Katalog/Catalogue - deutsch/englisch
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zeugen, im Laufe derer er auf eine fest in der Tiefe der Inseln verwurzelte<br />
Lebensstruktur stößt. Indem er sich in Okinawa vertieft, findet<br />
er dort am Ende seiner Suche nach seinem Selbst eine gedankliche<br />
und sinnliche Kraft, die diese bestimmte, klare und reine Landschaft<br />
und die Welt ihrer Menschen formt; genau jene beispiellose Kraft<br />
ist Okamotos „vierte Dimension“, die eine ungezwungene, mächtige<br />
Energie in sich trägt.<br />
Während Okamoto mit der Spiritualität und dem Landschaftscha-<br />
rakter, die fest in das Gefüge des täglichen Lebens integriert sind, in<br />
Berührung kommt, erzählt er vom „Schwindel angesichts der Leere“,<br />
die er schließlich gefunden hat. Er schreibt: „Was mich am meisten<br />
berührt hat, sind die ‚utaki’ (heilige Orte), die eigentlich keinerlei<br />
konkrete Substanz haben. ‚Utaki’ – heilige Orte, an denen die Geister<br />
zur Erde hinabsteigen. An diesen heiligen Stätten steht kein Schrein;<br />
man wird hier weder Götterbilder noch Statuen finden: Ein unauffälliges,<br />
unbedecktes Stück Land inmitten eines Waldes. Alles, was<br />
es dort gibt, ist eine unauffällige, schlichte Steinplatte, die man leicht<br />
übersieht. Ich war zutiefst berührt von dieser herrlichen Leere.“14<br />
„Diese Leere, sie trifft mich in ihrer Feierlichkeit wie ein Schlag [...]<br />
Denn hier liegt eine stille, tiefe Freude. Diese Aufrichtigkeit, diese<br />
Reinheit! Keine Gottesbilder, keine Statuen, keinerlei ikonographisches<br />
Zierwerk. Solch eine Reinheit, die in all ihrer Stille nichts Totes in<br />
sich trägt [...] Zuerst ist es auf unverdorbene Weise schlicht: ein in<br />
würdevoller Stille versunkener Wald. Die heilige Stätte, die durch<br />
Orakelspruch bestimmt wird, ist das Zentrum des Clanlebens. An<br />
diesem geheimen Ort sammeln sich übernatürliche Energien. Für die<br />
Menschen, die mit dem Ort verbunden sind, hängt ihre Lebenskraft<br />
vom Empfang dieser Energien ab.“15<br />
Für Okamoto war dieser Moment der Offenbarung inmitten der Stille<br />
und Leere, welche die ursprünglichste Verbindung zwischen Mensch<br />
und Gott darstellt, zweifellos auch der Moment seiner Wiederentdeckung<br />
der „vierten Dimension“ Japans in Okinawa.<br />
Andererseits war es gewiss auch der Moment seiner eigenen, unwissentlichen<br />
Selbstfindung, durch die eine Erfahrung zustande kam,<br />
welche die geografische und kulturelle Substanz Japans und Okinawas<br />
überstieg. Es war sozusagen eine Art überraschendes Entdecken<br />
seines Inneren, der in seinem Geist bisher versteckten Winkel.<br />
In weiterer Folge besuchte er die Insel Kukoto; als er bei der dortigen,<br />
„guso“ genannten Stätte der Freilandbestattung, die unter den Klippen<br />
am Meeresufer liegt, herumliegende Schädel entdeckte, war er angesichts<br />
dieser Szenerie so bestürzt, dass er wie verrückt immer wieder<br />
den Auslöser seiner Kamera drückte; auch wenn er damit in der Sicht<br />
of probing self-reflection, he finds a clear and<br />
resolute power to land and its people, a creative<br />
force of thought and sensibility, of such rare<br />
and great energy as to invite “Conversation with the<br />
Fourth Dimension”.<br />
Coming into contact with the magic-laden daily life<br />
of the islands, Okamoto talks about its “dizzying<br />
emptiness”: “What moved me most, unexpectedly,<br />
was the total absence of any physical form to this<br />
utaki — or so it appeared. A hallowed spot where<br />
the gods descend, this utaki sanctuary had neither<br />
a constructed worship shrine nor divine object or<br />
idol. Just a simple clearing in the forest. And in it,<br />
only an easily overlooked small, crudely hewn<br />
square rock. I was startled by the wonderful lack<br />
of anything there.”14<br />
“This nothing there, conversely keeps striking me<br />
with its strident reality ... a quiet, broad-ranging joy.<br />
Such immaculate purity, with neither divine object<br />
nor idol, no iconography at all. A cleanliness without<br />
the least whiff of death [...] At first it seems all<br />
so pristine and simple. The beautiful forest stillness.<br />
The divinely-ordained sacred precinct as the centre<br />
of clan life. Into that secret place a supernatural<br />
energy stealthily descends. They cannot conceive<br />
of any driving force to their lives apart from that.”15<br />
Struck by the sheer quietude and emptiness of<br />
this most primitive circuit connecting the divine and<br />
human realms, Okamoto’s Okinawan epiphany can<br />
be seen as the moment he rediscovered a fourth<br />
dimension to Japan, and also at the same time<br />
a moment for rediscovering an unknown self —<br />
an experience transcending the geographic and<br />
cultural actualities of Okinawa and Japan. It was<br />
as if he found his own blood vessels plumbing<br />
unknown depths, hidden folds of his own brain<br />
within the landscape. Later, he went to Kudaka<br />
Island, where he came upon a sea cliff cave littered<br />
with skulls from traditional “guso afterlife” open-<br />
air burials, and felt compelled to photograph the<br />
startling scene, no matter how taboo from the<br />
Okinawan point of view; invasion of a hallowed<br />
sanctum or not, he found himself in touch with