nicht bloß mit Ästhetik zu tun. Die Atombombe explodiert,<br />

die Welt teilt sich in zwei Hälften, es kommt zu mysteriösen<br />

Wirtschaftskrisen. All das hat, wie die Geister der Urgesellschaften,<br />

Toshiharu Ito 18 19<br />

original Japanese cultural forms, declaring them<br />

to be primitive art.<br />

During the Jomon period, the islands of Japan<br />

were populated by hunter-gatherers, whose basic<br />

modes of activity and productivity were fighting<br />

and tracking. In this age of nomadic movement, the<br />

race would have died out if they had not stalked<br />

and followed game: reason enough for the lonely<br />

and arbitrary worldview reflected in the asymmetrical<br />

and disquiet markings they traced upon clay.<br />

These designs were not to be seen from one fixed<br />

vantage point, but demanded an all-round viewing,<br />

the swelling ridges and spirals linking one to the<br />

next to unfurl hyper-imaginative dynamic imagery.<br />

Hunter-gatherer period sensibilities were obviously<br />

attuned to signs of animal movement, combined<br />

with three-dimensional spatial acumen to precisely<br />

grasp the position of their prey. Moreover, in order<br />

to hunt it, they would have needed intense rigour<br />

and presence of mind. Such were the living conditions<br />

that shaped the perceptions behind these<br />

Jomon pots. Furthermore, Okamoto argued, Jomon<br />

pottery could not truly be understood in threedimensional<br />

terms alone; we must also consider<br />

fourth-dimension characteristics that go beyond<br />

its superficial reality, though perhaps “magical<br />

characteristics” might have been a better description.<br />

Life during the Jomon period depended on primitive<br />

religious beliefs and practices. There were spirits<br />

everywhere, in everything; these unseen powers<br />

ruled the world, answering only to acts of magic.<br />

Jomon pottery fairly brimmed with such magical<br />

meanings, emblematised connections to that other<br />

dimension. The shapes and patterns were thus<br />

not just visible renderings of the unseen world, but<br />

pathways between this reality and the spiritual<br />

world beyond. The robust ornamentation of Jomon<br />

wares was born of a powerful communion with<br />

the supernatural, an irrepressible outpouring that<br />

Okamoto called “conversation with the fourth<br />

dimension”.<br />

Today it seems that we have lost the ability to<br />

converse with that fourth dimension. Even though,<br />

Okamoto asserted, we still face invisible but vividly<br />

real and crucial questions much the same as

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