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Katalog/Catalogue - deutsch/englisch

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Doch der Kern der Bombe ist entfernt, ihr Inneres ist ausgehöhlt.<br />

Diese unheimliche Hohlheit scheint den Zustand des heutigen Japan<br />

widerzuspiegeln. Auch Skeleton, 2003, ist ein Werk, das Geschwindigkeit<br />

und Sinnlichkeit thematisiert. Die Jahre lasten auf dem Körper,<br />

unter dem Druck der Schwerkraft löst sich das Fleisch und die<br />

Knochen werden sichtbar. Die Zeit nimmt flüssige Gestalt an und<br />

tropft wie ein Wasserfall von der Skulptur herab. Odanis Werke, die<br />

die scharfkantigen Formen des prall mit Sinnlichkeit und Geschwindigkeit<br />

gefüllten Japan des 21. Jahrhunderts ausdrücken, saugen<br />

einerseits die Erinnerungen der japanischen Subkultur und der Medien<br />

in sich auf und scheinen andererseits vertikal von der Grenzlinie<br />

zwischen Leben und Tod emporzuragen. Sie zeigen überwältigende<br />

Kräfte, die in unserer Welt nicht sichtbar sind und den Betrachter<br />

verführen.<br />

Die bekannte Filmemacherin und Schriftstellerin Trinh T. Minh-ha<br />

wurde in Vietnam geboren, bereiste Europa und Afrika und lebt derzeit<br />

in Amerika. 2002 vollendete sie während eines längeren Japanaufenthaltes<br />

ihren ersten digitalen Videofilm The Fourth Dimension,<br />

in dem sie die fortgeschrittensten Filmbearbeitungstechniken<br />

anwendet. Sie interessiert sich hier für den japanischen Alltag außerhalb<br />

der üblichen Japan-Klischees und untersucht die zeitliche<br />

Wahrnehmung, an Erinnerungen gebundene Gesten oder zur Gewohnheit<br />

gewordene Rituale, die den Japanern selbst kaum bewusst sind.<br />

Sie bringt dabei Dinge ans Licht, die im Zuge der rasanten Modernisierung<br />

Japans außer Acht gelassen wurden. In Japan, das noch<br />

stärker von Geschwindigkeit besessen ist als die westlichen Gesellschaften,<br />

gibt es dennoch eine davon unberührte, tief eingeprägte<br />

Form der Körperlichkeit. Obwohl dieses Land die Errungenschaften<br />

der westlichen Zivilisation aufsog, effektiv umsetzte und sich schließlich<br />

der Aufgabe verschrieb, das Original noch zu übertreffen, gibt<br />

es eine Art Bodenständigkeit, die es von Grund auf durchsetzt. Wenn<br />

das zum Problem wird, so rührt dies laut Trinh T. Minh-ha daher,<br />

dass man es immer nur innerhalb des Rahmens der geschwindigkeitstrunkenen<br />

Gesellschaft betrachtet. In The Fourth Dimension<br />

analysiert sie Zeit, Riten, Sprache, Mobilität und Wahrnehmung des<br />

21. Jahrhunderts aus dieser Sicht. In Japan durchdringt die digitale<br />

Technologie den Alltag überall, die Gesellschaft wird von Effizienz<br />

und Zweckmäßigkeit angetrieben, die Technologie wiegt die Menschen<br />

in flüchtigen Illusionen, doch den Japanern selbst gelingt es kaum,<br />

auf dieser Welle zu reiten. Sie werden zwischen den Extremen zerrissen.<br />

Es entsteht ein merkwürdiges Schwindelgefühl, als würde<br />

man in einem Hochgeschwindigkeitszug fahren und dabei den Körper<br />

zurücklassen. Durch ihren Blick von außen gelingt es Trinh, den<br />

aktuellen Stand der japanischen Wahrnehmung auf ganz spezielle<br />

Weise herauszuarbeiten. Wahrscheinlich teilen auch alle japanischen<br />

patterns, as if to suggest that our tame everyday<br />

lives are accelerating beautifully out of control.<br />

Motohiko Odani, on the other hand, presents us<br />

with physicality frozen in extremely dense moments<br />

of accelerated “modification”. In his recent Berenice,<br />

2003, a two-metre white sphere-device trails masses<br />

of cables like an abandoned nuclear weapon ready<br />

to detonate, its grim, foreboding presence belying<br />

the empty “nucleus” inside – a symbol of the hollowness<br />

of contemporary Japan? Or again, in Skeleton,<br />

2003, Odani satirises the supercharged speedy<br />

sensuality of twenty-first century Japan in the form<br />

of a towering “biological clock” that sags and drips<br />

with the gravity of ageing, even as the sharpness<br />

of sculptural elements seems to stand right at the<br />

boundary of life and death steeped in memories of<br />

Japanese subculture and media.<br />

Renowned Vietnamese-born writer-filmmaker Trinh<br />

T. Minh-ha who has worked in Europe and Africa,<br />

and currently lives in the United States, finished<br />

her first digital video feature The Fourth Dimension<br />

using high-end postproduction facilities during an<br />

extended residency in Japan in 2002. In this work,<br />

Trinh probes deep into Japanese daily life from<br />

perspectives far removed from any stereotypical<br />

view of Japan, examining unconscious gestures,<br />

memory-laden practices and rituals deeply ingrained<br />

among the Japanese, so as to reveal underlying<br />

attitudes toward time and retrieve elements long<br />

overlooked in Japan’s rush toward modernisation.<br />

For perhaps more than the fast-paced modern<br />

Western society, Japan remains largely unaware<br />

of how its flirtation with even faster speeds has<br />

become a national obsession and, Trinh observes,<br />

has left indelible marks on the Japanese people<br />

themselves. In The Fourth Dimension, Trinh shows<br />

us a society pursuing digitisation, efficiency and<br />

convenience in every aspect of life, chasing after<br />

hyper-real dreams scarcely glimpsed between one<br />

technological advancement and the next, ripping<br />

apart in the physical act of trying to outstrip the very<br />

thresholds of time. These physically stressful aspects<br />

of Japanese perception today may be especially<br />

pronounced to her outside eye – though this vision

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